Glyphosat-Klagen US-Regierung stellt sich gegen Bayer
Gegenwind für Bayer im Glyphosat-Streit um angebliche Krebsrisiken in den USA: Die US-Regierung hat dem Supreme Court von der Annahme des Antrags auf Abweisung einer wegweisenden Klage abgeraten.
Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer hat im US-Rechtsstreit um mögliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat einen Rückschlag erlitten. Generalstaatsanwältin Elizabeth Prelogar, die die Regierung vor dem Supreme Court vertritt, riet dem Gericht von der Annahme des Antrags auf Abweisung der Klage ab und schlug sich damit auf die Seite des Klägers. Das Verfahren könnte Signalwirkung für viele weitere US-Klagen haben.
Für den DAX-Konzern hängen davon milliardenschwere Rechtsrisiken ab. Konkret geht es um den Antrag auf Abweisung der Klage von Edwin Hardeman, der glyphosathaltige Produkte des von Bayer übernommenen US-Herstellers Monsanto für seine Krebserkrankung verantwortlich macht. Ihm waren 2019 nach einem Gerichtsprozess letztendlich gut 25 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen worden. Das Leverkusener Unternehmen hatte im August die Überprüfung der Entscheidung einer unteren Instanz beim Obersten Gerichtshof eingereicht.
Generalstaatsanwältin auf Seite des Klägers
Doch ob sich das oberste US-Gericht mit dem Fall befasst, ist bislang unklar. Im Dezember hatten die Richter angekündigt, die Meinung der US-Regierung dazu einzuholen, was zunächst als Zeichen des Interesses und somit positiv für Bayer schien.
Die Genehmigung des Unkrautvernichters durch die US-Umweltschutzbehörde EPA ohne Warnung vor bestimmten chronischen Risiken "hebt an sich nicht die Verpflichtung auf, solche Warnhinweise zu geben", schrieb Generalstaatsanwältin Prelongar in der Stellungnahme.
Bayer hofft weiterhin, dass der Supreme Court die Entscheidung kippt. Der Konzern sei überzeugt, dass es gute rechtliche Argumente gebe, den Fall zu überprüfen und das Urteil zu korrigieren, teilte das Unternehmen mit. "Dies bestätigen auch zahlreiche Stellungnahmen, die dazu eingereicht wurden." So habe etwa EPA mehrfach festgestellt, dass glyphosatbasierte Herbizide sicher genutzt werden könnten und nicht krebserregend seien. "Daher wäre eine Krebswarnung auf diesen Produkten falsch und irreführend und wird durch das relevante Bundesgesetz ausgeschlossen", hieß es von Bayer.
Verhindert Bundesrecht Schadensersatzansprüche?
Darüber hinaus hatte Bayer den Antrag an den Supreme Court mit der sogenannten Federal Preemption begründet. Der Konzern vertritt demzufolge die Ansicht, Schadenersatzansprüche wegen angeblich mangelhafter Warnungen vor Krebsrisiken könnten nach einzelstaatlichem Recht nicht bestehen, wenn sie mit Bundesrecht kollidieren. Zudem ist der Konzern der Meinung, die Zulassung von Experten als Zeugen der Klägerseite habe beim Prozess nicht den bundesrechtlichen Standards entsprochen.
Der Bayer-Argumentation, dass Bundesrecht Schadenersatzansprüche in einzelnen US-Staaten verhindere, stimmte die Regierung nicht zu. "Wir haben immer gewusst, dass das Recht auf unserer Seite ist, und nun stimmt die Regierung zu", erklärte die Anwältin von Kläger Hardeman, Jennifer Moore, gegenüber US-Medien. "Es ist ein sehr guter Tag für Krebsopfer in diesem Land, die versuchen, Täter wie Monsanto zur Rechenschaft zu ziehen".
Hardeman war 2015 an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Er wirft Monsanto beziehungsweise Bayer vor, angebliche Gesundheitsrisiken von Glyphosat verschwiegen zu haben. Der Konzern weist die Anschuldigungen zurück und argumentiert mit Studien, die belegen sollen, dass glyphosathaltige Produkte bei vorschriftsgemäßer Anwendung ungefährlich seien.
Roundop "wahrscheinlich krebserregend"
Die vielen Klagen, mit denen Bayer in den USA konfrontiert ist, stützen sich vor allem auf eine Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation. Sie stufte Monsantos Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen ein.
Für den Fall, dass der Supreme Court sich mit dem Glyphosat-Verfahren nicht befassen will oder letztlich gegen Bayer entscheidet, hatte der Konzern im Sommer Rückstellungen von 4,5 Milliarden Dollar gebildet. Mit dem Geld würde dann ein Programm aufgesetzt, um in den kommenden 15 Jahren mit den Forderungen neuer Kläger umzugehen.
Die Probleme und die Klagewelle in den USA rund um den Glyphosat-Unkrautvernichter Roundup hatte Bayer sich 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Monsanto-Kauf aufgehalst.