Viertes Netz Neue Mobilfunk-Konkurrenz für Telekom & Co.
Für die Betreiber von Mobilfunknetzen in Deutschland wächst die Konkurrenz. Mit 1&1 Drillisch mischt künftig ein vierter Wettbewerber mit. Verbraucherschützer erwarten nun günstigere Preise.
Das Telekommunikationsunternehmen 1&1 Drillisch wird zum vollwertigen Anbieter eines Mobilfunknetzes in Deutschland. Lange wurde um die Details gerungen, nun haben sich 1&1 Drillisch und der Wettbewerber Telefonica mit seinem O2-Netz auf eine Roaming-Vereinbarung verständigt. Wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen hatte sich zuvor sogar die EU-Kommission eingeschaltet.
Damit haben die Kunden in Deutschland in Zukunft mehr Auswahl bei Mobilfunkdienstleistungen. Lina Ehrig vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBZ) begrüßte dies: "Nun können die Verbraucher mit mehr Wettbewerb, mehr Angeboten und besseren Preisen rechnen." Auch Jochen Homann, Chef der Bundesnetzagentur, hält die Vereinbarung für eine "gute Nachricht für die Mobilfunkkunden in Deutschland".
Milliarden für die Zukunft
1&1 Drillisch hatte im Jahr 2019 bei der milliardenschweren Versteigerung der Mobilfunkfrequenzen für den neuen 5G-Standard mitgeboten und neben der Deutschen Telekom, Vodafone und Telefonica Deutschland den Zuschlag für bestimmte Frequenzbänder erhalten.
Zu diesem Zeitpunkt verfügte 1&1 über keinerlei eigene Mobilfunkinfrastruktur. Stattdessen nutzte das Unternehmen das Netz von Telefonica als ein Mobilfunk-Anbieter.
Doch um ein komplett eigenes Netz bereitstellen zu können, muss ein Unternehmen viel Geld in die Hand nehmen. Da zu Beginn keine oder nur wenige eigene Standorte zur Verfügung stehen, drohen Kunden gewaltige Funklöcher. Für Kunden wäre ein solches Netz unattraktiv, die fehlenden Einnahmen würden wiederum den Netzaufbau zusätzlich erschweren.
Immer noch Funklöcher
Dieses Problem soll der Vertrag zwischen den Unternehmen nun lösen. 1&1 Drillisch, eine Tochter des Konzerns United Internet, kann das Netz von Telefonica Deutschland im Rahmen einer "National Roaming"-Vereinbarung wie eigene Infrastruktur nutzen. Der Vertrag gilt rückwirkend ab Juli 2020 für zunächst fünf Jahre. Die Vereinbarung kann zweimal verlängert werden. Zunächst hat 1&1 Drillisch eine Option zur Verlängerung bis Mitte 2029, danach sind bis zu fünf weitere Jahre möglich. Dadurch haben die Kunden auch an Standorten ohne eigene Funkmasten ihres Mobilfunkunternehmens Empfang.
Wie aufwändig der Ausbau von Mobilfunknetzen ist, zeigt sich seit Jahren auf dem deutschen Markt. Noch immer sind die Mobilfunkunternehmen von einer vollständigen Abdeckung weit entfernt. Der deutsche Mobilfunkmarkt gilt im europäischen Vergleich bei der Versorgungsqualität als unterdurchschnittlich.
Durch den Vertrag leistet Telefonica Deutschland dem Anbieter 1&1 Drillisch quasi Geburtshilfe auf dem 5G-Markt. Der Chef des 1&1-Mutterkonzerns United Internet, Ralph Dommermuth, sprach von einem "Meilenstein auf unserem Weg zum Netzbetreiber". Telefonica-Deutschland-Chef Markus Haas sagte, die Vereinbarung ermögliche "langfristige Planungssicherheit" und "signifikante Umsatz- und Ergebnisbeiträge" in den kommenden Jahren.
Die Börse reagiert ebenfalls positiv. Die Aktie von 1&1 Drillisch gewann mehr als sieben Prozent, die von United Internet um mehr als drei Prozent. Anteilsscheine von Telefonica Deutschland stiegen um gut ein Prozent.