Finanzen der IG Metall Die Streikkasse ist gut gefüllt
In der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie hat die IG Metall ein erstes Angebot der Arbeitgeber abgelehnt und Warnstreiks angekündigt. Auch ein längerer Arbeitskampf wäre kein größeres finanzielles Problem für die Gewerkschaft.
In der Metallindustrie wird über eine Forderung der Industriegewerkschaft Metall nach acht Prozent Lohnerhöhung verhandelt. Seit dem Wochenende laufen Warnstreiks. Kommende Woche soll wieder verhandelt werden. Danach sei auch ein großer Streik möglich, heißt es von der Gewerkschaft. Sobald länger als ein Tag gestreikt wird, ersetzt die IG Metall einen Teil des Lohnausfalls mit Streikgeld.
Keine finanziellen Probleme in Sicht
Zwar verschleiert die IG Metall ihre Budgets und Vermögen, doch Auswertungen der wenigen veröffentlichten Unterlagen und Erkundigungen zeigen: Die Gewerkschaft kann sich jeden Streik leisten. In der Streikkasse liegen mindestens 1,1 Milliarden Euro. Zudem hat die IG Metall ein Milliardenvermögen.
Unterlagen dokumentieren Rücklagen von 1,6 Milliarden Euro seit dem Jahr 2000. Hauptkassierer Jürgen Kerner sagt, die Rücklage diene vor allem der Streikkasse. Zudem würden Rückstellungen für künftige Leistungsansprüche der Mitglieder und Pensionsrückstellungen fürs Personal gebildet. Ins Detail geht Kerner nicht.
Leistungen an Mitglieder werden aus dem laufenden Haushalt gezahlt. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Mitglieder, die hohe Beiträge zahlen, massenhaft austreten, dürfte nur eine kleine Rückstellung nötig sein. Pensionsrückstellungen für die 2500 Gewerkschaftsangestellten sind mit 25 Millionen Euro jährlich solide angesetzt. Zieht man das für die dokumentierten Rücklagen ab, zeigt sich: Die Streikkasse ist mit mindestens 1,1 Milliarden Euro gefüllt. "Wir sagen zu unserem Vermögen und unseren Rücklagen nichts, um für die Kapitalseite nicht kalkulierbar zu sein", sagt Finanzchef Kerner, "wir sind jederzeit handlungs- und streikfähig."
Arbeitskämpfe sind billig geworden. Von Massenstreiks vor der Jahrtausendwende ist die Gewerkschaft abgerückt. Arbeitgeber werden mit wohlgesetzten Streiks bei Zulieferunternehmen unter Druck gesetzt. Können die nicht mehr liefern, stehen in der ganzen Branche die Bänder still. Der nach vorliegenden Daten teuerste Streik seit dem Jahr 2000 kostete vor 4 Jahren 27 Millionen Euro. Sonst wurden vor zwanzig Jahren zweimal 12 Millionen, ansonsten mal anderthalb Millionen, mal ein paar Hunderttausend, im Jahr 2012 gar nur 332 Euro Streikgeld gezahlt.
Vermögensverwalter kümmern sich um liquide Mittel
Zuständig fürs flüssige Vermögen ist die "Feho GmbH". Über geheime Treuhandverträge sind IG-Metall-Vorsitzender Hofmann, seine Vertreterin Christiane Benner und Hauptkassierer Kerner juristische Eigentümer. Die Vermögensverwaltung Feho residiert in einem kompletten Stockwerk über den Vorstandsbüros in der Frankfurter Gewerkschaftszentrale. Unter Kerners Vorgänger wurde Geld fast ausschließlich in Fonds und festverzinslichen Papieren angelegt. Damals war von einem Renditeziel von fünf Prozent die Rede. "Das sind wirklich Profis", berichtete seinerzeit ein Frankfurter Bankmanager.
Neuerdings wird mehr in Aktien investiert. Im Grunde könnten auch Aktien von Rüstungsunternehmen gekauft werden, heißt es. In der Praxis sei das aber nicht der Fall. Gleichwohl: Die Gewerkschaft kann beispielsweise nicht bei Rheinmetall die Belegschaft organisieren und gleichzeitig Rheinmetall-Aktien ablehnen.
Stille Reserven stecken in Immobilien
Einen Stock über der Feho GmbH sitzt die IGEMET Firmengruppe, zuständig fürs Immobilienvermögen. 2009 war noch zu erfahren, dass es um 100 Immobilien gehe, in denen stille Reserven gesammelt würden. Heute nennt Hauptkassierer Kerner keine Zahlen mehr. Es seien Gewerkschaftshäuser, eigene Bildungsstätten und ein paar vermietete Gewerbeimmobilien.
Die Gewerkschaftshäuser werden an lokale Geschäftsstellen der IG Metall vermietet. Sie zahlen Miete aus Zuweisungen der Zentrale. Diese "Ortskassen-Anteile" fließen also teils wieder zurück zur Hauptkasse der IG Metall. In einem internen Papier zum Gewerkschaftshaus Offenbach war schon vor 20 Jahren von 5,14 Prozent Mietrendite die Rede.
Bei der "Treuhandverwaltung IGEMET GmbH" sind alle 36 Vorstandsmitglieder der IG Metall Treuhand-Eigentümer. Hauptkassierer Kerner (20 Prozent) hat zusammen mit dem ersten Vorsitzenden (acht Prozent) oder der zweiten Vorsitzenden (sechs Prozent) die sogenannte Sperrminorität. Mehrheitsentscheidungen der Vorstände vom Lande können blockiert werden.
Das Vermögen ist zur Deckung des allgemeinen Gewerkschaftsbudgets wichtig. Die jüngsten Zahlen sind von 2020, da betrug der Etat 656 Millionen Euro. Aus Unterlagen seit 2004 ergibt sich, dass jährlich im Durchschnitt 27 Millionen Euro aus dem Vermögen entnommen werden. Es sind erwirtschaftete Renditen. "Wir würden grundsätzlich nie von der Substanz leben", sagt Kerner.