Konzern Rheinmetall Wie der Krieg die Rüstungsfirmen verändert
Vom Krieg in der Ukraine profitieren deutsche Rüstungskonzerne wie Rheinmetall nicht nur finanziell. Sie forcieren einen Imagewandel hin zu "Krisenhelfern". Doch die Politik der Bundesregierung führt auch zu Problemen.
Als "Kriegsgewinnler" will Rheinmetall sich nicht sehen. Vielmehr sei man "Krisenhelfer", betont Vorstandschef Armin Papperger gerne in Interviews. Ein Blick auf den Aktienkurs des Düsseldorfer Rüstungsunternehmens legt allerdings nahe, dass Rheinmetall erheblich vom Ukraine-Krieg profitiert hat.
Auftrieb an der Börse, Hunderte neue Jobs
Mit Kriegsbeginn im vergangenen Februar machte der Kurs einen Sprung nach oben. Inzwischen ist der Börsenwert mehr als doppelt so hoch wie noch vor einem Jahr. Rheinmetall könnte damit bald sogar in den DAX aufsteigen, in die Gruppe der 40 größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands. Möglich wird das, weil der Industriegase-Konzern Linde die Frankfurter Börse verlässt und sich künftig nur noch in den USA listen lässt.
Rheinmetall hat seit Kriegsbeginn nach eigenen Angaben 1200 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Insgesamt hat das Unternehmen weltweit rund 30.000 Beschäftigte, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Auch an anderen Stellen wächst der Rüstungskonzern, der unter anderem Militärfahrzeuge, Munition und Flugabwehrsysteme herstellt. In Ungarn wird eine neue Munitionsfabrik gebaut, in Spanien übernimmt das Unternehmen einen Munitionshersteller. Für die kommenden Jahre rechnet Rheinmetall im militärischen Geschäft mit 15 bis 20 Prozent Umsatzwachstum pro Jahr.
"Man braucht eigene Rüstungsindustrie"
Für die deutsche Bundesregierung ist Rheinmetall in der Tat eine Art Krisenhelfer: Eine Dimension der Krise ist der schlechte Zustand der Bundeswehr, den die Regierung mit einem 100-Milliarden-Euro-Programm verbessern will. Der Einkauf von Rüstungsgütern läuft allerdings schleppend. Im ersten Quartal des Jahres wolle man immerhin die Verhandlungen über Landfahrzeuge für die Bundeswehr abschließen, sagte Rheinmetall-Chef Papperger vergangene Woche der "Bild am Sonntag".
Die Krisenzeiten gehen auch mit einer erhöhten Wertschätzung für die Branche einher. Das Verhältnis zur heimischen Rüstungsindustrie sei in Deutschland lange Zeit mit einem "schlechten Gewissen" verbunden gewesen, sagt Christian Mölling, Rüstungsexperte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Dabei ist aus seiner Sicht klar: "Man braucht eigene Rüstungsindustrie, sonst ist man von anderen Nationen abhängig."
Polen bestellt lieber in Südkorea
Bei Rheinmetall spielt aber auch das Auslandsgeschäft traditionell eine große Rolle, es macht zwei Drittel des Umsatzes aus. Doch auch hier ist das Unternehmen auf Unterstützung durch die Bundesregierung angewiesen - zum einen, weil es für den Export von Rüstungsgütern Genehmigungen braucht; zum anderen, weil der Ruf der deutschen Rüstungsbranche nicht von der Wahrnehmung Deutschlands in der Geopolitik zu trennen ist.
Derzeit aber wird die Bundesrepublik von vielen Verbündeten als wenig verlässlicher Partner wahrgenommen - wegen seiner zurückhaltenden Haltung bei der Frage von Waffenlieferungen an die Ukraine. Wie sehr das Image der deutschen Rüstungsindustrie dadurch leidet, zeigt das Beispiel Polen. Statt beim Nachbarn deckt sich Polen lieber in Südkorea ein. Dort hat die polnische Regierung rund eintausend Kampfpanzer bestellt, außerdem noch Haubitzen und Kampfflugzeuge.
"Die Polen haben gemerkt, dass mit den Deutschen einfach kein Staat zu machen ist", sagt Rüstungsexperte Mölling. Die Schuld dafür sieht er nicht bei Herstellern wie Rheinmetall, sondern bei der Bundesregierung. Beim Rüstungsgeschäft müssten Staat und Industrie Hand in Hand gehen, so Mölling: "Es macht die Geschäfte für Rheinmetall nicht einfacher, wenn aus der Politik wenig Unterstützung kommt."
Sorgenkind "Puma"
Einen Imageschaden für das Düsseldorfer Unternehmen haben die Pannen beim Schützenpanzer "Puma" verursacht, den Rheinmetall zusammen mit dem Konkurrenten und Kooperationspartner Krauss-Maffei Wegmann (KMW) gebaut hat. Mitte Dezember wurde bekannt, dass bei einer Schießübung der Bundeswehr alle 18 beteiligten "Puma"-Panzer ausgefallen sind.
Den größten Teil der Schäden bezeichnete Rheinmetall später als "Bagatellen". Bereits rund zwei Wochen nach dem Vorfall meldete das Unternehmen, dass 17 der 18 Panzer wieder fahrtüchtig gemacht worden seien.
Im Rheinmetall-Werk Unterlüß (Niedersachsen) montiert ein Mitarbeiter Teile des Schützenpanzers "Puma".
Neues Geschäft mit "Leopard"-Panzern?
In Sachen Instandsetzung könnte das Unternehmen schon bald wieder gebraucht werden - dann nämlich, wenn die Bundesregierung tatsächlich "Leopard"-Kampfpanzer an die Ukraine liefern sollte. Zwar wird der "Leopard" nicht von Rheinmetall hergestellt, das Unternehmen hat aber vor Jahren schon Panzer des Typs "Leopard 1" und 2 aufgekauft. Die könnte es bei Bedarf für den Einsatz in der Ukraine fit machen.