Fachkräftemangel in Großbritannien Fehlende Schlachter und zu viele Schweine
In Großbritanniens Personalkrise ist kein Ende in Sicht: Neben Lkw-Fahrern fehlen auch zahlreiche Schlachter. Das führt zu Lücken in Supermarktregalen und überfüllten Bauernhöfen. Schweinezüchter warnen vor einer Tierwohlkatastrophe.
Der Fachkräftemangel in Großbritannien spitzt sich weiter zu. Wegen eines Mangels an Schlachtern ist nach Ansicht des britischen Branchenverbandes der Fleischproduzenten eine erneute spürbare Auswirkung in den Supermarktregalen insbesondere zur Weihnachtszeit zu erwarten. Es fehlten etwa 15.000 Arbeitskräfte, teilte die British Meat Processors Association (BMPA) der Zeitung "The Times" mit. Wie die britische Zeitung berichtet, erwägt die Regierung nun, bis zu 1000 vorübergehende Arbeitsvisa für ausländische Fachkräfte als Soforthilfe auszugeben.
Der Verband der Schweinezüchter warnte vor einer "akuten Tierwohlkatastrophe". Weil die Tiere nicht geschlachtet werden können, reiche der Platz auf den Bauernhöfen nicht mehr aus, sagte der Chef der National Pig Associaton, Rob Mutimer, dem Sender BBC. Es drohe eine Massenkeulung. Seine Schweine wögen normalerweise etwa 115 Kilogramm, nun hätten sie bereits 140 Kilogramm auf den Knochen, sagte Mutimer. "Die Ställe und Einrichtungen sind einfach nicht für Tiere dieser Größe ausgelegt."
Verband: Keine Entspannung in der Benzin-Krise
Auch andere Branchen sind vom Fachkräftemangel nach wie vor schwer getroffen. Vor allem fehlt es an Lastwagenfahrern. Deshalb blieben zuletzt viele Regale leer, auch Benzin wurde knapp. Die Regierung will nun unter anderem bis zu 5000 ausländische Fahrer ins Land lassen.
Der britische Tankstellen-Verband PRA machte indes deutlich, dass es noch immer keine Entspannung in der Benzin-Krise gebe. Wie die Petrol Retailers Association (PRA) mitteilte, haben 27 Prozent der Tankstellen nach wie vor keinen Kraftstoff im Angebot. Das sei die gleiche Zahl wie am Vortag, sagte Verbandsleiter Gordon Balmer. An den Tankstellen, vor allem in London und Südengland, bildeten sich weiterhin lange Schlangen.
Regierung sieht Lage unter Kontrolle
Premierminister Boris Johnson hatte zuvor hingegen von einer Entspannung der Lage gesprochen. Der Chefsekretär des Finanzministeriums, Simon Clarke, erklärte am Donnerstag gegenüber Sky News, dass "mehr Treibstoff an die Tankstellen geliefert als verkauft wird, so dass die Krise jetzt absolut wieder unter Kontrolle ist".
Verbandschef Balmer berichtete hingegen weiterhin von Engpässen: Seine Mitglieder erklärten ihm zwar, dass sie Treibstofflieferungen bekämen, diese aber aufgrund der beispiellosen Nachfrage schneller als üblich zur Neige gingen. "Es ist wichtig, daran zu erinnern, dass die Kraftstoffvorräte in den Raffinerien und Terminals normal sind, aber die Lieferungen nur wegen des Mangels an Lkw-Fahrern reduziert wurden", sagte Balmer weiter.
Militäreinsatz gegen die Krise
In den kommenden Tagen sollen Soldaten eingesetzt werden, um die Benzin-Krise zu entschärfen. Die Regierung hatte am Montagabend den Einsatz des Militärs angeordnet. Seit vergangener Woche bildeten sich vor britischen Tankstellen lange Schlangen. Grund für das Chaos sind Lieferschwierigkeiten, weil die scharfen Brexit-Einreiseregeln den Zuzug von Fachkräften hemmen. Dem Land fehlen unter anderem zehntausende Lkw-Fahrer.