Bundesgerichtshof in Karlsruhe
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BGH-Entscheidung Wann der Vermieter die Kaution einbehalten darf

Stand: 10.07.2024 19:59 Uhr

Nicht selten kommt es zu Streit, wenn der Vermieter die Kaution nach dem Auszug des Mieters einbehält. Wann ist das möglich und wieso hat der Bundesgerichtshof nun die Position der Vermieter gestärkt?

Wann darf die Kaution einbehalten werden?

Grundsätzlich dürfen Vermieter die Kaution ihrer Mieter wegen verschiedener Gründe einbehalten. Diese können beispielsweise noch offene Mietzahlungen sein oder eine ausstehende Nachzahlung von Betriebskosten.

Ebenso können Schönheitsreparaturen oder Schadensersatz wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen einen Grund für die Einbehaltung darstellen, wenn sie über eine normale Abnutzung hinausgehen und im Mietvertrag entsprechend vereinbart sind. Weitere Gründe sind Schadensersatz oder Reparaturen wegen Beschädigung der Mietsache.

Voraussetzung für das Einbehalten der Mietkaution ist grundsätzlich zudem die Zweckbindung. Das heißt, die Kaution darf nur für Ansprüche verwendet werden, die im Vertrag geregelt sind. Sanierungen für nachfolgende Mieter oder Forderungen aus vorherigen Verträgen dürfen also nicht mit der Kaution finanziert werden.

Wann verjähren Schadenersatzansprüche?

Nach Rückgabe einer Wohnung haben Vermieter nach Paragraf 548 Absatz 1 des Bürgerliches Gesetzbuches (BGB) sechs Monate Zeit, um von ihren ehemaligen Mietern Schadenersatz für eine Beschädigung einzufordern.

Das BGB sieht aber eine Ausnahme von der Verjährungsfrist vor - nämlich dann, wenn der Anspruch vor Ablauf der sechs Monate theoretisch hätte verrechnet werden können, dann ist die Abrechnung auch später noch möglich. 

Bedingung dafür ist unter anderem, dass es sich um zwei gleichartige Forderungen handelt - also bei der Barkaution "Cash gegen Cash". Vermieter können nämlich bei Beschädigungen an der Mietsache wählen, ob sie gleich einen Geldersatz fordern oder dem Mieter die Chance geben, den ursprünglichen Zustand der Wohnung selbst wiederherzustellen. 

Worum ging es in dem behandelten Fall?

In dem Fall, mit dem sich der achte Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) befasste (AZ: VIII ZR 184/23), hatte eine Mieterin ihre Wohnung in Erlangen gekündigt und am 8. November 2019 übergeben. Nachdem die Frau ausgezogen war, reklamierte der Vermieter am 26. Februar 2020 - und damit innerhalb der gesetzlichen sechsmonatigen Verjährungsfrist - Schäden in der Wohnung, deren Kosten er mit 1.175 Euro bezifferte.

Er teilte der Mieterin aber nicht mit, ob sie die Wohnung selbst wieder herrichten solle oder ob sie für den Schaden bezahlen müsse. Die Mieterin kam für den Schaden nicht auf, sodass der Vermieter die Kaution in Höhe von 785,51 Euro einbehielt. Das erfolgte jedoch erst nach Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist.

Die Frau klagte und meinte, dass der Vermieter seine Forderungen erst mit der Einbehaltung der Kaution verwirklicht habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die sechsmonatige Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen, so die Klägerin. Vom Landgericht Nürberg-Fürth bekam sie recht. Der Vermieter hätte demnach schon vor Ablauf der Frist Bescheid geben müssen, dass er das Geld einbehalten wolle, statt Reparaturen an der Wohnung einzufordern. Zur Überprüfung des Nürnberger Urteils wandte sich der Vermieter an den BGH.

Wie hat der BGH entschieden?

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass der Vermieter seine Ansprüche mit der Kaution verrechnen kann. Und zwar auch, wenn der Mieter schon länger als sechs Monate ausgezogen ist und die Ansprüche eigentlich verjährt sind. Für die Verrechnung mit der Kaution muss der Vermieter auch nicht vorher den Mieter zur Zahlung der Reparaturkosten aufgefordert haben - das hatten die Vorinstanzen noch anders entschieden. Sie sagten: ohne Aufforderung zur Zahlung während der ersten sechs Monate nach Auszug, keine Verrechnung mit der Kaution. Das BGH-Urteil bedeutet nun: Der Vermieter kann sich ganz in Ruhe um die Reparatur der Schäden kümmern, wenn er sie beweisen kann.

Sei das der Fall, könne er auch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist die eingeforderten Schadensersatzansprüche mit der Mietkaution verrechnen. Denn die Barkaution diene "gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters". Er solle sich nach dem Ende des Mietverhältnisses "auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können".

Wer im konkreten Fall noch Geld von wem bekommt, ist damit aber noch nicht entschieden. Der BGH verwies den Fall zurück an das Landgericht. Dieses soll nun herausfinden, ob die von dem Vermieter behaupteten Schadenersatzansprüche überhaupt bestehen.

Was für eine Bedeutung hat das Urteil für Vermieter?

Die Rechtsposition der Vermieter in Deutschland, die sich mit Mietern über Beschädigungen in der Wohnung streiten ist grundsätzlich mit dem Urteil gestärkt worden. Er darf demnach Schäden an der Wohnung noch für eine längere Zeit nach dem Auszug der Mieterin mit der Kaution verrechnen.

Deshalb hat der Eigentümerverband Haus und Grund die BGH-Entscheidung begrüßt. Das Gericht habe gerade privaten Vermietern damit eine praxistaugliche Flexibilität eingeräumt. Der Verband appellierte aber zugleich an die Vermieter, schon bei der Wohnungsübergabe alle sichtbaren Schäden zu dokumentieren und auf dieser Basis zügig über die Kaution abzurechnen. 

Was für eine Bedeutung hat das Urteil für Mieter?

Vom Deutschen Mieterbund kam Kritik an dem Urteil des BGH. Es sei "keine gute Entscheidung für Mieterinnen und Mieter, denn dieses Urteil verkennt ihr Interesse an schneller Rechtssicherheit über ihr Mietkautionsguthaben", erklärte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Sie könnten nicht mehr darauf vertrauen, nach mehr als einem halben Jahr nicht mehr mit Schadenersatzforderungen wegen angeblicher Beschädigungen konfrontiert zu werden.

(Quellen: dpa, epd, AFP sowie Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion)

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 10. Juli 2024 um 17:00 Uhr.