Abstimmung im griechischen Parlament Athen verabschiedet zweites Reformpaket
Das griechische Parlament hat auch dem zweiten Teil der von den Geldgebern geforderten Reformen zugestimmt. Der Weg für Gespräche über ein neues Hilfspaket ist damit frei. Allerdings war Ministerpräsident Tsipras erneut auf Stimmen der Opposition angewiesen.
Auf dem Weg zu neuen Milliarden-Krediten hat Griechenland eine weitere Hürde genommen: Das Parlament hat mehrheitlich für ein zweites Reformpaket für das hoch verschuldete Land gestimmt. Ministerpräsident Alexis Tsipras kann nun mit den internationalen Kreditgebern über ein drittes Rettungsprogramm verhandeln.
Erneut keine eigene Mehrheit
Die Tsipras-Regierung war bei der Abstimmung erneut auf die Stimmen der Opposition angewiesen. 230 Abgeordnete im Parlament mit seinen 300 Sitzen stimmten für die Reformmaßnahmen, wie das Parlamentspräsidium mitteilte.
Die Koalition aus dem Linksbündnis Syriza und den Rechtspopulisten verfehlte bei der Abstimmung Medienberichten zufolge eine eigene Mehrheit - wie auch vergangene Woche bei einem ähnlichen Votum über die Mehrwertsteuer- und Rentenreform. Es habe 36 Abweichler in der Syriza-Fraktion gegeben. Von ihnen stimmten 31 mit Nein, fünf enthielten sich, wie das Staatsfernsehen berichtete.
In der Debatte vor der Abstimmung gestand Tsipras Fehler bei den Verhandlungen mit den Gläubigern ein. "Wir haben Fehler gemacht, aber wir sind stolz, dass wir gekämpft haben. Dieser Kampf wird nicht verloren gehen", sagte Tsipras im Parlament.
Der Regierungschef sagte, er habe schwierige Entscheidungen treffen und einen Kompromiss akzeptieren müssen. Die anderen Optionen seien der "Schäuble-Plan" mit einem vorübergehenden Austritt aus der Eurozone oder der unkontrollierte Bankrott gewesen. Er habe sich für die schmerzhafte Lösung des neuen Sparprogramms entschieden.
Tsipras will weitermachen
Tsipras schloss einen Rücktritt aus. "Die Präsenz der Linken in dieser Regierung geht nicht um das Streben nach Ämtern, es ist eine Bastion, von der wir für die Interessen des Volkes kämpfen", so Tsipras. "Und was mich betrifft, ich werde diese Bastion nicht verlassen, zumindest mit meinem eigenen freien Willen."
Nun stehe eine neue Verhandlung über ein neues Hilfsprogramm bevor. Griechenland könnte 86 Milliarden Euro erhalten und damit seine Finanzierung für die nächsten drei Jahre garantiert bekommen. Zudem werde es bald Gespräche über die Umstrukturierung des griechischen Schuldenberges geben, sagte Tsipras weiter.
Zur Abstimmung im Parlament standen eine Banken- und eine Justizreform, die EU-Recht umsetzen, Risiken für Steuerzahler mindern und Kosten senken sollen. Die rasche Verabschiedung war Teil der Vereinbarung Griechenlands mit den anderen 18 Euro-Staaten und Voraussetzung dafür, dass überhaupt über das anvisierte dritte Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro verhandelt wird.
Wenig Zeit für die griechische Regierung
Tsipras steht nach wie vor unter Zeitdruck: Er will neue Hilfen bis 20. August realisieren, weil dann weitere Milliardenzahlungen an die Europäische Zentralbank fällig werden. Der Regierungschef selbst hatte die Bedingungen der Kreditgeber lange vehement abgelehnt, Mitte Juli dann aber doch zugestimmt, um den Bankrott seines Landes und das Ausscheiden aus dem Euro abzuwenden.
In seiner Partei trifft die Kehrtwende jedoch auf Ablehnung. Einige Genossen werfen Tsipras Verrat vor. Schon für das erste Reformpaket - darunter die drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer - fehlte vergangene Woche die Unterstützung vieler Syriza-Abgeordneter.
Rentenreform vertagt
Die ursprünglich ebenfalls für Mittwoch anvisierte Verabschiedung von Renteneinschnitten wurde vertagt. Diese müssten zunächst weiter geprüft werden, sagte Finanzminister Euklid Tsakalotos. Diese Reform war allerdings in der Schuldenvereinbarung auch noch nicht für den 22. Juli vorgeschrieben.
Vor dem Parlament hatten sich am Abend mehrere tausend Griechen zu Protesten gegen weitere Sparmaßnahmen versammelt. Die Polizei sprach von rund 6000 Teilnehmern. Der größte Demonstrationszug mit rund 5000 Teilnehmern folgte einem Aufruf der Gewerkschaftsfront der Kommunistischen Partei, Pame. Die Polizei riegelte das Parlamentsgebäude ab, nachdem es in der vergangenen Woche bei einer Demonstration schwere Auseinandersetzungen gegeben hatte.
Bei dem zweiten Reformpaket geht es einerseits um eine Überarbeitung der Zivilprozessordnung und andererseits um eine EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken. Das Gesetz zur Umsetzung dieser Vorgaben legt fest, dass künftig zuerst die Aktionäre und Gläubiger eines Geldhauses einspringen müssen, bevor Steuergelder zur Rettung eingesetzt werden. Gleichzeitig sind Sparguthaben bis 100.000 Euro sicher. Bei Geldanlagen über dieser Grenze sollen die Kontoinhaber aber wie Aktionäre die Sanierung maroder Banken mitfinanzieren. Die Justizreform soll Gerichtsverfahren beschleunigen. Das gilt insbesondere für Verfahren, bei denen Immobilienbesitzer ihre Kredite an Banken nicht mehr zurückzahlen können. In solchen Fällen sollen sie schneller ihre Häuser oder Wohnungen an die Banken verlieren.