Sponsoren mit Sorgen Toyota stoppt Olympia-Werbung
Kurz vor Beginn der Olympischen Spiele sagt Groß-Sponsor Toyota seine geplanten Werbespots und die Teilnahme an der Eröffnungsfeier ab. Mit seinen Sorgen vor Imageschäden ist der Autoriese nicht allein.
Japans Top-Sponsor der Olympischen Spiele Toyota schränkt vier Tage vor Beginn sein öffentliches Engagement für das Turnier ein. Vorbereitete Werbespots mit Bezug zu den Spielen werde man nicht ausstrahlen lassen, teilte der Konzern am Montag örtlichen Medien mit. Außerdem würden Toyota-Chef Akio Toyoda und andere Vertreter nicht an der Eröffnungszeremonie am 23. Juli teilnehmen. Bei diesen Spielen werde vieles auf Unverständnis stoßen, hieß es zur Begründung.
Dass einer der wichtigsten Sponsoren auf Distanz geht, ist eine bittere Nachricht für die Organisatoren. Toyota ist eines von rund 60 japanischen Unternehmen, die für die Spiele eine gigantische Rekordsumme von zusammen mehr als drei Milliarden Dollar für die Sponsorenrechte gezahlt hatten. Dafür können sie mit dem Namen "Tokyo 2020" werben. Auch andere Großkonzerne wie Coca-Cola, Alibaba, Visa oder Samsung sind offizielle Partner.
Olympia vor dem Fernseher
Die Corona-Krise und eine Reihe von Pannen und Skandalen im Vorfeld der Spiele haben das größte Sportereignis der Welt überschattet. So stehen die Spiele, die mit mehr als 80.000 Athleten und Begleitern die größte globale Veranstaltung seit Beginn der Pandemie darstellen, international und national in der Kritik. Es wird befürchtet, dass sie die Infektionslage verschärfen.
Ursprünglich sollte Olympia die krisengeplagte Wirtschaft Japans ankurbeln. 40 Millionen Touristen aus aller Welt waren erwartet worden. Das sollte neben zusätzlichen Einnahmen für die Tourismusbranche auch das Prestige des Landes steigern. Vor allem Sportartikelhersteller versprachen sich ein großes Umsatzplus. Doch daraus wird nichts: Die Spiele werden nahezu komplett ohne Zuschauer stattfinden.
Mehr als zwei Drittel glaubt nicht an Corona-sichere Spiele
Schon im März hatte Japans Regierung Publikum aus dem Ausland verboten. Auch das Vorhaben, zumindest bis zu 10.000 einheimische Fans in die Sportstätten zu lassen, kassierten die Organisatoren im Juli wegen steigender Infektionszahlen ein. Seit der vergangenen Woche herrscht offiziell wieder ein Corona-Notstand in Tokio. In drei Nachbarpräfekturen sind Zuschauer ebenfalls ausgeschlossen. Positive Corona-Fälle in Hotels und jüngst im Olympischen Dorf lassen die Vorfreude weiter verfliegen.
Eine deutliche Mehrheit der japanischen Bürger spricht sich daher immer wieder dagegen aus, dass das Großereignis überhaupt in Tokio stattfindet. Einer aktuellen Umfrage zufolge glaubt mehr als zwei Drittel nicht an Corona-sichere Spiele. 68 Prozent der Befragten äußerten Zweifel an der Fähigkeit der Olympia-Organisatoren, Ausbrüche verhindern zu können, berichtet die Zeitung "Asahi".
Selbst "Asahi", die zweitgrößte Zeitung des Landes und offizieller Olympia-Partner, forderte zuletzt die Absage. Der Chef des japanischen E-Commerce-Konzerns und Amazon-Rivalen Rakuten, Hiroshi Mikitani, nannte die geplante Abhaltung der Spiele in diesem Jahr gar "Selbstmordauftrag" und warnte vor gravierenden Folgen.
