Bilanzskandal Zwei frühere Steinhoff-Manager verurteilt
In dem Prozess um Bilanzmanipulationen beim Möbelkonzern Steinhoff sind zwei Ex-Manager zu Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt worden. Gegen den ehemaligen Konzernchef Jooste liegt ein Haftbefehl vor.
Im Prozess um den Bilanzskandal bei Steinhoff sind zwei ehemalige Geschäftsführer von Tochterunternehmen des international tätigen Möbelkonzerns verurteilt worden. Ein 52 Jahre alter Angeklagter erhält eine Strafe von drei Jahren und sechs Monaten für unrichtige Darstellung in Bilanzen in zwei Fällen und eine Beihilfe zu Kreditbetrug, wie der Vorsitzende Richter am Landgericht Oldenburg sagte. Ein 64-Jähriger wurde für zwei Fälle unrichtiger Darstellung mit zwei Jahren auf Bewährung bestraft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Haftbefehl gegen Ex-Chef Jooste
Hintergrund des Prozesses waren laut Anklageschrift schwer durchschaubare Scheingeschäfte sowie überhöhte Bewertungen von Anlagevermögen in einem Geflecht von Gesellschaften der Steinhoff-Holding, durch die zwischen 2010 und 2014 Verluste bei Tochterfirmen verschleiert und angebliche Gewinne für den aus Südafrika gesteuerten Gesamtkonzern ausgewiesen worden sein sollen. Die Anweisungen dazu kamen demnach aus der Unternehmenszentrale.
In einem separaten Prozess klagte die Staatsanwaltschaft Oldenburg daher auch den ehemaligen Steinhoff-Vorstandsvorsitzenden Markus Jooste an, den sie als den mutmaßlichen Haupttäter und Drahtzieher der Bilanzmanipulationen betrachtet. Der in Südafrika lebende ehemalige Konzernlenker erschien jedoch nicht zum Verhandlungsauftakt vor dem Landgericht im April.
Sein deutscher Anwalt, Bernd Groß, erklärte zu dem Zeitpunkt, eine seit 2017 geltende Vereinbarung zwischen Jooste und der südafrikanischen Justiz erlaube es nicht, dass sein Mandant das Land verlasse. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin vor dem Gericht einen Haftbefehl. "Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr", hatte Staatsanwalt Frank Lohmann erklärt. Der Prozess ist ausgesetzt.
Schwer durchschaubare Scheingeschäfte
Die nun verurteilten Geschäftsführer europäischer Tochterfirmen sollen Aufträge zur Bilanzmanipulation von Jooste erhalten und diese dann umgesetzt haben. So sahen es die Richterinnen und Richter laut Urteil unter anderem als erwiesen an, dass die Anteile einer wirtschaftlich gar nicht aktiven Gesellschaft zwischen Tochterfirmen zu völlig überhöhten Preisen gehandelt wurden.
Am Ende einer komplizierten Kette von Scheingeschäften und nachträglichen Kaufpreiserhöhungen wurden die fraglichen Firmenanteile mit einem Nennwert von 100 Euro zu einem rein fiktiven Stückpreis von 675.000 Euro veranschlagt. Statt eines Jahresfehlbetrags wies eine der Tochterfirmen im Ergebnis für 2013 einen Überschuss von mehr als einer Milliarde Euro aus, was sich entsprechend auf die Bilanz des Steinhoff-Gesamtkonzerns auswirkte.
In einem anderen Fall wurde dem Urteil zufolge beim Kauf eines österreichischen Möbelkonzerns im Rahmen weiterer komplexer Abtretungsgeschäfte zwischen Tochtergesellschaften der Wert ebenfalls künstlich erhöht. Daher wies die erwerbende Steinhoff-Tochter 2014 rund 820 Millionen Euro zu viel für diese Beteiligungen aus, was sich erneut in der Bilanz von Steinhoff niederschlug. Andere Teile der Anklage waren laut Gericht bereits verjährt.
Börsenwert nahe null
Im Jahr 2017 hatten Unregelmäßigkeiten in der Bilanz die Steinhoff International Holding in eine tiefe Krise gestürzt und fast den gesamten Börsenwert des Unternehmens vernichtet. Er war um 98 Prozent eingebrochen; zehntausende Aktionäre und Geschäftspartner forderten mehr als acht Milliarden Dollar Entschädigung. Die Aktie des Konzerns, die 2017 noch bei fünf Euro notiert hatte, wird im Frankfurter Handel mittlerweile zu rund einem Cent gehandelt.
Vorstandschef Jooste war damals zurückgetreten und hatte erklärt, von einem Bilanzbetrug nichts gewusst zu haben. Im Januar 2022 ging die südafrikanische Justiz auf einen Vorschlag der Steinhoff-Holding ein, 1,4 Milliarden Euro zu zahlen, um die zahlreichen Streitfälle beizulegen.
Steinhoff hat seine Wurzeln in Westerstede in Niedersachsen. Die weltweit agierende Steinhoff International Holdings hat heute aber ihren Hauptsitz in Amsterdam und wird von Südafrika aus gesteuert. Die von Firmengründer und Namensgeber Bruno Steinhoff aus Westerstede aufgebaute Gruppe galt lange als Europas zweitgrößter Möbelkonzern. In Deutschland war Steinhoff für die Möbelkette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist.