Spanische Urlauber im Schwarzwald "Wir fliehen vor der Hitze"
Extreme Temperaturen, verheerende Waldbrände: Manche Schlagzeilen aus Südeuropa machen wenig Lust auf Urlaub im Süden. Das sehen auch viele Spanier so - und reisen lieber in den Schwarzwald.
"Wir fliehen vor dieser schrecklichen Hitze, die gerade in Madrid herrscht", sagt Guillermo Sarasibar auf die Frage, warum es ihn als Spanier zum Urlaub machen ausgerechnet in den Schwarzwald getrieben hat. Die Region im Südwesten Deutschlands scheint unter Spaniern längst kein Geheimtipp mehr zu sein: Einen Strandabschnitt am Titisee nennen Einheimische schon "Klein-Barcelona", überall hört man hier Spanisch statt Badisch.
Die Statistik scheint diesen Eindruck zu bestätigen: Schon von 2022 auf 2023 stieg die Zahl spanischer Übernachtungsgäste im Hochschwarzwald um mehr als 50 Prozent an. Für das laufende Jahr gibt es noch keine Zahlen, aber: "Wir gehen davon aus, dass wir einen nochmaligen Anstieg an spanischen Gästen verzeichnen können", sagt eine Sprecherin der dortigen Tourismus-GmbH gegenüber tagesschau.de. Zwar seien drei Viertel der Touristen im Hochschwarzwald nach wie vor Deutsche, gefolgt von Gästen aus der benachbarten Schweiz. Doch immer öfter kämen auch Touristen aus Spanien und anderen südeuropäischen Ländern in die Region.
Klimawandel macht sich im Tourismus bemerkbar
Der Grund dafür liegt auf der Hand - zumindest, wenn man die spanischen Touristen selbst fragt: "In Sevilla sind es 42 Grad, da kann man nicht mal raus auf die Straße", sagt Maricarmen Marcías Pérez. Ihren Kindern gefalle es hier im Schwarzwald viel besser. Das bestätigt auch Mireia Romo: Sie ist mit Mann und Kindern aus Barcelona angereist. "In Spanien hält man es kaum aus zurzeit", sagt sie: "Im Sommer reisen da viele lieber in den Norden."
Und auch viele deutsche Touristen zieht es für den Sommerurlaub nicht mehr allzu weit in den Süden. "Ich bin froh, dass wir hier auf 850 Metern Höhe sind", sagt Klaus Strümper über die Region rund um den Titisee. Er ist aus dem nordrhein-westfälischen Gladbeck hierher gereist. Grundsätzlich fliege er auch gerne in den Süden, aber nicht mehr im Sommer: "Da sind die Temperaturen mittlerweile so hoch, dass es hier viel angenehmer ist."
Wegen Inflation: Gäste sind preisbewusster
Mit seiner Frau und einem befreundeten Ehepaar hat Klaus Strümper für seinen Schwarzwald-Urlaub im Seehotel Wiesler eingecheckt: Ein Wellness-Hotel, in dem viele ältere Menschen, aber auch junge Familien Urlaub machen. Rund 100 Euro pro Person bezahlt man für das günstigste Doppelzimmer, mit Seeblick sind es mindestens 130 Euro. Wegen der Inflation musste Hotelier Klaus-Günther Wiesler die Zimmerpreise in dieser Saison erneut leicht erhöhen.
Dass Gäste deshalb auf ihren Urlaub verzichten würden, hat Wiesler nicht festgestellt: Jetzt, zur Hauptsaison, ist sein Hotel auch dieses Jahr wieder komplett ausgebucht. Trotzdem merke er: "Die Gäste sind preisbewusster."
In der Gastronomie sind die Preise gestiegen
Das zeige sich vor allem im Hotelrestaurant. Hier sind die Preiserhöhungen noch deutlicher ausgefallen: "Wir mussten um zwölf Prozent erhöhen", sagt Wiesler und macht dafür auch die Mehrwertsteuererhöhung für die Gastronomie verantwortlich: "Wir geben das nicht gerne weiter", sagt er mit Blick auf die höheren Kosten: "Aber wir sind dazu gezwungen."
In diesem Jahr hätten deshalb mehr Gäste auf die teurere Halbpension mit Abendessen verzichtet und nur Übernachtungen mit Frühstück gebucht. Und selbst diejenigen, die im Hotelrestaurant auch zu Abend essen, seien sparsamer: "Statt der Flasche Wein bestellt man dann lieber nur ein Viertele", beobachtet Wiesler.
Doch auch in anderen Ländern Europas sind die Preise gestiegen. "Es ist hier immer noch günstiger als in Frankreich", sagen Catherine und Patrice Oudot, die aus dem Nachbarland angereist sind. Sie wohnen unweit der deutsch-französischen Grenze, hatten also keine weite Anreise in den Schwarzwald - anders als die Touristen aus Spanien. Doch die sind sich sicher, dass sich die Reise gelohnt hat, nicht nur wegen der angenehmeren Temperaturen. "Wir fühlen uns hier einfach wohl", sagt Guillermo Sarasibar: "Die deutsche und die spanische Kultur, das passt gut zusammen."