Theranos-Gründerin Holmes schuldig Der tiefe Fall einer Silicon-Valley-Ikone
Die einstige Silicon-Valley-Ikone Elizabeth Holmes ist wegen Betrugs schuldig gesprochen worden. Die Gründerin der Firma Theranos hatte Investoren über die Wirksamkeit von neuen Bluttests getäuscht und damit mehr als 900 Millionen Dollar erschwindelt.
Die zwölf Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass Elizabeth Holmes Investoren dazu überredet hatte, Millionenbeträge in das von ihr gegründete Bluttest-Unternehmen Theranos zu stecken, obwohl die Technologie nie so funktionierte, wie es die 37-Jährige versprochen hatte.
Holmes wurde in vier von elf Anklagepunkten schuldig gesprochen. Dies betrifft sowohl in mehreren Punkten den Vorwurf des Betrugs als auch der vorsätzlichen Falschbehauptung. In den übrigen sieben Punkten wurde sie von den Geschworenen entweder freigesprochen - oder diese konnten sich während ihrer siebentägigen Beratungen nicht einigen.
"Das wird das Silicon Valley wachrütteln"
Freigesprochen wurde sie unter anderem in Anklagepunkten, die sich auf den Betrug an Patienten bezogen. Der renommierte Rechtsanwalt Michael Cardozo hat den Prozess am Bezirksgericht in San José wenige Kilometer südlich von San Francisco mit verfolgt. Er sagt: Das Urteil sei ein Weckruf für die Gründerinnen und Gründer im Silicon Valley.
Es sendet eine klare und durchschlagende Botschaft an die Start-Ups: 'Geht da nicht raus und macht Versprechungen, die ihr nicht halten könnt oder von denen ihr wisst, dass sie nicht wahr sind.' Das wird das Silicon Valley wachrütteln, denn Unternehmen wissen jetzt, dass die Gerichte diese Art von Aufschneiderei, Versprechungen und Lügen nicht dulden werden."
Das Gerichtsverfahren hat vor allem einen seltenen Einblick geboten, wie das Silicon Valley tickt. Dort, wo Tech-Konzerne wie Google, Apple oder Facebook ihren Sitz haben und jedes Jahr Tausende neue Start-Ups gegründet werden.
Kultur des grenzenlosen Optimismus
Die Verhandlung vor dem Bezirksgericht in San Jose, der selbst ernannten Hauptstadt des Silicon Valley, offenbarte einen grenzenlosen Optimismus, der in diesem Seitental Kaliforniens herrscht, auch wenn dieser nicht immer mit der Wahrheit übereinstimmen mag. Das Motto vieler junger Unternehmen lautet: "Fake it till you make it". Fälsche, solange bis Du es geschafft hast.
Dieses Motto hat auch Elizabeth Holmes für sich in Anspruch genommen, wie die Entscheidung der Geschworenen zeigt. Nun drohen der einstigen Vorzeigeunternehmerin aus dem Silicon Valley für jeden Anklagepunkt bis zu 20 Jahre Haft, das wären also insgesamt 80 Jahre. Diese Höhe gilt aber als sehr unwahrscheinlich, zumal die Strafe vermutlich gleichzeitig verbüßt werden muss. Auch hat Holmes keine Vorstrafen und ist erst im Sommer Mutter geworden.
Drohen Holmes mehr als zehn Jahre Haft?
Rechtsexperten in den USA gehen davon aus, dass Holmes zu einer mehrjährigen Haftstrafe in einem Bundesgefängnis verurteilt wird. Einige Juristen halten sogar zehn Jahre und mehr für möglich. Das meint zum Beispiel der ehemalige Staatsanwalt Elie Honig, der sich im TV-Sender CNN äußerte.
Im US-Bundesrecht gibt es die Maßgabe, dass sich das Strafmaß größtenteils nach der Schadenssumme richtet. Wir reden hier von 140 Millionen Dollar. Daraus ergibt sich ein empfohlener Strafrahmen von konservativ zehn Jahren, möglicherweise sogar 15 oder 16 Jahren. Nach den Richtlinien drohen ihr also mindestens zehn Jahre Haft in einem Bundesgefängnis."
In dem Verfahren, das im September begann, hatte Holmes zwar Fehler eingeräumt. Zugleich betonte sie aber, dass sie immer geglaubt habe, ihr Unternehmen könne das Gesundheitswesen revolutionieren.
Bluttest-Revolution blieb aus
Im Zeugenstand hatte sich sie sich als Visionärin im männerdominierten Silicon Valley dargestellt und behauptet, ihr Ex-Geliebter und Geschäftspartner Ramesh Balwani habe sie sexuell und emotional missbraucht. So war es Holmes gelungen, zusammengenommen rund 900 Millionen US-Dollar seit Gründung von Theranos im Jahr 2003 von erfahrenen Investoren wie dem Zeitungsverleger Rupert Murdoch, Oracle-Gründer Larry Ellison oder der Walton Familie einzuwerben, der die Supermaktkette Walmart gehört.
Die 37-Jährige ehemalige Stanford-Studentin hatte vor Gericht behauptet, dass mit wenigen Tropfen Blut Patienten auf Hunderte Krankheiten hin untersucht werden könnten. 2015 stellte sich dann nach Recherchen des "Wall Street Journals" heraus, dass das Bluttestgerät schwerwiegende Mängel hatte. Zwei Jahre später meldete das Unternehmen Konkurs an. Es wird damit gerechnet, dass Holmes Anwälte Berufung gegen das Urteil einlegen werden.