Wie Unternehmen Energie sparen Ökostrom, Kühldecken und Homeoffice
In Deutschland versuchen Firmen aktuell, auch über viele kleine Maßnahmen Energie zu sparen. Andere profitieren von bereits umgesetzten energetischen Verbesserungen.
Von Antonia Mannweiler, tagesschau.de
Jede eingesparte Kilowattstunde Energie zählt für den kommenden Winter, der eine Versorgungsnotlage mit sich bringen könnte. In vielen deutschen Haushalten wird daher bereits Strom oder Warmwasser gespart. Doch auch in den Büros der Bundesrepublik, die aufgrund der Sommerferien oder coronabedingt aktuell dünn besetzt sind, muss in den nächsten Wochen und Monaten kräftig gehaushaltet werden.
Von energetischen Maßnahmen profitieren
Wie wird etwa in den Büroräumen des größten Wohnungskonzerns Deutschlands Energie gespart? Vonovia hatte schließlich bereits angekündigt, die Temperaturen seiner mehr als 500.000 Wohnungen nachts sukzessive abzusenken. Zwischen 23 und sechs Uhr morgens wird dann die Heizleistung reduziert. "Durch die Nachabsenkung können wir bis zu acht Prozent des Heizaufwands einsparen", heißt es von Vonovia-Chef Rolf Buch dazu gegenüber tagesschau.de.
Man prüfe derzeit, wie man in den eigenen Büros Energie einsparen könne, heißt es schlicht vom Wohnungskonzern. Das Unternehmen sei dabei schon in Vorleistung getreten: Im Laufe der Jahre habe man die Energieversorgung in den Immobilienbeständen schrittweise auf Ökostrom umgestellt, sagt Vonovia. Durch die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Firmenzentrale könne sich das Unternehmen zu einem großen Teil selbst mit Energie versorgen.
Kühldecken in der Commerzbank-Zentrale
Auch in den Frankfurter Bankentürmen, in denen noch bis tief in die Nacht Lichter brennen, gibt es Vorschläge, wo noch Energie gespart werden kann. Es gebe noch viele Ideen, was man alles machen könnte, heißt es von Deutschlands zweitgrößtem Geldhaus, der Commerzbank. Noch aber profitiert man von energetischen Maßnahmen, die schon vor einiger Zeit umgesetzt wurden.
In der Zentrale der Commerzbank sind etwa Kühldecken angebracht, die wie umgedrehte Heizungen funktionieren. Gekühltes Wasser wird durch die Decken geleitet mit dem Ziel, die Gebäude knapp sechs Grad unter die Außentemperatur zu kühlen. Durch die Modernisierung von Lüftern im Dienstleistungszentrum in Frankfurt spare man rund eine Million Kilowattstunden (kWh) ein, heißt es von der Bank. Auch habe man schon vor drei Jahren damit begonnen, im Commerzbank-Tower moderne LED-Leuchtmittel zu verbauen. Das spare jährlich etwa 800.000 kWh. Der jährliche Energie-Durchschnittsverbrauch je Haushalt in Deutschland liegt laut dem Statistischen Bundesamt bei rund 17.700 kWh im Jahr. Einsparungen von 1,8 Millionen kWh könnten den Energiebedarf von knapp 100 Haushalten in Deutschland decken.
Die Bank weist auch darauf hin, dass das Geldhaus in den meisten Sanitärräumen in Deutschland auf Warmwasser beim Händewaschen verzichtet. Für die WC-Spülung im Commerzbank-Turm werde aufbereitetes Abwasser der Kühltürme verwendet.
Wachsender Energiespardruck
Der Druck auf die Unternehmen, energiesparende Maßnahmen schnell umzusetzen, steigt - auch seitens der Politik. In einem Interview des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland im vergangenen Monat sagte er, ganze Bürotürme auf mehr als 20 Grad zu heizen, wenn nur drei Menschen drinsäßen, werde man sich nicht leisten können. Es wäre fatal, Büros bis 23 Uhr zu heizen und gleichzeitig ganze Industriezweige zu zerstören. Auch die verstärkte Nutzung des Homeoffice wird als mögliches Mittel gesehen, in den Büros Energie zu sparen.
