Geschäft mit Möbeln Was hinter den Preissenkungen von Ikea steckt
Die schwedische Möbelkette Ikea will Kunden immer schon mit niedrigen Preisen ködern. Nun kündigt das Unternehmen an, man wolle noch günstiger werden. Ist das mehr als ein Marketing-Trick?
Sie tragen schwedische Frauennamen, norwegische Ortsnamen oder sind nach Säugetieren benannt - das Regal "Billy", die Kommode "Malm", das Bett "Sagesund". Angeblich soll jedes zehnte Kind in Europa in einem Ikea-Bett gezeugt worden sein - aus Sicht des Unternehmens eine gute Marketing-Story.
Doch auch für Ikea bedeutete die Corona-Pandemie eine Zäsur hinsichtlich der Kundenströme in den Möbelgeschäften. Längst knüpfen die Schweden nicht mehr an die Erfolge von vor der Pandemie an. Auch deshalb dreht Ikea für das kommende Jahr an der Preisschraube. "Die Preissenkungen sollen unsere Attraktivität festigen", betont Ikeas Deutschland-Chef Walter Kadnar.
800 Produkte sollen günstiger werden
Dafür investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben "im mittleren dreistelligen Millionenbereich". Rund 800 Produkte würden im Preis gesenkt - nicht als Aktionsware, sondern sie sollen dauerhaft günstiger werden. Das sei etwa ein Zehntel des gesamten Sortiments des Möbelgiganten.
Für Ikea ist das Vorgehen mehr oder weniger alternativlos. Denn die Preise bei Regalen wie Billy locken die Kunden in den Laden - und das soll auch im Jahr 2024 das erfolgreiche Geschäftsmodell ausmachen.
Umsatz mit dem Bummel durch den Laden
Ebenso wie die zahlreichen Dekoartikel: Wer durch die Möbelausstellung hindurch ist, der landet in der Selbstbedienungsabteilung. Und packt ganz im Sinne von Ikea fleißig ein: Teelichter, Blumen, Küchenutensilien. "Damit kann Ikea so richtig punkten", weiß Karsten Kilian, Marketingexperte an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Und so kaufen fast allen Kunden Produkte, die vorher eigentlich gar nicht eingeplant waren. Der Effekt der Impulskäufe ist für Ikea vor allem ein wirtschaftlicher.
Ikea braucht diesen Umsatz der Kunden beim Bummel durch den Laden. Studien haben ergeben, dass Konsumenten mit großen Tüten im Durchschnitt 20 Prozent mehr ausgeben. Und das macht sich Ikea zunutze - mit der gelben Einkaufstasche, eingeführt in den 1980er-Jahren, in die alles rein passt. "So lassen sie jeden Online-Konkurrenten hinter sich", sagt Kilian. Doch der Druck wächst, gerade durch die Corona-Pandemie, als gezwungenermaßen die Massen nicht mehr in die Geschäfte konnten.
Zwar will Deutschland-Chef Kadar, wie er betont, das Ikea-Onlinegeschäft durchaus stärken. Aber in der Regel kommen Kunden ins Einrichtungshaus. "Und wenn man dann noch mal für 100 Euro zusätzlich den Kleinkram kauft, der die Wohnung schöner macht, wird auch die Marge von Ikea verschönert", ordnet Experte Kilian die Verkaufsstrategie ein. Das sei eben auch der Hauptgrund für die jetzt angekündigte Preissenkung - vor allem ein Marketingeffekt.
Im Langzeitvergleich nicht günstiger
Ob das Einkaufen für die Kundschaft allerdings dadurch auch wirklich so viel günstiger wird, bezweifelt Kilian. Viel wahrscheinlicher sei es, dass die Preise nur ein wenig angepasst werden - also sinken, aber im Endeffekt noch immer deutlich über dem Vor-Pandemie-Niveau liegen. Denn gerade 2021 und 2022 hatte Ikea kräftig an der Preisschraube gedreht.
"Nehmen wir ein Möbelstück, das sich im Preis verdoppelte - beispielsweise von 200 auf 400 Euro stieg. Wenn es jetzt wieder um 100 Euro günstiger wird, klingt das erstmal gut", so Kilian. Immerhin sinke der Preis ja um 25 Prozent: "Aber am Ende ist es heute immer noch 50 Prozent teurer als das Preisniveau von vor drei Jahren."
Deutschland-Chef Kadnar rechtfertigte die Preiserhöhungen damals mit gestiegenen Energie- und Transportkosten. Gelohnt hatten die sich auf alle Fälle, mit über 6,4 Milliarden Euro verzeichnete Ikea zuletzt sogar einen Rekordumsatz. Auch künftig werde Ikea in "regelmäßigen Abständen Preise prüfen und anpassen". Heißt: Es kann auch wieder teurer werden.
Wenn der neue Esstisch warten muss
Die Möbelbranche allgemein erlebt derzeit eine Kaufzurückhaltung. Die Inflation zwingt die Kundschaft zu anderen Ausgaben. Und weil ein neuer Esstisch oder eine neue Küche warten können, ändert auch Ikea selbst sein Einkaufsverhalten. Neben der angespannten Lage auf dem Möbelmarkt wird wohl auch Deutschland als Produktionsstandort zu teuer.
Das hat Folgen, auch für die hiesigen Zulieferer. Beispiel: Das Maja-Möbelwerk im sächsischen Wittichennau, wo der Großkunde Ikea nun nicht mehr produzieren lässt. Ende des Jahres schließt das Werk, das Möbelstücke zum Selbstaufbau für Ikea fertigte.