Energydrinks Süßer Kick mit Nebenwirkungen
Energydrinks versprechen die Extra-Portion Leistungsfähigkeit. Vor allem junge Leute geben sich den süßen Kick - mit viel Koffein. Gesundheitliche Probleme können die Folge sein.
Felix arbeitet seit 2014 in der Pflege. Der Job in der Nähe von Heilbronn ist hart: viele Nachtschichten, viele Überstunden. Um den Stress zu bewältigen, trinkt Felix jeden Tag Energydrinks. Schon morgens fängt er damit an. "So wie andere Leute aufstehen und Kaffee trinken, ist mein erstes Getränk ein Redbull", berichtet er. Die größte Menge, die er an einem Tag getrunken habe, seien sieben Dosen gewesen. Damit lag er deutlich über der empfohlenen Höchstmenge.
Empfehlung: Maximal 400mg Koffein pro Tag
Für gesunde Erwachsene sei der Konsum von Koffein nur bis zu höchstens 400 mg pro Tag noch unbedenklich, ermittelte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (ESFA) in einer Studie. In einer typischen 250ml-Dose eines Energydrinks stecken aber bereits etwa 80 mg Koffein.
Als mögliche Risiken eines übermäßigen Koffeinkonsums listet der Verbraucherzentrale Bunesverband auf: "Nervosität, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Bluthochdruck, Herzrasen, Wahrnehmungsstörungen, Herz-Rhythmusstörungen oder Kreislaufkollaps." Die Verbraucherzentrale fordert ein Verkaufsverbot an Minderjährige und deutlichere Kennzeichnungspflichten der Inhaltsstoffe.
Felix kennt die Risiken und hat sie auch schon gespürt. Wenn er im Bett liege, merke er dann, dass er nicht einschlafen könne. Und er spüre sein Herz: "Wie es schlägt, in der Brust, am Hals. Und man wird so ein bisschen hibbelig, nervös, man bekommt so ein bisschen Schweißausbrüche."
Dennoch kommt er von den Energydrinks nicht los. Er habe es mit grünem Tee versucht. "Aber das funktioniert einfach nicht in meinem Berufsalltag. Ich war abgeschlagen, müde. Die ersten Tage konnte ich eigentlich nicht wirklich was leisten." Körperlich und geistig sei er eingeschränkt gewesen, erzählt Felix. Ein bisschen schockierend fand er das schon.
Energydrinks sind Wachstumsmarkt
Ob man bei Energydrinks von Suchtmitteln sprechen kann, ist umstritten. Aber definitiv enthalten sie Inhaltsstoffe, die süchtig machen können: Koffein, Zucker, Taurin.
2019 wurden nach Berechnungen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke in Deutschland im Schnitt mehr als sechs Liter Energydrinks pro Kopf getrunken. 2020 sei das Segment weiter kräftig gewachsen, berichtete der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS). Klarer Marktführer in Deutschland ist demnach Red Bull mit einem Marktanteil von rund 49 Prozent.
Kardiologe: Wechselwirkungen nicht erforscht
Felix hat sich einen Termin bei dem Kardiologen Tobias Neumann in Stuttgart geben lassen, um mögliche Folgen seines hohen Energydrinks-Konsums untersuchen zu lassen. Der Arzt beobachtet beim ersten EKG Auffälligkeiten. "Der Puls ist ein bisschen beschleunigt. Der ist bei 95 gewesen. Es ist mehr als ein entspannter Puls, den man so in den sechziger Bereichen ansiedeln würde." Außerdem gebe es beim Herz-Rhythmus "Stolperer", die man genauer beobachten müsse.
Der Kardiologe steht Energydrinks kritisch gegenüber. "Da muss man sich schon Sorgen machen oder fragen: Ist das für einen so jungen Organismus gut - diese Substanzen, deren Wechselwirkungen nicht erforscht sind." Der Arzt ist für Altersbeschränkungen - ähnlich wie beim Verkauf von Alkohol und Produkten mit Nikotin. "Ab einer bestimmten Konzentration Koffein ist es ein Erwachsenen-Getränk", sagt er.
Energydrinks mit Alkohol besonders gefährlich
Besonders kritisch werde es, wenn man die Energydrinks mit Alkohol mische. "Das Koffein 'maskiert' die Wirkung des Alkohols. In Studien wurde beobachtet, dass das Gefühl der Trunkenheit deutlich verringert ist, Müdigkeit und Erschöpfung werden nicht richtig wahrgenommen. Dies führt zu einer höheren Risikobereitschaft. So verursachten Studenten in den USA, die Energydrinks gemischt mit Alkohol getrunken hatten, doppelt so häufig Autounfälle", schreibt die Bundesverbraucherzentrale.
Nach den Auffälligkeiten im EKG von Felix untersucht Neumann das Herz auch noch im Ultraschall. Der Arzt hat eine gute Nachricht. "Strukturell findet sich hier überhaupt gar keine Auffälligkeit. Es ist alles in Ordnung." Felix ist erleichtert, bekommt von dem Arzt aber noch eine Ermahnung mit auf den Weg. Sollte er die nächsten 20 Jahre so weitermachen, dann werde er bestimmt nicht als gesunder Patient in die Praxis zurückkehren. Felix verspricht dem Arzt, sich Gedanken darüber zu machen - mit klarem Kopf, ohne Energydrink.