DDR-Produkt im Supermarkt Gehört NVA-Suppe auf den Teller?
Ostalgie oder Verharmlosung von DDR-Unrecht? An einer Konserve erhitzen sich die Gemüter. Supermarkt-Riese Rewe bietet in ostdeutschen Filialen "NVA-Feldsuppe" an - und bringt eine Stiftung gegen sich auf.
In Kelles-Online Shop ist die Konserve schon nicht mehr lieferbar. Dabei hatte die kleine Familienfirma aus der Nähe von Stendal die Idee dazu. Auf der Homepage von "Kelles Suppen-Manufaktur" heißt es: "Ostdeutsche Männer (und Frauen) löffeln begeistert einen Suppen-Schlager, der an alte Armee-Zeiten erinnert. Die 'NVA-Feldsuppe' erobert gerade die Mägen zurück." Die Suppe aus gelben Erbsen, Schweinebauch, Gemüse und Bockwurst scheint so beliebt zu sein, dass es nach Angaben der Suppen-Manufaktur-Chefin schon Lieferprobleme gibt. "Die Nachfrage ist riesig", heißt es auf der Homepage. Das hat auch der zweitgrößte Lebensmitteleinzelhändler, Rewe, erkannt und die Ostalgie-Suppe in sein Sortiment aufgenommen.
DDR-Staatswappen auf Konservendosen?
Von wegen Ostalgie, schimpft die Bundesstiftung Aufarbeitung und sieht darin eine Verharmlosung des DDR-Unrechts. Konservendosen mit DDR-Staatswappen gehörten danach nicht in ein Supermarktregal. Stiftungsdirektorin Anna Kaminsky kritisiert, das DDR-Staatswappen aus Hammer und Zirkel, umgeben von einem Ährenkranz, sei das Symbol der SED-Diktatur, die unter anderem am 13. August 1961 die NVA zur Absicherung des Mauerbaus eingesetzt habe. Es müsse zum erinnerungskulturellen Konsens des vereinten Deutschlands gehören, das DDR-Unrecht nicht zu verharmlosen und der Opfer des SED-Regimes würdevoll zu gedenken.
Der Rewe-Konzern wies die Kritik zurück. Auf den Produkt-Etiketten seien keine verbotenen Kennzeichen zu sehen, erklärte ein Sprecher der Rewe Markt GmbH auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd. Auch gegenüber der Stiftung habe sich die Rewe-Konzernleitung für nicht zuständig erklärt, sagte Kaminsky. Die Supermärkte listeten solche Produkte "auf Wunsch der Kundschaft". "Verpackung und Produktaufmachung" lägen "im Verantwortungsbereich des Inverkehrbringers", zitierte die Bundesstiftung den Handelskonzern. Rewe forderte die Stiftung auf, sich an die Lieferanten zu wenden oder an die Justiz, wenn sie einen Rechtsverstoß in den Produkten sehe.
Ein Rewe-Konzernsprecher betonte gegenüber der Presseagentur, in den ostdeutschen Bundesländern sei die Nachfrage nach Produkten und Rezepturen aus der Vorwendezeit nach wie vor ausgeprägt und auch ein Stück weit (speise-)kulturelle Identität. Es seien Lebensmittel einer ganzen Generation, "die rar geworden sind und in aller Regel auf ursprüngliche Aufmachungen setzen". Marktleiter hätten die Möglichkeit, auf vielfachen Kundenwunsch regionale Produkte ins Programm zu nehmen.
Ex-Koch der Volksmarine für den Geschmack zuständig
Rewe gab an, vor der Mail der Bundesstiftung hätten den Konzern noch nie kritische Stimmen zu den Produkten erreicht. Und auf der Homepage von Kelles Suppen-Manufaktur ist zu lesen, dass bis zu 15.000 Suppen täglich die Küche verlassen. Sie schafften es kürzlich zur "Grünen Woche" und in Regale von Supermarkt-Ketten wie Edeka und Norma. Für den Geschmack ist laut Homepage übrigens der Mann der Chefin verantwortlich. Der sei Koch bei der Volksmarine gewesen und kenne noch alle Rezepte.
Daneben gibt es auch andere Geschmacksrichtungen von anderen Herstellern. Etwa die "Schulküchen Soljanka": Ein lachender Junge mit Pionier-Uniform und rotverschmiertem Suppen-Mund prangt auf der Konversendose. Zu kaufen auch bei Amazon: sechs Dosen für 26 Euro 99. (N)ostalgie ist eben auch ein Geschäft.