Chaos zur Urlaubszeit Ausländische Helfer sollen an Flughäfen einspringen
Lange Schlangen, sich stapelnde Gepäckstücke, abgesagte Flüge - seit Wochen kommt es an deutschen Flughäfen wegen Personalmangels immer wieder zu solchen Szenen. Nun greift die Politik ein: Tausende Hilfskräfte aus dem Ausland sollen kommen.
Um zur Ferienzeit weiteres Chaos an den deutschen Flughäfen zu vermeiden, sollen ausländische Hilfskräfte einspringen. "Die Bundesregierung plant, die Einreise von dringend benötigtem Personal aus dem Ausland für eine vorübergehende Tätigkeit in Deutschland zu ermöglichen", kündigte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der "Bild am Sonntag" an. Nach Angaben aus Regierungskreisen soll eine vierstellige Zahl von Fachkräften bestenfalls schon von Juli an für einige Monate in Deutschland aushelfen. Im Gespräch sind nach Branchenangaben rund 2000 Beschäftigte, unter anderem aus der Türkei.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach in der Zeitung von einer mit Heil und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) abgestimmten Aktion. Faeser ergänzte: "Wir werden ermöglichen, dass Hilfskräfte aus dem Ausland zum Beispiel bei der Gepäckabfertigung eingesetzt werden." Dabei gelte: Bei der Sicherheit gebe es keine Abstriche.
Flughäfen hoffen auf schnelle Umsetzung
Die Flughäfen reagierten erfreut und dringen nun darauf, dass die Behörden die Zuverlässigkeit des Personals schneller überprüfen. Ziel sei eine schnelle Umsetzung, heißt es bei der Arbeitsgemeinschaft deutscher Verkehrsflughäfen.
Fluggesellschaften und Flughäfen macht der Personalmangel schwer zu schaffen. Flüge werden gestrichen, auf den Flughäfen kommt es zu langen Warteschlangen. In der Corona-Pandemie waren viele Stellen gestrichen worden, dazu kommen aktuell viele Corona-Erkrankungen. Personallücken gibt es laut Arbeitsgemeinsacht in vielen Bereichen, vom Check-in über die Passagierkontrolle bis hin zur Flugzeugabfertigung.
Einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge fehlen derzeit an deutschen Flughäfen rund 7200 Fachkräfte. Die Branche hat die Regierung daher um Hilfe gebeten.
Heil: Kein Sozialdumping oder Ausbeutung
Heil betonte, dass bei der geplanten Regelung jede Form von Sozialdumping und Ausbeutung ausgeschlossen werden solle. "Die Arbeitgeber müssen Tariflohn zahlen und für die befristete Zeit anständige Unterkünfte bereitstellen." Viel Zeit dafür bleibt nicht mehr. In Nordrhein-Westfalen haben schon die Schulferien begonnen - mit langen Warteschlangen etwa am Flughafen Düsseldorf.
Wissing wies die Verantwortung für chaotische Zustände an Flughäfen den Unternehmen zu. "Für die Personalpolitik der Flughafengesellschaften und Airlines ist die Bundesregierung nicht zuständig und nicht verantwortlich", sagte er. In der Verantwortung des Bundesverkehrsministeriums lägen die Flugsicherung und die Koordination des Flugbetriebs. "Und da läuft alles reibungslos."
Lemke fordert fairen Umgang mit Kunden
Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte die aktuelle Situation auf den deutschen Flughäfen als "heftiges Ärgernis" bezeichnet. Sie mahnte die Fluggesellschaften zu einem fairen Umgang mit ihren Kunden. "Ich erwarte, dass die Fluggesellschaften ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen und die berechtigen Ansprüche der Fluggäste schnell und unbürokratisch erfüllen", sagte Lemke der "Bild am Sonntag". Die Airlines seien auch in der Pflicht, Reisende über ihre Rechte zu informieren. Die Fluggäste hätten bei kurzfristigen Ausfällen und Verspätungen ein Recht auf Entschädigung, betonte die Ministerin.
Lufhansa rechnet 2023 mit Normalisierung
Kurz vor Beginn der Haupturlaubszeit hatten zahlreiche Fluggesellschaften Flüge gestrichen. Lufthansa sagte insgesamt knapp 3000 Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München ab. Auch die Billigtochter Eurowings hat Hunderte Flüge im Juli gestrichen. Allein am Berliner Flughafen strich Marktführer Easyjet sein Programm für die Sommermonate um rund 1000 Flüge zusammen.
Die Lufthansa erwartet erst im nächsten Jahr eine Normalisierung des Flugbetriebs. "Eine kurzfristige Verbesserung jetzt im Sommer werden wir realistisch leider kaum erreichen können", sagte Lufthansa-Vorstand Detlef Kayser der "Welt". Aktuell helfe nur, die Zahl der Flüge zu reduzieren. Das sei nicht nur ein deutsches Problem, sondern gelte für die ganze Welt. "Wir rechnen damit, dass sich die Lage 2023 insgesamt wieder normalisiert."