Geld und neue Technologie Wie Corona die Pharmabranche verändert
Durch satte Gewinne aus Corona-Impfstoffen und -Präparaten können einige Konzerne nun viel in die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien investieren. Wie hat die Pandemie die Pharmabranche verändert?
Es sind Milliardensummen, die die Pharmabranche in den vergangenen Monaten verdient hat. Das verrät der Blick in die Quartalsberichte: Der Corona-Impfstoffhersteller BioNTech verdiente im ersten Quartal 3,7 Milliarden Euro, genauso viel wie Konkurrent Moderna aus den USA. Die Pandemie sorgte für satte Gewinne. Doch an der Börse sei es ruhig geworden um Covid-19, sagt Thomas Schießle, Pharma-Experte von Equi. "Wir können in Zukunft davon ausgehen, dass diese Erkrankung beherrschbar ist. Nicht nur auf der Schiene Impfen, sondern auch auf der Schiene Therapie und in diese Richtung entwickelt sich auch der Markt", sagt er.
Auch deshalb sind Papiere von BioNTech & Co. für Anleger unattraktiver geworden. Seit Anfang des Jahres haben Kurse oft zweistellig verloren. Trotzdem sind die Entwickler von Impfstoffen ein wichtiger und vielversprechender Wachstumsmotor der Pharma-Branche.
Forschung mit mRNA-Technologie
Bei BioNTech etwa erhofft man sich durch die mRNA-Technologie auch Erfolge bei anderen Krankheiten. Geforscht wird zum Beispiel gegen Krebs, auch Impfstoff gegen Tuberkulose und Gürtelrose sind in der Entwicklung. Das kostet viel Geld. Die großen Pharmakonzerne wiederum investieren auch kräftig.
In der Branche seien besonders Firmenübernahmen oder Fusionen ein Mittel zum Zweck, erklärt Uwe Treckmann, Analyst bei der Commerzbank. Pharmariesen wie Pfizer "kaufen dann möglichst Biotech-Unternehmen auf, die in Bereichen forschen oder auch schon Medikamente am Markt haben, die das Geschäft, was man schon hat, zielführend ergänzen." Im ersten Halbjahr war die Zahl der Übernahmen und Fusionen in der Branche überschaubar, was insbesondere am Ukraine-Krieg und der hohen Unsicherheit an den Finanzmärkten lag. Doch Gerüchte und Spekulationen bestärken einige Experten, dass es im Laufe des Jahres eine Übernahmewelle geben könnte.
Tiefgreifender Strukturwandel
Zu beobachten ist auch, dass sich Branchenriesen von Altprodukten trennen. Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer etwa hat angekündigt, sich von seinem Testosteron-Geschäft zu trennen. Längst hat ein tiefgreifender Strukturwandel begonnen. Viele Konzerne krempeln ihr Geschäft um, verkaufen Randbereiche, passen ihre Strategie an.
Große Beachtung findet aktuell eine Diskussion in den USA. Es geht um Medikamentenpreise. Seit Jahren verdient die Pharmabranche in den Vereinigten Staaten besonders gut wegen überdurchschnittlich hoher Gewinn-Margen. In der Politik wächst dagegen der Widerstand. Präsident Joe Biden möchte die Preise senken, damit für die Menschen Medikamente wieder erschwinglicher werden.
Das geschehe zum Ärger der Pharmabranche, erklärt Treckmann. "Die Gefahr wächst, dass man eben nicht immer künftig noch die Preise erzielen kann, die man derzeit erzielt, und nicht diese Wachstumsraten aufweisen kann", sagt er. Dadurch fielen dann künftige Gewinne nicht mehr so hoch aus. Eine Gefahr, die auch an der Börse nicht gerade für Freudensprünge sorgt.