BGH-Urteil Amazon haftet nicht für Partner-Inhalte
Der Versandriese Amazon muss auch künftig nicht für Inhalte auf seinen Partner-Websites haften - auch wenn es sich um gefälschte Testberichte oder unseriöse Tipps handelt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Über Werbe-Links auf Partnerseiten lockt Amazon potenzielle Käufer zu seinen Produkten. Auch wenn zweifelhafte Partner problematische Inhalte auf ihren Websites bereitstellen, kann der Online-Versandhändler nicht zur Verantwortung gezogen werden. Für eine Haftung lägen die Voraussetzungen nicht vor, urteilte heute der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Geklagt hatte ein Matratzenhersteller. Das Unternehmen störte, dass sich solche Links auch in gefälschten Testberichten und unseriösen Produkttipps finden. Er ist der Ansicht, dass Amazon dafür geradestehen müsste. Im konkreten Fall ging es um ein fragwürdiges Matratzen-Ranking, in dem auch die Matratze des Unternehmens auftauchte.
Partner agieren bei "Affiliate-Links" eigenverantwortlich
Das kostenlose Partnerprogramm von Amazon funktioniert so, dass die angemeldeten Teilnehmer auf ihren eigenen Internetseiten, Blogs oder Twitter-Accounts Links zu Produkten im Amazon-Angebot setzen können. Kommt darüber ein Kauf zustande, zahlt der US-Konzern den Betreibern innerhalb von 24 Stunden eine Vergütung. Je nach Produktkategorie und monatlichem Umsatz kann die Provision bis zu zwölf Prozent betragen. Die Links, die zum Beispiel mit "Bei Amazon kaufen" beschriftet sind, werden "Affiliate-Links" genannt.
"Affiliate" ist Englisch und heißt Partner. Viele von ihnen sind Influencer, die einem Händler einen Kaufinteressenten vermitteln und dafür Geld bekommen. Dieser erhält im Gegenzug mehr Reichweite bei der entsprechenden Zielgruppe und spart gleichzeitig Marketingskosten. Im Fall von Amazon zahlt der Händler, auf dessen Produkte verlinkt wird, die Provision nicht selbst. Allerdings hat er auch keine Möglichkeit, seine Angebote von dem Partnerprogramm auszunehmen.
Auch die Blogger, Influencer und Seiteninhaber bekommen keine Vorgaben von Amazon, auf welche Produkte oder Anbieter sie hinweisen dürfen oder nicht. Sie agieren in Eigenverantwortung. Dagegen wollte das klagende Unternehmen bett1.de vorgehen. Man könne nicht die Umsätze mitnehmen und sich nicht darum scheren, ob der Kunde über betrügerische Seiten komme, sagte Firmengründer Adam Szpyt nach der BGH-Verhandlung im November.
Betreiber vieler Internetseiten kaum herauszufinden
Bett1.de verklagt Amazon nicht zum ersten Mal, war vor mehreren Oberlandesgerichten aber erfolglos. Auch die obersten Zivilrichterinnen und -richter in Karlsruhe waren in der Verhandlung eher skeptisch, ob die Voraussetzungen für eine Haftung von Amazon vorliegen. So seien die Partner nicht verpflichtet, Links zu Amazon zu setzen, dürften parallel auch an anderen Partnerprogrammen teilnehmen und verlinkte Produkte auch negativ besprechen.
Die Teilnahmebedingungen von Amazon sehen vor, dass keine falschen oder irreführenden Angaben über Produkte und Dienstleistungen gestattet sind. Für die Einhaltung sind die Partner aber selbst verantwortlich. Der Anwalt des Onlinehändlers vor dem BGH sagte, es gebe weder Weisungsmöglichkeiten noch inhaltliche Vorgaben.
Nun kann bett1.de weiterhin nur gegen einzelne Seitenbetreiber vorgehen. Laut Geschäftsführer Szpyt ist das aber so gut wie unmöglich: Bei den "Fake-Testseiten" werde dann einfach alle paar Tage im Impressum die Adresse geändert.
Az. I ZR 27/22