Partnerschaft mit US-Militär Microsoft und die Pentagon-Milliarden
Microsoft wird am Dienstagabend voraussichtlich wieder gewinnträchtige Quartalsergebnisse vorlegen. Der Software-Gigant profitiert dabei auch zunehmend von Erlösen aus einer Partnerschaft mit dem US-Militär.
Microsoft wird heute Abend nach US-Börsenschluss einen deutlichen Gewinnanstieg und weiter steigende Umsätze melden, dessen sind sich Analysten und Investoren sicher. Das Unternehmen ist einer der wichtigsten Profiteure der globalen Digitalisierung. Die Aktie von Microsoft ist angesichts weiter erwarteter Milliarden-Gewinnen bereits im Vorfeld der Zahlenvorlage auf neue Rekordhochs gestiegen.
Headsets und Cloud-Dienste
Der Ausblick, den das Unternehmen am Abend geben wird, dürfte aber auch zeigen, dass sein geschäftlicher Erfolg zunehmend mit dem US-Militär verknüpft ist. Anfang April hatte Microsoft gemeldet, dass das US-Verteidigungsministerium für bis zu 21,9 Milliarden Dollar Headsets und Cloud-Dienste bestellt hat. Zum Liefervertrag, der über zehn Jahre läuft, gehören 120.000 Virtual-Reality-Datenbrillen, die Microsoft unter dem Namen Hololens entwickelt und verkauft. Soldaten sollen über die Headsets nicht nur Zugriff auf gängige Services wie Nachtsicht- und Wärmebildfunktionen erhalten, sondern mit Hilfe von Augmented Reality auch wichtige Daten zur Erleichterung taktischer und strategischer Entscheidungen.
Zum Vertrag gehören auch die Cloud-Dienste von Microsoft, die das Unternehmen als einer der Marktführer auch vielen privaten Unternehmen anbietet. Bei einem ersten Cloud-Auftrag des US-Verteidigungsministeriums vor rund zwei Jahren hatte Microsoft dabei den großen Rivalen beim Cloud-Geschäft, Amazon, ausgestochen. In diesem Geschäft geht es um die Auslagerung von Daten und Software-Diensten durch Firmen in die Rechenzentren der Anbieter wie Microsoft. In der Sparte "Intelligent Cloud" hatte das Unternehmen im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel seiner Gesamterlöse verzeichnet (48 Milliarden Dollar). Hier war das Wachstum fast doppelt so groß wie in den klassischen Unternehmensbereichen, in denen etwa das Betriebssystem Windows oder die Hard- und Software der Spielekonsole "XBox" vermarktet werden.
Mitarbeiter protestieren
Die zunehmende Nähe von Microsoft zum Pentagon als Großkunden hatte bereits 2019 einige Mitarbeiter des Unternehmens zu Protesten bewogen. Mit der Entwicklung eines Prototypen der Hololens sei eine Grenze überschritten, so Beschäftigte, die sich unter dem Slogan "Microsoft Workers 4 Good" beim Kurzmitteilungsdienst Twitter äußerten. Microsoft habe nie zuvor die Linie zur Produktion von Waffen überschritten, und die Datenbrille ermögliche den Soldaten das gezielte Töten von Menschen.
Auch beim neuen, noch größeren Auftrag des Pentagon gab es Anfang April wieder heftigen Gegenwind: Die Kritiker aus der Belegschaft legen Microsoft nahe, sich lieber mit der Geschlechtergerechtigkeit im Unternehmen als mit dem Verkauf von Kriegswaffen zu befassen.
Microsoft-Chef Satya Nadella hatte sich bereits während der ersten Verhandlungen mit dem Pentagon Ende 2018 mit den Bedenken auseinandergesetzt. In einem Brief an die Mitarbeiter stellte er fest, dass Microsoft bereits seit vier Jahrzehnten das Militär mit seinen Diensten und Software-Lösungen beliefere. Zudem stehe man zu einer "starken Verteidigung" der USA durch die US-Truppen. "Wenn es um das Militär als Unternehmen geht", so Nadella, "wird sich Microsoft engagieren".
Google stieg aus "Maven"-Projekt aus
Der Software-Konzern steht nicht als einziger Großkonzern aus dem Silicon Valley bei Mitarbeitern und Beobachtern wegen Lieferungen an das Pentagon in der Kritik. Im Jahr 2018 gab es bei der Google-Mutter Alphabet einen Proteststurm, weil Google im Projekt "Maven" Algorithmen bereitstellte, mit denen US-Drohnen effizientere Angriffe fliegen sollten. Google stellte seine Beteiligung daraufhin 2019 ein.
Bei Microsoft geht es bei den Lieferungen für das US-Verteidigungsministerium auch um sein Image als ökologisch, aber auch ethisch "sauberes" Unternehmen. In Sachen Umweltschutz gilt der Software-Riese als vorbildlich. Bis 2025 soll die Klimabilanz komplett "grün" sein, bereits jetzt nutzt Microsoft nur Strom aus erneuerbaren Energien. Bis zur Mitte des Jahrhunderts will man gar sämtliches CO2, das der Konzern seit seiner Gründung im Jahr 1975 emittiert hat, wieder aus der Atmosphäre entfernen. Doch was die ethischen Maßstäbe angeht, könnten Ratingagenturen, die sich auf Nachhaltigkeitskriterien spezialisiert haben, bei einer zunehmenden Verflechtung des Unternehmens mit dem Militär bald genauer hinschauen und vielleicht auch ihre Bewertung anpassen.