Gasflamme
Hintergrund

Sinkender Gaspreis Jetzt schon wieder den Anbieter wechseln?

Stand: 14.02.2023 08:20 Uhr

Nach erklommenen Rekordhöhen ist der Gaspreis wieder deutlich gesunken. Lohnt sich bereits jetzt wieder ein Anbieterwechsel? Fakt ist: Der Tarif-Dschungel bleibt unübersichtlich.

Der Gaspreis ist für Privatkunden innerhalb eines Jahres im Durchschnitt um 87 Prozent gestiegen. Das zeigt eine Auswertung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) für den Hessischen Rundfunk. Während die Preise in der Grundversorgung in Düsseldorf von Januar 2022 bis Januar 2023 um 26 Prozent stiegen, wurde Gas in München um 175 Prozent teurer. Der Verband analysiert Preise in den vierzehn bevölkerungsreichsten Städten Deutschlands.

Die Auswertung zeigt, dass es sich für Privatkunden lohnen kann, den Gaslieferanten zu wechseln. "In der Mehrzahl der untersuchten Städte haben die Preise in der Grundversorgung wieder deutlich über den Preisen der Sonderverträge gelegen", sagt Sabine Lund vom vzbv.

Vergleichsportale liefern nicht unbedingt billigstes Angebot

Bei Vergleichen werden die ausgewiesenen Preise von Gasversorgern betrachtet. Die staatliche Gaspreisbremse ist nicht eingerechnet. Sie kommt erst im März, wird dann aber rückwirkend ab Januar für ein Jahr den Gaspreis bei zwölf Cent pro Kilowattstunde begrenzen. Das gilt für achtzig Prozent des Jahresverbrauchs. Nur für die übrigen zwanzig Prozent werden Privatkunden mit dem vollen Preis belastet.

Wer Überblick zu Gasangeboten sucht, klickt regelmäßig in Vergleichsportale. Auch wenn die Daten dort grundsätzlich stimmen - es ist nicht ausgemacht, dass wirklich alle billigen Anbieter aufgeführt werden. Vergleichsportale im Internet funktionierten wie Makler, heißt es vom vzbv: "Sie listen manchmal nur ausgewählte Unternehmen und kassieren für jeden vermittelten Vertragsabschluss eine Provision. Die Plattformen handeln demnach nicht uneigennützig, teilweise auch nicht neutral."

Ein Blick in Auswertungen der unabhängigen und seriösen Stiftung Warentest hilft mitunter. Für knapp fünfzehn Euro kann man einen Monat lang auf alle Tests zugreifen.

Verwirrende Zusatzbedingungen bei Tarifen

Preisvergleiche zwischen verschiedenen Anbietern werden durch teilweise kaum durchschaubare Zusatzbedingungen erschwert. Anstatt klar zu sagen, was die Kilowattstunde Gas bei diesem und jenem Jahresverbrauch in einer bestimmten Stadt kostet, werden Wechselboni, Gutschriften und gestaffelte Preise angeboten - die in den ersten sechs Monaten so sind und dann wieder anders.

Gern ködern Lieferanten mit niedrigen monatlichen Abschlagszahlungen. Die hängen zwar mit dem Preis zusammen, bilden ihn aber nicht immer seriös ab. Wie sich Gaspreisbremse und verwirrende Zusatzbedingungen am Ende auf die Gesamtkosten auswirken, müssen Kunden selbst ausrechnen.

Mancher Billiganbieter stellte Lieferungen ein

In Deutschland darf niemand ohne Gas- und Stromlieferant dastehen. Das Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet den größten Anbieter am Ort, jedem ein akzeptables Angebot zu machen. Das ist die sogenannte Grundversorgung, die regelmäßig die kommunalen Stadtwerke erledigen. Kundinnen und Kunden haben auch die Möglichkeit, sich am Markt einen Versorger auszusuchen. Hier treten Stadtwerke, Vermittler und Großunternehmen in Konkurrenz.

Vergangenes Jahr ging einigen Billiganbietern die Puste aus. Sie hatten mit ihren Privatkunden Preise vereinbart, die sich angesichts drastisch steigender Einkaufskosten nicht mehr halten ließen - oder die sie nicht mehr halten wollten. Einige Anbieter von Sonderverträgen erhöhten ihre Preise, so dass sie teurer als Grundversorger wurden. Andere stellten die Lieferung kurzerhand ein. Mancher Haushalt stand plötzlich ohne Gasversorger da.

Wer reumütig zum Grundversorger zurückkehrte, musste zum Teil feststellen, dass deutlich höhere Preise verlangt wurden - auch höhere Preise, als Altkunden der Grundversorger zu zahlen hatten. Wobei es die Bundesnetzagentur den Versorgern in der Grundversorgung ab November untersagte, bei den Preisen zwischen Neu- und Bestandskunden zu unterscheiden.

Die gelegentlich bitteren Einzelfälle zeigen ein wirtschaftliches Prinzip: Wer mit einem unzuverlässigen Partner Geschäfte macht, geht ins Risiko.

Die Kalkulation der Stadtwerke

Gegenüber den Extremen des Vorjahres ist der Gaspreis mittlerweile gesunken. Der Verbrauch ist insgesamt geringer als gedacht, die Speicher gefüllt, neue Versorgungswege sind geebnet. Zwar ist das frühere niedrige Preisniveau in weite Ferne gerückt, doch können Gaslieferanten ihre Sonderverträge oft wieder billiger anbieten als Lieferanten in der Grundversorgung.

Viele Stadtwerke ruhen noch immer auf ihrem lokalen Kundenstamm, der im Großen und Ganzen wenig Interesse an Anbieterwechsel zeigt. So können Stadtwerke mit mehr als auskömmlichen Gaspreisen ihr Management und Personal hoch bezahlen. Um die hohen Energiegewinne von Stadtwerken wegzurechnen, geben Stadtverwaltungen gern teure Schwimmbäder und defizitäre Busgesellschaften in die Obhut ihrer Stadtwerke.

Wechsel von einem Anbieter der Grundversorgung zu einem anderen Lieferanten ist jederzeit problemlos möglich. Meistens erledigt der neue Lieferant die Formalitäten. Wer einen Vertrag zum Sondertarif abschließt, ist an die vereinbarte Laufzeit gebunden.

Zu überlegen ist, ob ein fester oder ein flexibler Preis gewünscht ist. Festpreis bedeutet Sicherheit für die gesamte Laufzeit des Vertrages. Bei flexiblem Preis kann von Senkungen am Gasmarkt profitiert werden. Es gibt aber natürlich auch das Risiko, dass die Einkaufspreise des Versorgers steigen und er das seine Kunden weitergibt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten WDR 5 "Profit" am 11. Februar 2023 um 18:04 Uhr und NDR Info am 14. Februar 2023 um 12:45 Uhr in den Nachrichten.