Toyota-Chef Toyoda (l.) IOC-Präsident Bach bei der Unterzeichnung des Sponsoring-Vertrags im März 2015.
Furcht vor Imageschäden
Die Unzufriedenheit scheint stetig zu wachsen, 10.000 freiwillige japanische Helfer haben ihre Teilnahme bereits zurückgezogen. Trotz der Rekordsumme an Sponsorengeldern ist daher auf den Straßen Tokios Medienberichten zufolge von Spektakel kaum etwas zu spüren. Aus Frustration über die ständige Verlängerung des Corona-Notstands und das monatelange Zögern der Organisatoren, eine Entscheidung zur wichtigen Zuschauerfrage zu fällen, hielten sich auch die Sponsoren mit Werbung bislang zurück.
Dazu kommt die Angst vor missgelaunter Kundschaft. Ein Vertreter eines Reiseunternehmens habe berichtet, die Firma sei in die Kritik geraten, weil sie Olympia-Reisen angeboten habe, schreibt die "Japan Times". Laut der Zeitung haben mehrere Unternehmen in den vergangenen Wochen ihre Olympia-Aktivitäten gestrichen oder reduziert sowie Veranstaltungen ausfallen lassen. In einer Reuters-Umfrage waren 37 Prozent der teilnehmenden Firmen für eine Absage der Spiele, 32 Prozent für eine Verschiebung.
Ganz von Bord gehen die Großsponsoren abgesehen von Toyota dennoch nicht. Auch öffentliche Aussagen sind nicht zu hören. Die Konzerne würden auf gute Beziehungen zur japanischen Regierung setzen, um "Großaufträge zu erhalten und bei Regulierungen mitzubestimmen", sagte Koichi Nakano, Politikprofessor an der Sophia Universität in Tokio, gegenüber dem Deutschlandfunk. Viele seien überhaupt Sponsoren geworden, um sich beliebt zu machen.
Airbnb plant Zoom-Treffen mit Athleten
Denn ungeachtet aller widrigen Umstände gelten die Olympischen Spiele weiter als Zuschauermagnet. Dafür zahlen die Unternehmen viel Geld. Allein das Recht, mit dem offiziellen Logo werben zu dürfen, kostete sie angeblich jeweils bis zu 100 Millionen Dollar.
"Sponsor eines Sportereignisses zu sein, maximiert die Zahl der Augen, die dein Unternehmenslogo sehen", erklärte Michael Naraine, Professor für Betriebswirtschaft an der kanadischen Brock University und Experte für Sportfinanzen, kürzlich der "Frankfurter Rundschau". Das Interesse sei trotz allem riesig und ein Ausstieg bedeute rechtliche Probleme. Zudem wurden viele Marketing-Kampagnen bereits gezahlt.
Airbnb plant etwa digitale Events. Über die Website können Fans kostenpflichtige Zoom-Sitzungen buchen, in denen sie mit Athleten und ehemaligen Sportlern live in Kontakt kommen können - darunter mit den Basketball-Ikonen Scottie Pippen und Larry Bird.
Teure Übertragungsrechte
Mehr als 90 Prozent der Einnahmen bezieht das Olympische Komitee (IOC) von Sponsoren wie Panasonic oder Intel sowie dem Verkauf der Fernsehrechte. Allein NBC zahlt für die Übertragung in den USA rund eine Milliarde Euro. Der US-Fernsehsender rechnet damit, dass dank der Werbebuchungen die umstrittenen Spiele die profitabelsten werden könnten.
Discovery, Betreiber des Sportsenders Eurosport, legt für die Rechte in Europa mehr als 400 Millionen Euro auf den Tisch. Das größte Sportfest der Welt wird also vor allem ein Fernseh-Event. Ob auch die Sponsoren letztlich davon profitieren, wenn sie ihre Namen für ein inzwischen stark umstrittenes Event hergeben, bleibt zumindest fraglich.