EU-Einigung Qualitätssiegel für regionale Handwerksprodukte
Die EU-Staaten haben sich auf ein Gütesiegel für regionale Handwerksprodukte geeinigt. Dieses soll die Echtheit und Qualität garantieren und vor Fälschungen schützen. Rund 300 Produkte könnten profitieren.
Besondere regionale Handwerksprodukte wie "Solinger Messer" bekommen künftig ein EU-Qualitätssiegel. Das teilten die EU-Staaten nach einer Einigung von Unterhändlern des Europaparlaments und der EU-Länder in der Nacht zum Mittwoch mit. Damit sollen traditionelle handwerkliche und industrielle Produkte wie Schmuck, Textilien, Glas oder Porzellan den geschützten geografischen Angaben für Lebensmittel gleichgestellt werden. Parlament und EU-Staaten müssen der Einigung noch formell zustimmen.
Schutz vor Fälschungen und Nachahmungen
"Kunden, die etwa Solinger Schneidwaren oder Meissner Porzellan kaufen, haben dann die Gewissheit, dass die erworbenen Produkte keine Fälschung oder Nachahmung sind", erklärte die Verhandlungsführerin des Europaparlaments, Marion Walsmann (CDU).
Derzeit seien in Deutschland nur Solinger Schneidwaren und Glashütte Uhren durch nationale Regelungen geschützt. Doch es gebe noch viele weitere regionale Produkte in Deutschland, die europaweit schützenswert seien, so Walsmann. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 300 handwerkliche und industrielle Erzeugnisse von dem Schutz profitieren.
Bislang gibt es Herkunftslabel nur für regionale Spezialitäten wie Parmesan, Champagner, Hessischen Apfelwein, Schwarzwälder Schinken oder Spreewälder Gurken. Mit dem neuen Schutzsystem soll das traditionelle europäische Handwerk gefördert und Regionen gestärkt werden. Außerdem wolle man Verbrauchern und Produzenten mehr Rechtssicherheit geben. Untersuchungen belegen, dass jeder fünfte Hersteller in der EU wegen in Drittländern hergestellten und als authentisch verkauften Waren einen Umsatzverlust zwischen fünf und 30 Prozent erleidet.
Sorge um alte Markenrechte
In Solingen, einem der bekanntesten Produktionsorte für Messer in Deutschland, betrachtet man die geplante EU-Regelung jedoch mit Sorge. Andreas Leweringhaus von der Bergischen Industrie- und Handelskammer sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bezeichnung Solingen sei für Schneidwaren dank der "Solingenverordnung" schon seit vielen Jahrzehnten gesetzlich geschützt. Der Schutz gelte dank der Unionsmarkenverordnung auch international und funktioniere gut.
Die neue EU-Regelung könne die Situation für die Solinger Schneidwarenhersteller eher schwieriger machen, befürchtet Leweringhaus. So könnten die aktuellen Regelungen, wonach Schneidwaren nur dann die Herkunftsbezeichnung Solingen tragen dürfen, wenn sie in allen wesentlichen Herstellungsschritten dort produziert wurden, aufgeweicht werden. Der IHK-Vertreter plädierte deshalb an die EU, alten Markenrechten bei der Neuregelung Bestandsschutz zu geben.
Die Einigung geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Diese erhofft sich von dem Vorhaben, dass mehr Touristen in die Produktionsorte kommen, Arbeitsplätze geschaffen werden und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Regionen gesteigert wird. Noch vor dem Sommer wird das EU-Parlament final über die die Verordnung abstimmen, was aber als Formsache gilt.