Schweizer Parlament zu Credit Suisse "Der Gier nach mehr Gewinn verfallen"
Nach der Notübernahme der Credit Suisse äußern Schweizer Abgeordnete in einer Parlamentssondersitzung harte Kritik an deren Führung. Am Abend lehnten die Abgeordneten die Rettung in einer Abstimmung dann vorerst ab und setzten so ein Zeichen.
Die Führung der per Notrecht geretteten Schweizer Großbank Credit Suisse hat nach den Worten des Schweizer Präsidenten Alain Berset das Vertrauen in die Bank selbst zerstört. Die obersten Manager hätten nichts aus der Finanzkrise gelernt, sagte er zum Auftakt einer dreitägigen Sondersitzung der beiden Parlamentskammern zum Ende der Traditionsbank.
Die Bankverantwortlichen seien der Gier nach mehr Gewinn verfallen und hätten Risiken ausgeblendet, erklärte Peter Hegglin von der Partei Die Mitte. "Eine stolze CS haben sie über die Jahre in den Ruin getrieben und sich dabei regelmäßig sehr hohe Löhne und Boni auszahlen lassen."
Der Schweizer Präsident Berset beschuldigte die Credit Suisse, nichts aus der Finanzkrise gelernt zu haben.
Parlament genehmigt Rettung zunächst nicht
Das Parlament lehnte am Abend die Finanzgarantien in Höhe von 109 Milliarden Schweizer Franken zur Rettung der Credit Suisse im ersten Durchgang ab. Die große Kammer missbilligte nachträglich mit 102 der 200 Stimmen die Rettungsaktion. Die kleine Kammer hatte die Gelder zuvor genehmigt. Nun werden beide Kammern voraussichtlich am Mittwoch erneut abstimmen. Konsequenzen hat das Ergebnis aber kaum, denn die Darlehen wurden als Teil des Rettungspakets bereits von einem Ausschuss unter Notrecht bewilligt. Eine Ablehnung hätte dann nur die Wirkung einer Rüge.
Regierung ermöglichte umstrittene Bankenrettung
Mitte März hatte die Schweizer Regierung eine Übernahme der Credit Suisse durch den Erzrivalen UBS ermöglicht, um die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende zweitgrößten Bank des Landes vor dem Untergang zu bewahren. Dafür setzte die Regierung mehrere Gesetze außer Kraft, um zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank Liquiditätshilfen im Umfang von bis zu 259 Milliarden Franken (262,7 Milliarden Euro) zu gewähren.
Darin enthalten waren Staatsgarantien im Umfang von 109 Milliarden Franken (110,4 Milliarden Euro). Diesen wurden nun in der Parlamentssitzung formell abgesegnet. Faktisch waren sie jedoch bereits zuvor geleistet worden und konnten nicht mehr rückgängig machen werden.
Konsequenzen gefordert
Auch die Sozialdemokratin Eva Herzog kritisierte die Bankmanager. "Die Finanzkrise von 2008 hat offenbar nicht gereicht, um den Typ Banker zum Verschwinden zu bringen, den wir mit Leonardo DiCaprio in 'The Wolf of Wall Street' genüsslich haben untergehen sehen." Sie und andere Abgeordnete forderten, den rechtlichen Spielraum für Verantwortlichkeitsklagen und Schadenersatzansprüche auszuschöpfen.
Die rechte SVP verlangte neue Regeln, damit Unternehmen Konkurs gehen können, "ohne die Schweiz oder die ganze Welt mit in den Abgrund zu reißen". Auch die Sozialdemokraten forderten eine neue Bankenregulierung, da die "Too big to fail"-Regeln, die staatliche Rettungsaktionen verhindern sollten, nicht funktioniert haben. Die Grünen plädierten, für Staatsgarantien Nachhaltigkeitskriterien einzuführen.
Die meisten Abgeordneten räumten jedoch ein, dass die Regierung einschreiten musste, um katastrophale Folgen für die Schweizer Wirtschaft und möglicherweise auch eine erneute weltweite Finanzkrise zu verhindern.
Einen Teil der Liquiditätshilfe-Darlehen SNB hat die Credit Suisse inzwischen zurückbezahlt, sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sie erklärte, die Schweiz müsse sich entscheiden, was für einen Finanzplatz sie in Zukunft haben wolle. Wenn das Land im internationalen Standortwettbewerb mithalten wolle, müssten gewisse Risiken in Kauf genommen werden.