Identitätsdiebstahl im Internet Vorsicht beim Versenden von Ausweiskopien
In der Urlaubszeit haben es Cyberkriminelle auf Ausweise im Internet abgesehen. Dafür hacken sie meist Online-Reiseanbieter. Nutzer, die ihre Papiere unbedacht online nutzen, sind leichte Beute.
Erst vor wenigen Monaten erlebte eine deutsche Hotelkette den Super-GAU: einen Ransomware-Angriff auf ihr Computersystem. Die Täter erpressten nicht nur Lösegeld; sie stahlen auch Ausweise, die sie im Dark Net anboten.
Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Zentralstelle Cyber Crime in Bamberg beobachtet immer wieder große Hacks auf Datenbanken, bei denen sich Täter sensible Dokumente beschaffen: "Es gab in den letzten Jahren mehrere Fälle, in denen die Datenbanken zum Beispiel von großen Hotelketten oder auch von Mietwagen Unternehmen gehackt worden sind, die Täter so auch in den Besitz sensibler Kundendaten gekommen sind."
Bayerisches Landeskriminalamt schlägt Alarm
Der massenweise Missbrauch arglos über das Internet hochgeladener Ausweise macht auch dem bayerischen Landeskriminalamt Sorgen. Die Leiterin der Abteilung Cyber Crime, Evi Haberberger, beunruhigen die schier unendlichen Betrugsmöglichkeiten - von der Hotelbuchung mit gestohlener Identität bis hin zu Einkäufen oder vermeintlichen Verkäufen.
Sogar Kontoeröffnungen seien im Ausland mit einem Ausweis-Scan oder einer Kopie mitunter möglich, warnt Haberberger: "Wenn es dumm läuft, dann steht die Polizei bei Ihnen vor der Tür und sagt: Sie sind Geldwäscher. Ihr Konto in Polen wird dazu verwendet, Geld zu waschen. Und dann fällt es tatsächlich sehr schwer, für sich selber wirklich nachzuweisen, dass man das nicht ist, dass man dieses Konto nicht eröffnet hat."
Scheinangebote von Kriminellen
Cyberkriminelle locken auch mit Scheinangeboten: so geschehen bei einem Fake-Angebot für Fußball-Tickets für ein Champions League-Spiel in München 2021. Das Opfer schickte auf eine betrügerische Anzeige nicht nur Geld per Sofortüberweisung an die Täter, sondern seinen Ausweis online gleich mit dazu, samt persönlichem Foto.
Eine neue Masche, erklärt der Ermittler des Betrugsdezernats der Münchner Polizei, der diesen Fall ermittelt hat. Indem sie ein persönliches Foto vom Opfer verlangen, mit Personalausweis in der Hand, würden Kriminelle sich den Anschein von Authentizität beim nächsten Online-Betrug geben - nach dem Motto: "Schau mal, das bin ich wirklich".
Zwar ist die Digitalisierung - also das Einscannen von Vorder- und Rückseite des Personalausweises - rechtlich zulässig. Das Bundesinnenministerium warnt jedoch, dass "eine Versendung von Ausweiskopien über das offene Internet nicht zu empfehlen ist".
Traumatisierende Erfahrungen sind vermeidbar
Simone B. aus Berlin hat das erlebt. Ihr zuvor online verschickter Personalausweis wird seit zwei Jahren immer wieder missbraucht, für Fake-Einkäufe und zur Eröffnung von Bankkonten. "Mich hat es erschreckt, dass ich gar nicht wusste, wie sehr ich als Person für irgendwas belangt werden kann, wo ja eigentlich erstmal auf den ersten Blick mein Name steht", so Simone B.
Der Münchner Rechtsanwalt Marc Maisch, Spezialist für Cyber Crime, der ihren Fall betreut, rät, sofort bei der Polizei Anzeige zu erstatten. Sonst würde eine Lawine von Schwierigkeiten auf die Opfer zurollen. "Es wurden Forderungen gestellt, gegen die wir jetzt vorgehen, weil unsere Mandantin eben nichts verkauft hat im Internet. Psychologisch gesehen ist sie traumatisiert und muss sich dahingehend vielleicht beraten lassen, um das Vertrauen in Kommunikation wieder neu zu lernen."
Um Identitätsdiebstahl zu verhindern, sollte man genau prüfen: Ist es überhaupt notwendig, einen Ausweis online zu versenden? Und wenn, dann auf der Kopie genau notieren: Wozu, für wen und wann die Ablichtung angefertigt wird. Das Bundesinnenministerium weist darauf hin: "Die Ablichtung muss eindeutig und dauerhaft als Kopie erkennbar sein".