Gescheiterter Immobilienunternehmer Zahlreiche Anzeigen gegen Signa und Benko
Gegen René Benko und die insolvente Signa-Gruppe liegen zahlreiche Anzeigen vor. Für den österreichischen Ex-Milliardär könnte es Experten zufolge juristisch eng werden. Eine Befragung Benkos wurde derweil abgesagt.
Der österreichische Investor René Benko und seine insolvente Signa-Gruppe werden seinem Rechtsanwalt zufolge laufend mit neuen Anzeigen konfrontiert. Bis Mitte Februar seien bereits 37 sogenannte Sachverhaltsdarstellungen gegen den Immobilien- und Handelsunternehmer und Signa-Firmen bei Staatsanwaltschaften in Österreich eingereicht worden, schrieb er an das österreichische Parlament. Mittlerweile liege die Zahl wohl noch einmal deutlich höher.
In dem Brief wurde außerdem kurzfristig eine für heute geplante Befragung des Ex-Milliardärs durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss abgesagt, weil Benko keinen Überblick über alle rechtlichen Vorwürfe habe. Der Unternehmer könne nicht im Parlament Rede und Antwort stehen, weil er dort in einen Konflikt zwischen Wahrheitspflicht und dem Recht zur Aussageverweigerung zu geraten drohe, hieß es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Benko schweigt weiter
Nach der Absage des Auftritts will das Parlament jetzt eine Beugestrafe für Benko beantragen. Das kündigte der Abgeordnete der sozialdemokratischen SPÖ, Jan Krainer, an. Auch die konservative ÖVP werde alle Sanktionsmaßnahmen ausdrücklich unterstützen, sagte der Abgeordnete Andreas Hanger. Die Absage in letzter Minute sei eine Missachtung des Parlaments. Über einen Antrag muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Dann wäre ein neuer Termin mit Benko wohl noch im April oder Mitte Mai möglich, sagte Krainer.
Benkos Auftritt vor dem sogenannten COFAG-Untersuchungsausschuss war eigentlich mit Spannung erwartet worden. Denn der einst als Erfolgstyp gefeierte Manager hat sich bislang kein einziges Mal öffentlich zum Niedergang der von ihm gegründeten Signa-Gruppe geäußert. Seit im Vorjahr eine Insolvenzwelle durch sein verschachteltes Firmennetzwerk zu rollen begann, hat er alle öffentlichen Veranstaltungen gemieden.
Der Untersuchungsausschuss war von der Opposition eingesetzt worden, um die mutmaßliche Bevorzugung von Superreichen wie Benko zu beleuchten, die Verbindungen zur konservativen Kanzlerpartei ÖVP pflegen. Nach Benkos Absage steht heute noch die Befragung eines ehemaligen hochrangigen Finanzbeamten wegen Steuerverfahren der Signa-Gruppe auf dem Programm. Bereits gestern wurden zwei andere Finanzbeamte im Parlament befragt. Sie lieferten jedoch keine Hinweise auf eine steuerliche Bevorzugung von Signa-Firmen.
"Zahlreiche Hinweise auf strafrechtliche Vergehen"
Für Benko könnte es nach Ansicht des obersten Rechtsvertreters der Republik Österreich juristisch eng werden. "Ich würde sehr unruhig schlafen", sagte der Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, mit Blick auf den einstigen Immobilien-Tycoon. Aktuell gebe es rund um den spektakulären Niedergang der Signa-Gruppe "zahlreiche Hinweise auf strafrechtliche Vergehen". Aus dem Kreis der Investoren sei Benko als "faktischer Geschäftsführer" beschrieben worden. Er sei daher vermutlich die treibende Kraft gewesen.
In Deutschland hat die Münchner Staatsanwaltschaft indes Ermittlungen wegen Geldwäsche-Verdachts im Zusammenhang mit der Signa-Gruppe bestätigt. Österreichs Korruptions-Staatsanwaltschaft untersucht unter anderem, ob Benko versucht hat, den ehemaligen Generalsekretär des Finanzministeriums mit einem lukrativen Jobangebot zu bestechen. Benkos Anwälte haben diese Vorwürfe zurückgewiesen.
Der 46-Jährige hatte in Zeiten niedriger Zinsen ein undurchsichtiges Firmennetzwerk aufgebaut, zu dem unter anderem der unfertige Elbtower in Hamburg sowie die mittlerweile insolventen Kaufhausmarken KaDeWe und Galeria Karstadt Kaufhof gehören. Bis vor einigen Monaten galt Benko noch als einer der reichsten Österreicher. Mit dem Anstieg von Zinsen, Baukosten und Energiepreisen war die Signa-Gruppe jedoch weitgehend zusammengebrochen. Nun soll ein Treuhänder die Vermögenswerte verkaufen.
Finanzprokurator hält Konkurs für den besseren Weg
Der hierfür beschlossene Sanierungsplan ist dabei nach Überzeugung der österreichischen Finanzprokuratur der falsche Weg. Die versprochene Quote von 30 Prozent für die Gläubiger sei nur erreichbar, wenn es zu einer "eklatanten Markterholung" bei Immobilien komme, sagte Peschorn, der als Chef der Finanzprokurator die rechtlichen Interessen der Republik vertritt.
Er halte daran fest, dass ein Konkurs die sauberere Lösung gewesen wäre. Eine solche Zerschlagung unter der Regie eines Insolvenzverwalters hätte ebenfalls das Ziel einer bestmöglichen Verwertung des vorhandenen Vermögens gehabt und obendrein garantiert, dass bisherige Verantwortliche für die desaströse Entwicklung bei der Signa-Gruppe definitiv kein Sagen mehr hätten.
Peschorn beklagte einen sehr überschaubaren Aufklärungswillen auf fast allen Seiten. "Es herrscht eine nicht ganz ausgeprägte Begeisterung bei der Aufarbeitung der Umstände". Es sei zu hinterfragen, aufgrund welcher konkreten Überlegungen einem Sanierungsplan zugestimmt worden sei, bei dem zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht einmal Geld für das Gehalt des Insolvenzverwalters vorhanden gewesen sei.