Seifenproduktion im Libanon Luxus aus dem Land der Krise
Der Libanon steckt nicht erst seit der Explosion im Beiruter Hafen tief in der Krise. Ein Unternehmer in Tripoli stemmt sich gegen den Abwärtstrend: Er produziert die teuerste Seife der Welt.
Im Scheinwerferlicht glitzert sie golden. Der Schein trügt nicht: Tatsächlich enthält jedes Stück Seife 17 Gramm 24-karätiges Gold - und ein paar Gramm Diamantpulver, wie der Erfinder Badr Hassoun versichert. Neben dem Glamoureffekt soll das auch gut für die Haut sein, mit antioxidierender Wirkung. Außerdem seien in der teuersten Seife der Welt 39 verschiedene Öle und Kräuter verarbeitet. Umgerechnet 2300 Euro kostet sie. Damit sei ein einmaliges Duscherlebnis verbunden, wie Hassoun verspricht. Auch wenn das dann jedes Mal 75 Euro kostet.
"Wenn ich Geld habe, spare ich nicht an meiner Körperpflege. Ich möchte Reinheit und Schönheitspflege", sagt der Libanese. "Sie hat keine schädlichen Nebenwirkungen. Es ist die Seife der Könige und Sultane." Und angeblich auch die von Staats- und Regierungschefs: Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman soll sie als Gastgeber des G20-Gipfels an die mächtigsten Frauen und Männer der Welt verschickt haben. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel müsste das edle Stück bekommen haben.
Boom im "Ökodorf" bei Tripolo
Produziert werden diese und etliche andere Seifen auf einem idyllisch schönen Anwesen im Grünen bei Tripoli. 1993 hat Hassoun das 1500 Quadratmeter große Grundstück im Nordwesten des Libanon gekauft und darauf ein "Ökodorf" hochgezogen. Mit Kindern und Enkelkindern wohnt und arbeitet er dort nun. Ausweislich einer historischen Urkunde sollen seine Vorfahren schon vor 500 Jahren in der Gegend Seife hergestellt haben. An diese Tradition wollte er anknüpfen.
Hassoun kreiert die Düfte im Laber höchstselbst - von frisch bis lieblich, allesamt mit orientalischem Touch. In seinen Gärten wird ein Großteil der Zutaten für die Seifen angebaut und von Hand geerntet: Rosmarin, Oliven, Datteln etwa. In der Produktionshalle hacken Mitarbeiter mit Schürzen und Masken Pfirsichkerne, destillieren Rosmarin, rühren die Zutaten in großen Behältnissen zu einer wohlriechenden Mixtur zusammen, lassen sie hart werden und schneiden sie nach zehn Tagen schließlich in Stücke. 1400 unterschiedliche Seifen stellt die Firma mittlerweile her, vom Klassiker für umgerechnet 1,50 Euro pro Stück bis hin zur Goldseife.
Mit Luxusprodukten gegen die Krise
Etwa 300 Angestellte beschäftigt Hassoun, überwiegend Frauen aus der Umgebung - es sind sichere Jobs inmitten der schwersten Krise des Libanon. Das Land ist seit März pleite, kann die enormen Schulden nicht zurückzahlen. Die Währung, das libanesische Pfund, ist mittlerweile um mehr als 70 Prozent eingebrochen, die Preise für Konsumgüter haben sich verdoppelt, teils gar verdreifacht. Jeder zweite Libanese lebt mittlerweile unterhalb der Armutsgrenze.
Die Explosion am Hafen von Beirut Anfang August hat den Niedergang des Landes weiter beschleunigt. Mitten in dieser Misere blüht die kleine Seifenfabrik - ein Leuchtturm in der Dunkelheit. Hassoun will zeigen, dass sich im Libanon Erfolgsprodukte herstellen lassen und er so auch viel Gutes tun kann: "Gott hat uns auf diese einzigartige und schöne Idee gebracht, damit wir die Familien ernähren können trotz der Krise im Libanon," meint er.
Aufstieg durch Onlinehandel
Mit der Krise brach der Absatz allerdings zunächst dramatisch ein - um ganze 85 Prozent. Die Familie stellte auf Onlinevertrieb um, suchte die Partnerschaft mit Amazon und fand neue Märkte: in Afrika, der arabischen Welt, den USA, vor allem aber in China. Dort finden die Seifen aus Tripoli reißenden Absatz, nicht zuletzt die Goldseife. Mittlerweile setzt der kleine Seifenhersteller sogar 20 Prozent mehr ab als vor der Krise. Und der Betrieb will weiterwachsen.
Als nächstes soll der deutsche Markt erschlossen werden. Neue Produkte sind schon in der Entwicklung. Und: "Wir bereiten eine Seife für Prinz Charles vor", kündigt Hassoun an. "Diese Seife wird aus Ölen und Kräutern aus all den Ländern zusammengestellt, die zum britischen Königreich gehörten." Ob die royale Seife so guten Absatz wie ihr goldenes Schwesterprodukt findet, bleibt allerdings abzuwarten.