UN-Appell an Twitter-Chef Musk soll Menschenrechte achten
Nach Berichten über die Entlassung aller Ethik-Experten bei Twitter mahnen die UN die Wahrung der Menschenrechte durch den Konzern an. Für die Verifizierung von Accounts ist künftig ein Abo Voraussetzung, das ab heute angeboten wird.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat den neuen Twitter-Eigentümer Elon Musk dazu aufgerufen, die Menschenrechte auf der Online-Plattform zu schützen. Berichte, wonach diese Woche fast alle Experten für Menschenrechte und Ethik bei Twitter gefeuert wurden, seien "kein ermutigender Auftakt" von Musks Ära bei Twitter, schrieb er dem Technologie-Milliardär in einem offenen Brief.
"Twitter ist Teil einer globalen Revolution, die unsere Kommunikation revolutioniert hat. Aber ich schreibe mit Sorge und Unbehagen über unsere digitale Öffentlichkeit und die Rolle, die Twitter darin spielt", schrieb Türk.
Menschenrechte müssten unter Musks Führung eine zentrale Rolle in dem Unternehmen einnehmen, forderte der österreichische UN-Diplomat. Twitter solle auch weiterhin Verantwortung übernehmen, um Desinformation und Hetze zu bekämpfen.
Türk erinnerte daran, dass Hass im Netz und Falschinformationen zu Corona-Impfungen bereits konkrete Schäden angerichtet hätten. Gleichzeitig müsse Twitter auch die Redefreiheit vor Regierungen schützen, die dieses Recht einschränken wollten, schrieb er.
Auch SPD sieht Gefahr für Meinungsfreiheit
Auch von deutscher Seite gibt es Bedenken nach der Übernahme des Kurzbotschaftendienstes. "Dass Twitter jetzt von jemandem übernommen wird, der das Netzwerk noch mal viel stärker politischer einsetzen will, halte ich für hochproblematisch", sagte SPD-Parteichef Lars Klingbeil gegenüber dem "Handelsblatt". Er forderte ein konsequentes Handeln von Behörden, sollte "die Meinungsfreiheit weiter angegriffen werden".
Skepsis äußerte auch Jens Zimmermann, Digitalpolitiker der SPD. Nach den massiven Kündigungen bei Twitter bezweifelte er, dass mit solch einer reduzierten Belegschaft die in Europa geltenden "gesetzlichen Anforderungen an die Moderation von Inhalten" eingehalten werden könnten, ebenso wie der nötige "Umgang mit Beschwerden".
Ex-Chef entschuldigt sich für jetzige Entlassungen
Musk hatte Twitter Ende Oktober für 44 Milliarden Dollar (rund 44 Milliarden Euro) übernommen. Eine Woche nach der Übernahme entließ Twitter am Freitag rund die Hälfte seiner 7500 Angestellten. Twitter-Mitgründer und Ex-Chef Jack Dorsey übernahm dafür jetzt Verantwortung. "Ich habe das Unternehmen zu rasch wachsen lassen", schrieb er auf Twitter. "Dafür entschuldige ich mich."
Musks widersprüchliche Signale zur Ausrichtung von Twitter haben große Werbekunden wie Volkswagen, den Pharmakonzern Pfizer oder den Lebensmittelriesen Mondelez verschreckt, die ihre Anzeigen nicht neben negativen Inhalten sehen wollen. Twitter erwirtschaftete mit Werbung zuletzt mehr als 90 Prozent seiner Einnahmen.
Der Milliardär betonte einerseits, dass die Inhalte-Regeln der Plattform weiterhin gelten. Andererseits kritisierte er wiederholt einen Mangel an Redefreiheit bei Twitter.
Twitter Blue auf den Weg gebracht
Unterdessen brachte Twitter in den USA und mehreren anderen Ländern das von Musk angekündigte neue Abo-Angebot für acht Dollar pro Monat auf den Weg. Auf Apple-Geräten mit dem Betriebssystem iOS wurde am Samstag in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Großbritannien ein Update verfügbar. Darin wurden Nutzer aufgerufen, sich für 7,99 Dollar für Twitter Blue anzumelden, um damit letztlich auch das blaue Häkchen neben dem Namen zu bekommen, das bisher verifizierten Nutzern vorbehalten war.
"Euer Account wird den blauen Haken bekommen; genauso wie die Prominenten, Unternehmen und Politiker, denen ihr bereits folgt", heißt es im Text zu dem Update.
Branchendiensten zufolge waren die vollen Funktionen des Abo-Modells inklusive Verifikationshäkchen aber zunächst noch nicht freigeschaltet. Auch Twitter-Produktmanagerin Esther Crawford schrieb: "Das neue Blue ist noch nicht live". Einige Updates seien in Echtzeit aber vielleicht schon zu sehen, fügte sie hinzu. Auch bestehende, verifizierte Accounts verloren noch nicht ihre Häkchen, mit denen bisher die Echtheit eines Profils garantiert wurde.