Tarifstreit bei der Bahn GDL-Mitglieder stimmen für unbefristete Streiks
Über Weihnachten herrscht noch Ruhe, doch im neuen Jahr müssen sich Bahnkunden auf längere Streiks einstellen: Die Mitglieder der Lokführergewerkschaft GDL haben sich in einer Urabstimmung für Arbeitskämpfe ausgesprochen.
Die Lokführergewerkschaft GDL darf im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn nun auch zu unbefristeten Streiks aufrufen. In einer Urabstimmung sprachen sich rund 97 Prozent der abstimmenden Mitglieder dafür aus, wie die GDL in Frankfurt am Main mitteilte. Damit sind Streiks vom 8. Januar an möglich - bis dahin hatte die GDL bereits im Vorfeld Streiks ausgeschlossen.
"Wir gehen insgesamt von einem hervorragenden Gefühl aus, was die Mitgliedschaft in den Eisenbahnunternehmen tatsächlich will", sagte GDL-Chef Claus Weselsky. "Und ich sage es mit aller Deutlichkeit: Sie wollen Streik und sie wollen sich mit ihren Arbeitgebern auseinandersetzen, weil diese nicht bereit sind, Arbeitszeitabsenkungen mit uns zu verhandeln." Die Beteiligung an der Urabstimmung lag über die beteiligten Unternehmen hinweg bei mehr als 70 Prozent.
Streiks ab Januar 2024
Weselsky bestätigte erneut, dass während des aktuell laufenden "Weihnachtsfriedens" nicht mit Streiks zu rechnen sei. Fahrgäste können also Weihnachten zu ihren Familien fahren und kommen auch wieder zurück. Im neuen Jahr sollen die Streiks bereits kurz nach Silvester stattfinden, als möglichen Stichtag nannte Weselsky den 8. Januar. "Wir werden wie immer die Beschäftigten in den Unternehmungen als auch die Öffentlichkeit rechtzeitig informieren", so der GDL-Chef.
Prinzipiell unterliegen Streiks nach einer Urabstimmung keiner zeitlichen Beschränkung. "Sie dürfen davon ausgehen, dass die bisherigen Warnstreiks nur ein ganz kleiner Lichtblick gewesen sind", betonte Weselsky. Das, was jetzt komme, werde kräftiger und länger werden. Auf die Kunden der Bahn kämen härtere Zeiten zu. Von unbefristeten Streiks sprach Weselsky nicht direkt, sie werden durch das Abstimmungsergebnis aber möglich.
Bei vorigen Tarifrunden waren mehrtägige Streiks keine Seltenheit. 2021 streikte die GDL etwa für fünf Tage, 2015 einmal für sechs Tage. Gut möglich also, dass es in dieser Größenordnung im Januar weitergeht. Bisher hatte die GDL im laufenden Tarifkonflikt zu Warnstreiks von maximal 24 Stunden im Personenverkehr aufgerufen.
Gewerkschaft fordert 35-Stunden-Woche
Die Lokführergewerkschaft verhandelt mit der Bahn und anderen Verkehrsunternehmen separat über neue Tarifverträge. Zentraler Punkt ist die Forderung nach einer Arbeitszeitverringerung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden in der Woche bei vollem Lohn.
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler hält die Forderung für unerfüllbar und sieht an dieser Stelle angesichts des Fachkräftemangels keinen Spielraum. Die Gewerkschaft fordert zudem 555 Euro mehr im Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von einem Jahr.
Die Bahn legte der GDL in der ersten Verhandlungsrunde Anfang November ein Angebot vor und stellte darin eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten in Aussicht. Die Gewerkschaft hat im noch jungen Tarifkonflikt bereits einmal gestreikt. Durch den Arbeitskampf fielen gut 80 Prozent der eigentlich vorgesehenen Fernverkehrsfahrten aus. Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen in manchen Bundesländern noch deutlicher.
Fahrgastverband erwartet Notfallfahrpläne
Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte eine schnelle Einigung zwischen Bahn und GDL. "Unser Appell an beide Seiten ist, sich möglichst schnell am Verhandlungstisch zu einigen", sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nur das sei im Sinne der Fahrgäste.
Außerdem müssten für den Fall eines Streiks Notfallfahrpläne mit den Gewerkschaften vereinbart werden, sagte Neuß. "Das geht in Italien und Frankreich, warum also nicht auch bei uns."
Unionsfraktionsvize Ulrich Lange forderte die GDL auf, "nicht die ganze Republik lahmzulegen und die Streiks auf ein vertretbares Maß zu begrenzen". Von der Bahn erwarte er, "dass sie sich kooperativ zeigt und ernsthaft mit der GDL verhandelt". Beide Seiten sollten Bereitschaft für eine Einigung zeigen.