Touristen drängen sich vor der Kathedrale Sagrada Familia in Barcelona. (Archivbild)

Zu viele Urlauber in Spanien Barcelona kassiert, Mallorca demonstriert

Stand: 21.07.2024 12:05 Uhr

Spanien ächzt unter dem Ansturm der Touristen. Immer mehr Regionen ziehen deshalb die Notbremse. Barcelona will die Steuer für Kreuzfahrtpassagiere erhöhen. Und auf Mallorca wird heute wieder gegen Massentourismus demonstriert.

In Spanien sind weitere Schritte gegen die Folgen des Massentourismus geplant. So will nun unter anderem die zweitgrößte Stadt Barcelona ihre Eintrittsgebühr erhöhen. Die Touristensteuer für Kreuzfahrtpassagiere mit einem Aufenthalt von weniger als zwölf Stunden sei mit derzeit sieben Euro zu niedrig, sagte Bürgermeister Jaume Collboni der Zeitung El País.

"Wir haben vor, die Steuer für Kreuzfahrtpassagiere mit Kurzaufenthalt deutlich zu erhöhen", kündigte Collboni an. Wie hoch die Steuer künftig sein soll, sagte der Bürgermeister nicht. Das Vorhaben müsse noch mit der katalanischen Regionalregierung abgestimmt werden. Zur Begründung des Vorhabens sagte Collboni, die betreffenden Besucherinnen und Besucher nutzten den öffentlichen Raum intensiv, ohne dass die Stadt davon etwas habe. Auch ein Verbot von Wohnungsvermietungen an Touristen, etwa über Buchungsplattformen wie Airbnb, soll in Barcelona kommen.

Anfang des Monats hatten mehrere Tausend Demonstranten angesichts immer höherer Wohn- und Lebenshaltungskosten Beschränkungen für die Tourismusbranche gefordert. Gäste von Restaurants, die vor allem bei Urlaubern beliebt sind, wurden mit Wasserpistolen bespritzt. "Tourists go home. You are not welcome", stand in Barcelona auf mitgeführten Plakaten. Oder: "Reduzierung des Tourismus jetzt!".

Demonstrationen auf Mallorca

Viele Spanier klagen zunehmend über die Belastungen durch den Tourismus, der auch die Wohnungspreise in die Höhe treibe und das Leben an vielen Reisezielen für Einheimische unerschwinglich mache. Doch nicht allein die Wohnkosten, sondern auch die Umweltbelastung, Staus, allgemeine Überfüllung, Wassermangel sowie die Überlastung des Gesundheitssektors und der Abfallentsorgung durch immer mehr Besucherinnen und Besucher nervt viele Einheimische. In den vergangenen Wochen gab es deswegen landesweit Protestaktionen, etwa in Málaga, auf den Kanarischen Inseln und den Balearen.

Unter anderem auf Mallorca wollen Einheimische heute wieder gegen die Auswüchse des Massentourismus demonstrieren. Zu dem Protest in der Inselhauptstadt Palma hat die Organisation "Weniger Tourismus, mehr Leben" aufgerufen. Es ist bereits die dritte Demonstration dieser Art in diesem Jahr auf der Insel. Zuletzt waren vor acht Wochen unter dem Motto "Sagen wir Basta!" und "Mallorca steht nicht zum Verkauf!" nach Polizeiangaben rund 10.000 Menschen in Palma auf die Straße gegangen. Die Organisatoren sprachen von 25.000 Teilnehmenden. 

Die Wirtschaft profitiert

Für Mallorca ist der Tourismus aber auch überlebenswichtig, die Branche steht für 45 Prozent der Wirtschaftsleistung der Insel. Daher warnt die Tourismusbranche davor, an dem Ast zu sägen, auf dem viele sitzen. Aber die Demonstrierenden klagen, dass nur eine Minderheit profitiert, während die große Mehrheit Jobs mit niedrigen Gehältern in der Tourismusbranche bekommt. 

Bis Ende Mai wurden schon 33,2 Millionen ausländische Touristen in Spanien gezählt - weit mehr als die Hälfte aller Spanier zusammen: Das Land hat selbst knapp 48 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Schätzungen gehen davon aus, dass es bis zum Jahresende 91 Millionen Urlauberinnen und Urlauber werden könnten. Diese dürften dann geschätzt rund 125 Milliarden Euro in die spanischen Kassen spülen. Die Hochkonjunktur bei Tourismus beschert Spanien derzeit auch wesentlich bessere Wirtschaftsdaten als zum Beispiel Deutschland. 

Klagen über zu viele Kurzzeitbesucher gibt es auch in anderen Ländern. In Italien etwa gilt Venedig mit einem Eintrittsgeld für Tagesbesucher als Vorreiter. In Deutschland kassieren mehrere Inseln in Nordsee und Ostsee seit Langem eine Kurtaxe - auch von Tagesbesuchern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 21. Juli 2024 um 10:25 Uhr.