75 Jahre Porsche Vom Konstruktionsbüro zum Sportwagen-Giganten
1948 entwickelte Ferry Porsche den ersten Porsche-Sportwagen. Seitdem ist die Marke im Motorsport und Luxussegment nicht mehr wegzudenken. Nun muss das Unternehmen die Wende zur Elektromobilität meistern.
Michael Brauns "Goldstück" braucht einen Moment, dann blubbert der 75 PS starke Motor los und weißer Rauch entweicht zwei kleinen Rohren am Heck des Wagens. Im Leerlauf gibt der ehemalige Besitzer einer Sanitärfirma etwas Gas und drückt dann den zierlichen Gangwahlhebel nach vorne. Der Wagen rollt durch Stuttgart-Zuffenhausen am Porsche-Sitz vorbei.
Am Ortsausgang gibt Braun Gas und ist kaum noch zu verstehen. "Das ist Leidenschaft. Das ist der Fahrspaß an Porsche. Der Motor ist das, was wir gerne hören beim Fahren", schwärmt er und strahlt. Ein Radio gibt es in seinem "Goldstück", das eigentlich dunkelgrün ist, daher nicht.
Anfänge in Österreich, Durchbruch in Stuttgart
Bis 1966 baute Porsche insgesamt 77.766 Fahrzeuge mit dem Zahlenkürzel 356, die ersten 52 noch im österreichischen Gmünd. "Ferry Porsche suchte nach einem leichten, effizienten Fahrzeug, das die Energie bestmöglich umwandelt in Fahrdynamik", erzählt der Leiter des Porsche Museums in Stuttgart, Achim Stejskal. Im Museum laufen die letzten Arbeiten vor Beginn der Sonderausstellung zum 75-jährigen Jubiläum.
"Und das war der 356, ein 585 Kilogramm schweres Leichtbaufahrzeug aus Aluminium mit einem modifizierten Käfer-Motor, den es damals schon gab mit 35 PS." Der erste Prototyp wurde am 8. Juni 1948 zugelassen - die Geburtsstunde von Porsche Sportwagen. Bald darauf erblickt auch der erste Porsche 911 das Licht der Welt. Kein Modell steht so sehr für Porsche, wie der 911.
Bis 1966 baute Porsche insgesamt 77.766 Fahrzeuge mit dem Zahlenkürzel 356. Der erste Prototyp wurde am 8. Juni 1948 zugelassen.
Der 911er als Symbol der ganzen Marke
Neue technische Entwicklungen, die zuvor im Motorsport getestet wurden, hielten Einzug. "Das Fahrzeug fuhr schneller, es fuhr eleganter. Es hatte mehr Platz, mehr Pferdestärken", sagt Museumsleiter Stejskal. "Das Fahrzeug konnte man, so hat es Ferry Porsche einmal sehr eindrucksvoll gesagt, in der afrikanischen Wüste fahren, aber eben auch auf den Straßen von New York."
Der 911 stehe symbolisch für all das, was Porsche ausmache, so Stejskal: "Kraft, Dynamik, aber auch Design und Sportlichkeit gepaart mit Alltagstauglichkeit." Der Porsche 911 ist längst zum Symbol des Stuttgarter Autobauers geworden. Und so verwundert es auch nicht, dass Porsche für seinen Börsengang im vergangenen Jahr das Kürzel "P911" ausgewählt hat. Es ist eine Zahlenkombination, die international funktioniert.
Wertvoller als Konzernmutter Volkswagen
"Porsche verfolgt eine wertorientierte Unternehmensstrategie", sagt Helena Wisbert von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Braunschweig. "Sie produzieren also immer ein Fahrzeug weniger, als es der Markt gerne wünscht. Das funktioniert im Luxus- und Sportwagensegment sehr gut", erläutert die Professorin für Automobilwirtschaft.
Seit dem Börsengang im vergangenen September haben sich die Porsche Wertpapiere um mehr als 40 Prozent im Wert gesteigert. Das Unternehmen ist auf dem Papier inzwischen wertvoller als der Autoriese Volkswagen.
Mit Blick auf das Verbrenner-Aus im Jahr 2035 in der EU sieht Wisbert aber noch einiges zu tun: "Porsche steht jetzt sehr gut da, aber das ist eben noch diese alte klassische Verbrennerwelt. Und in Zukunft hat Porsche eben diese große Transformation in Richtung Elektromobilität noch vor sich."
80 Prozent E-Fahrzeuge bis 2030
Aktuell bieten die Stuttgarter nur einen vollelektrischen Porsche an, den Porsche Taycan. In der sportlichsten Variante fährt der Sportwagen mit umgerechnet 761 PS. Je nach Modell sollen die Kunden mit einer Batterieladung bis zu 500 Kilometer weit kommen. Im Realbetrieb werden es wohl deutlich weniger sein. Porsche habe noch einen weiten Weg vor sich, ist sich Automobilexpertin Wisbert sicher, denn: "Der Taycan als vollelektrisches Auto macht jetzt gerade elf Prozent des Absatzes von Porsche aus."
Bis 2030 wollen die Stuttgarter aber 80 Prozent der Neuwagen mit Elektroantrieb ausliefern. Oldtimer-Fan Michael Braun in Stuttgart findet diesen Schritt richtig: "Die Elektrotechnik wird die Zukunft sein. Die Elektrotechnik bringt so viel Leistung. Da brauchen sie keinen Verbrennermotor mehr." Ihm selbst, gibt er zu, würde aber wohl bei der lautlosen Fortbewegung etwas fehlen. Das Blubbern seines historischen Porsche 356 4-Zylinders ist eben etwas ganz Besonderes.