Streit über Fake-Accounts Chaostage bei Twitter
Das Thema Twitter-Fake-Accounts schlägt immer höhere Wellen. Der Demokrat Ed Markey warnt Elon Musk und wirft ihm vor, den Kurznachrichtendienst zum "Wilden Westen der sozialen Medien" zu machen.
Das Chaos rund um die Verifizierung von Twitter-Accounts über ein blaues Verifikationshäkchen bekommt eine politische Dimension. Der neue Twitter-Besitzer und nach Bloomberg-Angaben reichste Mensch der Welt, Elon Musk, hat sich nach den heftigen Irritationen um täuschend echt aussehende Fake-Accounts eine scharfe Warnung eines einflussreichen US-Senators eingehandelt.
"Bringen Sie Ihre Unternehmen in Ordnung. Oder der Kongress wird das erledigen", schrieb der Demokrat Ed Markey am Sonntag nach einem verbalen Schlagabtausch mit Musk bei Twitter.
Keine Identitätsprüfung
Auslöser für den Streit war ein Experiment der "Washington Post", seit 2013 im Besitz des viertreichsten Menschen, Jeff Bezos. Einem Journalisten der Zeitung gelang es, mit Markeys Erlaubnis einen Fake-Account für den Senator anzulegen, der mit einem Verifikationshäkchen versehen war.
Hintergrund ist ein von Musk am vergangenen Mittwoch etabliertes neues Verfahren, bei dem die bisher an Prominente, Politiker und Unternehmen nach einer Prüfung vergebenen Verifikations-Zeichen alle Twitter-Nutzer bekommen sollen, die acht Dollar im Monat als Abogebühr bezahlen. Eine Identitätsprüfung gibt es nicht.
Das Häkchen-Symbol sieht dabei in beiden Fällen identisch aus. Nur beim Anklicken wird in einem Erklärtext angezeigt, ob der Account das Häkchen wegen seiner Bedeutung bekam oder weil der Nutzer dafür bezahlte.
Abo-Funktion vorerst ausgesetzt
Musk meinte, dass aus seiner Sicht die Authentifizierung durch Bezahldienste und App-Plattformen vor einem Missbrauch des neuen Systems schützen sollte. Das ist nicht gelungen, denn zahlreiche Nutzer hielt es nicht davon ab, acht Dollar auszugeben, um mit Verifikationshäkchen versehene und deshalb glaubwürdig wirkende Fake-Accounts von Prominenten und Unternehmen anzulegen.
Es betraf unter anderem Sport-Stars wie Basketballer LeBron James, den Pharmakonzern Eli Lilly, den Frucht-Spezialisten Chiquita, die Spielefirma Nintendo und Ex-US-Präsident Donald Trump. Am Wochenende hatte Twitter die Abo-Funktion ausgesetzt. Sie solle voraussichtlich erst Ende der Woche wieder freigeschaltet werden, twitterte Musk. Bereits auf diese Weise vergebene Häkchen werden aber weiterhin angezeigt.
"Wilder Westen der sozialen Medien"
Die "Washington Post" hatte mit einer Abo-Zahlung einen Fake-Account für Markey samt Verifikationhäkchen angelegt, während der Senator schon lange offizielle Profile bei dem Dienst hat. Schlimmer noch: Zumindest in der Smartphone-App hieß es auch beim gefälschten Account, dass er wegen seiner Bedeutung verifiziert worden sei. Damit war er nicht mehr vom echten zu unterscheiden.
Markey warf Musk daraufhin vor, dass dessen "schnelle und willkürliche" Änderungen an der Plattform Twitter zu einem "Wilden Westen der sozialen Medien" machten. "Das ist inakzeptabel", schrieb Markey und forderte von Musk Erklärungen zum Verifikationssystem. Er wünsche Antworten von Musk, dem Profit wichtiger seien als Menschen. Der Senator will ferner wissen, wie solche Vorgänge künftig verhindert werden sollen.
Zu viel Arbeit?
Musk reagierte bei Twitter trotzig: "Vielleicht ist es, weil ihr echter Account wie eine Parodie daherkommt?" Markey erinnerte ihn daraufhin daran, dass Twitter Verpflichtungen bei der mächtigen Verbraucherschutz-Aufsicht FTC habe eingehen müssen und der von Musk geführte Elektroautobauer Tesla von der Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA wegen Todesfällen untersucht werde.
Der Senat kann Unternehmenschefs zu Anhörungen vorladen. Nach der jüngsten Parlamentswahl ist bereits absehbar, dass die Demokraten die Kontrolle über die Kongresskammer behalten werden.
Auf dem G20-Gipfel in Indonesien gewährte Musk heute einen Einblick in seine aktuelle Befindlichkeit. Auf die Frage nach dem Kauf von Twitter und seiner Tätigkeit als Chef von Tesla sagte er, er arbeite so viel wie es möglich sei, von morgens bis in die Nacht, sieben Tage die Woche: "Ich habe viel zu viel Arbeit auf meinem Teller, so viel ist sicher."