Selbstgemacht und trotzdem teuer Trend geht zum gebastelten Adventskalender
Adventskalender verkaufen sich millionenfach, mehr als 100 Millionen Euro geben die Deutschen dafür aus. Zugleich bestücken immer mehr Menschen ihre Kalender selbst. Auch das ist für Läden ein riesiges Geschäft.
Die Auswahl ist riesig: Adventskalender gibt es für jeden und in jeder Preisklasse. Es gibt den Beauty-Kalender für 119 Euro, Spielzeugkalender für 30 Euro, Gewürzkalender für 89 Euro oder Kalender fürs Haustier für 50 Euro. Nach oben sind dabei preislich keine Grenzen gesetzt. Doch trotz dieser riesigen Auswahl befüllen immer mehr Konsumentinnen die Kalender für Familie und Freunde selbst. Und das hat nicht einmal etwas mit den hohen Kosten der fertigen Kalender zu tun.
Marion Pertlwieser aus Niederdorfelden packt für ihre beiden Töchter, sechs und neun Jahre alt, und ihre beste Freundin je 24 Päckchen. Das heißt, 72 mal Schleife binden. Dabei hat sie hohe Anforderungen: "Praktisch und wertig" müssen die Geschenke sein, sagt sie. Hausschuhe, Badekugeln und Malstifte kommen in die Säckchen für die Kinder. Sekt, Weihnachtssocken und eine Handtasche kommen in den Kalender der besten Freundin. Alle drei zusammen kosten sie rund 300 Euro.
"Do it yourself" liegt im Trend
Pertlwieser würde mit fertigen Adventskalendern deutlich günstiger wegkommen, allerdings möchte sie die Inhalte selbst zusammenstellen und individuell auf die Beschenkten abstimmen. So haben "alle Beteiligten möglichst lange Freude an den kleinen Geschenken". Von den fertigen Kalendern sei sie zu oft enttäuscht worden, vor allem die Inhalte der Spielzeugkalender "stehen in keinem Verhältnis zum Preis", sagt sie.
Und nicht nur Marion Pertlwieser bastelt selbst: Im Bastelladen Kunst und Kreativ in Hanau gestaltet Inhaberin Yvonne Lülsdorf jedes Jahr viele Vorlagen für Adventskalender, von denen sich ihre Kundinnen inspirieren lassen und sie nachbasteln können. Dieses Jahr im Trend: ein Adventskranz, gebastelt aus 24 Klopapierrollen, in denen die kleinen Geschenke ihren Platz finden. Das Bastelmaterial nur dafür liege bei unter zehn Euro, so Lülsdorf. Sobald aber Stoffe und kleine Anhänger hinzukommen, werde es deutlich teurer.
Kleine Geschenke, große Kohle
Mittlerweile machen Bastelmaterial für Adventskalender und kleine Deko-Artikel für die Vorweihnachtszeit rund 20 Prozent ihres Jahresumsatzes aus. Hinzu kommen die Füllungen, die man zusätzlich kaufen muss: Eine Kundin, die rund 60 Euro für das Bastelmaterial ihrer Kalender ausgegeben hat, gibt an, für die Befüllung nochmal rund 120 Euro auszugeben.
Auf diesen Trend hat sich auch der Spielzeugladen Nowak in Rödermark bei Offenbach eingestellt. Fertige Kalender sind hier in diesem Jahr keine zu finden, dafür viele kleine Geschenkartikel wie Stifte, Radiergummis, Handwärmer, kleine Lichterketten oder Zauberlampen. Die Konsumenten können aus rund 700 Artikeln wählen. Und die machen rund 15 Prozent des Weihnachtsgeschäfts aus, so Inhaber Jürgen Nowak.
Vor zehn Jahren noch waren die fertigen Adventskalender der Verkaufsschlager in seinem Geschäft, aber die werden bei ihm nun kaum noch nachgefragt. "Die Stimmung kippt, und das Interesse an individuellen Kalenderfüllungen wächst", bestätigt auch seine Frau Bettina Nowak. Lediglich bei Adventskalenderbüchern, also Bücher mit 24 Kapiteln und Adventsgeschichten rund um die Weihnachtszeit, sei die hohe Nachfrage bislang ungebrochen.
100 Millionen Euro für Adventskalender
Obwohl immer mehr Deutsche ihre Adventskalender selbst basteln, wächst der Umsatz mit fertigen Adventskalender immer weiter - auch, weil Adventskalendern besonders im Beauty-Bereich kaum noch unter 100 Euro zu haben sind. Vor rund zehn Jahren investierten die Deutschen 72 Millionen Euro in die kleine Freude im Dezember; heute sind es mehr als 100 Millionen Euro.
Auch Marion Pertlwieser verzichtet nicht ganz auf die gekauften Kalender. Verschenkt werden die gebastelten, aber sie selbst hat sich in diesem Jahr auch einen Kalender gegönnt: einen fertig gepackten Beauty Kalender für 119 Euro. Denn ein von ihr selbst befüllter "wäre ja Unsinn und keine Überraschung".