Den Daten der Deutschen Energie-Agentur (dena) zufolge lag der gesamte Energieverbrauch aller Büro- und Verwaltungsgebäude für Heizung, Warmwasser, Beleuchtung und Kühlung im Jahr 2018 bei rund 65 Terawattstunden im Jahr. Der durchschnittliche Energieverbrauch bei Bürogebäuden liegt bei 136 kWh pro Quadratmeter. Im Jahr 2013 wurde dabei noch die meiste Energie in den Büros für die Raumwärme genutzt - mit einem Anteil von 70 Prozent. Für die Beleuchtung wurde 13 Prozent des Energiebedarfs fällig, für die Informations- und Kommunikationstechnologie elf Prozent.
TeamViewer prüft Lichtsparmaßnahmen
In letzterem Bereich arbeitet der schwäbische Softwarehersteller TeamViewer. Aus der Ferne lässt sich mit dem Programm des Unternehmens auf andere Bildschirme zugreifen. Im Zuge der drohenden Versorgungskrise mit Energie und Gas wolle man als Unternehmen seinen Teil zu den Einsparungen beitragen, heißt es von TeamViewer gegenüber tagesschau.de.
Man prüfe derzeit eine Reihe von Maßnahmen, mit denen man akute Einsparungen erzielen könne. Dazu gehört zum Beispiel eine reduzierte Regulierbarkeit von Klimaanlagen, Lichtsparmaßnahmen und die Anpassung der maximalen Heizleistung. Das Unternehmen steht zudem in engem Austausch mit Vermietern, Verwaltern und Gebäudetechnikern, um "unseren Energieverbrauch weiter zu senken".
Mit dem hybriden Arbeitsmodell und bis zu 50 Prozent Homeoffice, so TeamViewer, trage es ebenfalls dazu bei, den Energieverbrauch durch geringere Pendelei zu reduzieren. Das Unternehmen befasse sich aber seit Jahren mit der Messung und Reduktion des eigenen CO2-Fußabdrucks und Energieverbrauchs. Allein im vergangenen Jahr habe man die Emissionen, die direkt den Bürogebäuden und den Mitarbeitern zugeschrieben werden können, um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr reduziert.
Je nachdem, wann die Büroimmobilien errichtet wurden, kann sich dabei der Energiebedarf fossiler Quellen stark unterscheiden. Ältere Büro- und Verwaltungsimmobilien, die vor dem Jahr 2005 gebaut wurden, werden etwa noch zum großen Teil mit Öl und Gas betrieben (77 Prozent). Für die neueren Immobilien ist der Anteil der fossilen Energieträger dagegen auf immerhin knapp die Hälfte gesunken. Insgesamt gab es in Deutschland im Jahr 2015 rund 324.000 Büro- und Verwaltungsgebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 382 Millionen Quadratmeter.
Maßnahmenkatalog der Deutschen Bank
Auch die Deutsche Bank hat einen Katalog an Maßnahmen definiert, der je nach Szenario umgesetzt werden könne. Die Entscheidungen der Bundesnetzagentur hätten darauf einen wichtigen Einfluss. "Wir unterstützen die Bundesregierung in ihrem Bestreben, kurz- und langfristig Energie zu sparen, und haben unser Immobilienportfolio bereits in den vergangenen Monaten den veränderten Anforderungen angepasst", heißt es von dem Kreditinstitut. Das gelte vor allem im Bereich mobiles Arbeiten.
