Jahresbilanz des ADAC Noch nie war es an der Zapfsäule so teuer
Für das Tankjahr 2022 zieht der ADAC eine Bilanz mit sattem Negativrekord: Noch nie waren die Preise für Diesel und E10 so hoch. Und die Preissprünge am Ölmarkt riefen sogar das Bundeskartellamt auf den Plan.
Für Autofahrerinnen und Autofahrer war das Jahr 2022 vor allem eines - teuer. Noch nie musste für Sprit im Jahresdurchschnitt so viel gezahlt werden, wie eine Bilanz des ADAC aufzeigt. Einschließlich der verbleibenden Tage bis zum Jahresende wird Superbenzin der Sorte E10 im Gesamtjahr demnach durchschnittlich rund 1,86 Euro pro Liter gekostet haben. Bei Diesel sind es 1,95 Euro. Damit schlagen die Preise die bisherigen Durchschnittswerte aus dem zuvor teuersten Tankjahr 2012 deutlich - um 27 Cent bei E10 und beim Diesel sogar um 47 Cent. Vor zehn Jahren hatte E10 im Jahresdurchschnitt 1,589 Euro pro Liter gekostet, Diesel lag bei 1,478 Euro.
Ukraine-Krieg treibt Ölpreis in die Höhe
Auslöser des steilen Preisanstiegs an der Zapfsäule waren vor allem die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen des Westens gegen Russland. Auch die Bundesregierung setzte sich als Konsequenz das Ziel, unabhängig von aus Russland importierten Energieressourcen zu werden.
Bereits kurz nach Kriegsausbruch machten sich dessen Folgen auf dem Ölmarkt deutlich bemerkbar. Anfang März stieg der Ölpreis bis auf 140 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der für Europa wichtigen Nordseesorte Brent. Ein Allzeithoch wurde mit diesem Preisplus jedoch nicht erzielt.
Anders sah es bei den Spritpreisen aus: Die stiegen vor allem in den ersten Wochen nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine rasant an. Allein in den ersten zehn Tagen nach Kriegsbeginn verteuerte sich E10 um gut 38 und Diesel um gut 58 Cent. In der Spitze kletterte der Preis für Diesel im bundesweiten Tagesdurchschnitt sogar auf mehr als 2,32 Euro - und lag damit sogar über dem Höchstwert für E10 mit mehr als 2,20 Euro.
Bundeskartellamt nimmt Ölkonzerne ins Visier
Von den steigenden Preisen für Öl profitierten vor allem die Raffinerien. Sowohl der ADAC als auch das Bundeskartellamt kommen zu dem Fazit, dass sich die Renditen für Raffinerien vervielfacht hätten. In einem ersten Zwischenbericht des Kartellamtes heißt es, dass die durchschnittlichen Nettomargen im vergangenen Jahr nie über drei Cent pro Liter Benzin oder Diesel hinausgingen, teilweise sogar im negativen Bereich lagen. Im Mai 2022 lagen die Margen bei Benzin aber bereits bei gut 15 Cent, bei Diesel um die 13 Cent. Einzelne Raffinerien strichen demnach auch mehr als 25 Cent Gewinnspanne pro Liter ein.
Die Bundesbehörde hatte wegen dieser "sehr großen Gewinne" Ermittlungen aufgenommen, ob Ölkonzerne durch die Folgen des Ukraine-Krieges unrechtmäßig hohe Gewinne einfahren. Die Ermittlungen dauern nach wie vor an, doch vor rund einem Monat gaben die Wettbewerbshüter bereits bekannt, dass es keine Hinweise auf illegale Preisabsprachen zwischen den großen Mineralölkonzernen gebe.
Bei den hohen Preisanstiegen für Kraftstoff spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, Störungen in bestehenden Lieferketten etwa. Zudem wird Diesel in der Industrie zunehmend als Ersatz für Gas genutzt, welches nicht mehr aus Russland importiert wird.
Geringerer Verbrauch durch höhere Kosten
Die hohen Kosten für die Kraftstoffe spiegeln sich laut der Nachrichtenagentur dpa genau gegenteilig im Verbrauch wider. Denn der blieb demnach im Rückblick auf das gesamte Jahr deutlich unter dem Niveau vor den Ausbruch der Corona-Pandemie - obwohl seit dem Frühjahr ein Großteil der Corona-Einschränkungen weggefallen waren. Darauf deuteten die amtlichen Mineralöldaten zur Auslieferung von Kraftstoff hin. Nur in den Sommermonaten lag das Niveau annähernd auf Vor-Corona-Zeit. Der Grund waren die Steuersenkungen, welche die Bundesregierung als den sogenannten Tankrabatt beschlossen hatte.
Aus Sicht des ADAC geht die Entwicklung bei den Spritpreisen mittlerweile aber wieder "in die richtige Richtung". Der Preis für E10 liege bereits wieder "im Bereich des Normalen". Hinzu kommt ein stark gesunkener Ölpreis. Auch der Dieselpreis werde im Frühjahr eher sinken, weil dann die Nachfrage nach dem ähnlichen Heizöl sinke. Wie lange andere Sonderfaktoren wie der Bedarf der Industrie anhalten, sei dagegen nicht seriös vorherzusagen.