BGH-Urteil zu Gesundheitsdaten Versicherer müssen bei Fitness-Tarifen klarer sein
Wie gesund jemand lebt, ist für Versicherungen hochinteressant. Wer solche sensiblen Daten mit Versicherungen teilt, muss über mögliche Vorteile auch transparent informiert werden, entschied heute der BGH.
Körperliche Bewegung im Alltag, gesunde Ernährung, Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen - das sind interessante Informationen für Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Denn wer einen gesunden Lebensstil hat, der wird seltener berufsunfähig und kostet die Versicherung auch weniger Geld. Deshalb belohnt etwa die Dialog Lebensversicherung Kunden mit Vergünstigungen, wenn sie sich gesundheitsbewusst verhalten und ihnen diese Informationen mitteilen.
Doch ob und wie die Versicherten genau belohnt werden oder wann sie für einen ungesunden Lebenswandel sogar draufzahlen müssen, das wurde ihnen im konkreten Fall in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen nicht mitgeteilt. Deshalb klagte der Bund der Versicherten. Dessen Vorstandssprecher Stephen Rehmke stellt klar: "Unsere Klage sollten nun dazu beitragen, dass da mehr Transparenz herrscht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher also klar verstehen können, was passiert, wenn sie Informationen zu ihrer Gesundheit dem Versicherer übermitteln."
Versicherte können leer ausgehen
Der Einwand der beklagten Versicherung dagegen war: Der Versicherte werde doch in Geschäftsberichten und Infoblättern informiert. Im Übrigen sei das alles sehr kompliziert. Deshalb sei es schlicht nicht möglich, jedes denkbare Szenario zu berücksichtigen.
Eines dieser denkbaren Szenarien ist allerdings, dass sich das gesundheitsbewusste Verhalten überhaupt nicht lohnt. Denn die Belohnung wird durch eine größere Beteiligung an Überschüssen der Versicherung verteilt. Gibt es aber überhaupt keinen Überschuss, dann spielt es auch keine Rolle, ob man sich sehr gesund oder sehr ungesund verhalten hat.
Auch das kritisiert Stephen Rehmke: "Man weiß eigentlich gar nicht genau, was passiert, übermittelt trotzdem sehr sensible Daten und strengt sich ja auch an. Man muss fit sein, man muss Ärzte besuchen, man muss sogar einen Beitrag zahlen, um an diesem Programm teilzunehmen. Aber die Erwartung kann auch nicht erfüllt werden, und man kann am Ende gar nichts bekommen."
Gericht stärkt Verbraucherrechte
Heute hat der Bundesgerichtshof den Verbraucherschützern Recht gegeben. Der Vorsitzende Richter des vierten Zivilsenats Christoph Karczewski betont, dass die wichtigsten Informationen in den Versicherungsbedingungen selbst stehen müssen. Ein bloßer Verweis auf einen Geschäftsbericht der Versicherung oder ein Infoblatt reiche jedenfalls nicht aus, so der Senat.
Versicherungen müssen künftig also für mehr Klarheit in ihren Versicherungsbedingungen sorgen. Doch ein richtiger Verkaufsschlager scheinen die sogenannten Telematiktarife ohnehin nicht zu sein: Die beklagte Versicherung hat nach eigenen Angaben weniger als 100 solche Verträge geschlossen. Verbraucher scheinen also allgemein eher skeptisch zu sein, wenn es darum geht, ihre persönlichen Lebensgewohnheiten mit Versicherungen zu teilen.
Aktenzeichen: IV ZR 437/22