BMW sensibilisiert Mitarbeiter
Der Münchener Automobilkonzern BMW bereitet sich aktuell auf einen möglichen Gasmangel vor, der die deutsche Industrie hart treffen würde. Dabei geht es laut dem DAX-Konzern sowohl um die eigenen Standorte als auch um das Lieferantennetzwerk. Grundsätzlich seien für einen begrenzten Zeitraum dann unter bestimmten Voraussetzungen weitere Einsparungen des Gasverbrauchs möglich - ohne die Versorgungssicherheit der deutschen Standorte zu gefährden. Was die eigenen Büroräume angeht, dazu gab sich BMW jedoch bedeckter. Es liefen viele interne Gespräche dazu. "Aber natürlich haben wir unabhängig davon die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter grundsätzlich sensibilisiert, Energie zu sparen."
Ein Unternehmen äußerte gegenüber tagesschau.de, dass viele Maßnahmen, die den Arbeitsplatz betreffen, der Zustimmung des Betriebsrats bedürften. Einfach die Temperatur herabzusetzen sei daher nicht immer so schnell und einfach möglich.
Frankfurter Flughafen will 15 Prozent Energie sparen
Unternehmen wie der Flughafenbetreiber Fraport werden da konkreter. Man arbeite derzeit an zahlreichen Maßnahmen, um kurz- bis mittelfristig Energie zu sparen, sagt Pressesprecher Christian Engel. Damit soll der Energieverbrauch insgesamt um etwa 15 Prozent sinken. Einige Maßnahmen wurden bereits umgesetzt. Die Umluftzufuhr in den Terminals wurde bereits reduziert. "Dadurch dringt im Sommer weniger warme Luft ein, was den Aufwand bei der Klimatisierung senkt." Auch die nicht zwingend für den Flugbetrieb benötigten Anlagen werden abgeschaltet, so Engel.
Den kommenden Winter habe man dabei aber schon fest ins Visier genommen. Dann werden sich die Maßnahmen darauf richten, weniger Heizenergie anzuwenden. Dazu werde man die Raumtemperatur in den Terminals und in den Büros reduzieren. Man orientiere sich dabei aber an den Mindestvorgaben aus der geltenden Arbeitsstättenrichtlinie. Unter den Minimalwert von 20 Grad sollte die Temperatur also nicht fallen.
Neues Kältekonzept für IHK
In den Räumlichkeiten der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt, zu denen auch die Börse in Frankfurt zählt, wurde die Gebäudekühlung durch ein neues Kältekonzept geplant. Mitte des Monats ist die Umsetzung geplant. "Hierbei werden alle installierten Kälteanlagen in eine zentrale Verteilung zusammengeführt und anschließend wieder an die Verbraucher geführt." Das führe zu Energieeinsparungen der vorgehaltenen Stromleistung von 300 kW.
In den kommenden Monaten hat die IHK noch weitere energiesparende Maßnahmen geplant. Dazu zählt der Umbau der Lüftungsanlagen sowie eine neue Gebäudeleittechnik, um die Lüftungs- und Kälteanlagen zu optimieren. Im Winter sollen die Lüftungsanlagen nur nach Bedarf gefahren werden, beispielsweise in großen Veranstaltungsräumen. Plan sei es, die Grundleistung um 300 kW zu senken.
Energiebonus für Mitarbeiter der Deutschen Bahn
Der Mobilitätskonzern Deutsche Bahn setzt beim Energiesparen auch auf die Motivation seiner Mitarbeiter. Die Angestellten erhalten als Anreiz jeweils einen Energiebonus von 100 Euro - wird mehr Energie eingespart, stockt die Bahn die Extrazahlung auf 150 Euro auf. Die Energiespaßmaßnahmen können sich dabei auf das Heizen, die Klimaanlagen-Nutzung oder das Tanken beziehen.
Nach eigenen Aussagen liegt der jährliche Strombedarf der Deutschen Bahn bei zehn Milliarden kWh, damit ist der Konzern der größte einzelne Stromabnehmer Deutschlands. Der Anteil von Erdgas lag im Strommix bei sechs Prozent, von Kohle bei mehr als 20 Prozent. Erneuerbare Energien machten im vergangenen Jahr rund 62 Prozent aus.