Elektromobilität bei Verkehrsbetrieben E-Busse kommen langsam ins Rollen
Bis 2030 soll jeder zweite Stadtbus in Deutschland elektrisch fahren, doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zwar boomt die E-Bus-Branche, aber die Umstellung ist teuer, die Förderung vom Bund begrenzt.
"Wir befinden uns im Jahrzehnt der E-Busse", sagt Maximilian Rohs von der Beratungsfirma Pricewaterhouse Coopers (PwC). Er hat zu dem Thema eine Studie durchgeführt, den "E-Bus Radar 2022". Laut diesem rollten Ende 2021 auf Deutschlands Straßen 1269 Busse mit elektrifiziertem Antrieb. Seit der Studie seien aber mindestens 500 weitere emissionsfreie Busse hinzugekommen.
Besonders viele E-Busse gibt es in Hamburg, Berlin und Wiesbaden, dort sind jeweils mehr als 100 unterwegs. "Berücksichtigt man das Verhältnis zur Stadtgröße, sind aber Wiesbaden und Osnabrück die Batteriebus-Hauptstädte", so Rohs. Dort seien es rund 40 Batteriebusse pro 100.000 Einwohner, in Hamburg lediglich zehn.
In Osnabrück bedienen seit 2022 E-Busse sogar alle Hauptachsen in der Innenstadt. Die auffälligen Busse, vorne knallrot, hinten grün, stammen vom Hersteller VDL aus den Niederlanden. Der ist einer der fünf größten Hersteller von in Deutschland fahrenden E-Bussen.
Woher die Busse stammen
Global betrachtet ist China mit Abstand der größte Lieferant der Fahrzeuge. Dort wurden bisher mehr E-Busse gebaut als im Rest der Welt zusammengerechnet. In Deutschland spielen die Chinesen allerdings keine große Rolle.
Hierzulande sind die Marktführer VDL und Ebusco aus den Niederlanden, Solaris aus Polen und die deutschen Firmen MAN und Daimler Truck, letztere mit der Tochter Evobus. Von Evobus stammen die meisten Busse. Die Firma produziert seit 2018 den rein batterie-elektrisch angetriebenen Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro in Serie.
Alle elektrisch angetriebenen Stadtbusse werden im Daimler-Buses-Werk in Mannheim gefertigt. "Allein im vergangenen Jahr wurden in Deutschland knapp 300 neue eCitaro zugelassen. Insgesamt sind heute in deutschen Verkehrsbetrieben knapp 700 eCitaro im Einsatz", so ein Sprecher des Unternehmens. Das spiegele sich auch in der erfolgreichen Jahresbilanz von Daimler Truck wider.
Klimaschutz ist Hauptgrund für Umstieg
Begonnen hat die Transformation mit dem Thema Luftreinhaltung in den Städten. Dafür gab es Aktionsprogramme und Fördermittel, so Rohs. Nordrhein-Westfalen habe davon besonders profitiert. Im Bundesland gebe es viele große Städte, für die die Feinstaubbelastung ein großes Problem gewesen sei.
Nordrhein-Westfalen lag Ende 2021 mit rund 300 E-Bussen im bundesweiten Vergleich deutlich vorne. Das liegt auch daran, dass es das bevölkerungsreichste Bundesland ist. Für Länder mit weniger Einwohnern und langen Strecken oder vielen Steigungen waren E-Busse anfangs weniger attraktiv, weil die Reichweite der Fahrzeuge begrenzt war. Deshalb gibt es auch noch kaum elektrische Überlandbusse.
Aktuell haben die Busse etwa eine Reichweite von 250 Kilometern. Laut Rohs nimmt die Reichweite kontinuierlich zu. Er geht davon aus, dass diese Einschränkung der doch begrenzten Reichweite mittelfristig an Bedeutung verlieren wird.
Umstellung ist teuer
Laut seiner Studie boomt die E-Bus-Branche, der Bestand wächst seit 2018 exponentiell. Viele Verkehrsbetriebe wollen umstellen. Die Betriebskosten sind teilweise sogar günstiger als bei Dieselbussen, erläutert Rohs.
Doch die Umstellung sei teuer. Die Busse selbst kosteten etwa zweieinhalbmal so viel wie ein Dieselbus. Für einen reinen Batteriebus seien das rund 550.000 Euro. Außerdem müsse eine Lade-Infrastruktur aufgebaut werden, und die brauche Fläche. "Egal ob ich im Depot oder auf der Strecke auflade, ich brauche den entsprechenden Platz, und der ist knapp", sagt Rohs. Außerdem müssten die Abläufe auf dem Betriebshof geändert werden. Man müsse zum Beispiel sicherstellen, dass die geladenen Fahrzeuge zu Einsatzbeginn vorne stehen. Zudem müssten die IT-Systeme umgestellt werden.
Der Bund fördert die Umstellung auf E-Busse. Beim Verkehrsministerium wurden zuletzt 4400 Förderanträge gestellt, es gibt aber nur Mittel für 2500 Fahrzeuge. Dennoch hat der Bundestag entschieden, im Bundeshaushalt 2023 die Mittel für die alternativen Antriebe für Busse nicht zu erhöhen.
Kritik vom Branchenverband
Der Branchenverband Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV kann das nicht nachvollziehen. "Die Kaufvorhaben werden nun auf Eis gelegt, da die Kommunen diese Finanzierung nicht übernehmen könnten. Die Klimaschutzziele im Verkehrssektor können so bis 2030 nicht erreicht werden", heißt es in einem Statement.
Die Bundesregierung hatte das Ziel ausgegeben, dass bis 2030 jeder zweite Stadtbus elektrisch fahren soll. Bislang machen Hybrid- und Elektrobusse aber nur rund 2,4 Prozent der gesamten ÖPNV-Busflotte aus.
Umstieg ist Pflicht
Druck kommt auch von der Europäischen Union. Die "Clean Vehicles Directive" der EU schreibt verpflichtende Mindestquoten für die Beschaffung von sauberen beziehungsweise emissionsfreien Bussen vor. Ab 2026 müssen mindestens 32,5 Prozent der Neuanschaffungen emissionsfrei sein. Und 65 Prozent sauber, sprich mit alternativen Kraftstoffen fahren.
Längst stellen auch die Hersteller ihre Produktion um. Till Oberwörder, Chef von Daimler Buses, sagt: "Ab spätestens 2030 werden wir im Stadtbus-Segment in Europa nur noch CO2-neutrale Neufahrzeuge anbieten und nicht mehr in Euro VII investieren. Wir konzentrieren unsere Entwicklungskraft voll und ganz auf den emissionsfreien und komplett elektrisch angetriebenen eCitaro."
Die Kommunen müssten deshalb beim Umstieg finanziell unterstützt werden, findet PwC-Berater Rohs. Sonst müssten die Kommunen ihr Nahverkehrsangebot ausdünnen, um Kosten einzusparen und so die Vorgaben einzuhalten. "Das würde der Verkehrswende enorm schaden."
Rohs sieht deshalb den Bund und die Länder in der Pflicht. Dass in Zukunft vermehrt E-Busse auf Deutschlands Straßen rollen müssen, das sei sicher. PwC geht davon aus, dass Ende 2023 über 3200 Elektrobusse in Deutschland unterwegs sein werden. Denn, so Rohs: "Wir leben im Jahrzehnt der E-Busse."