Abstimmung über Sparpaket in Athen Wer stellt sich gegen Tsipras?
Im griechischen Parlament steht in der Nacht der zweite Teil der Sparauflagen zur Abstimmung. Es geht um Reformen im Justiz- und Bankenwesen. Ein großer Teil der Opposition wird mit Premier Tsipras stimmen. Problematisch sind Abweichler in den eigenen Reihen.
Für Alexis Tsipras steht die nächste Machtprobe an. Die Frage lautet: Welche Mehrheiten wird er am späten Abend bekommen, wenn im Parlament über das zweite Maßnahmenpaket der Regierung abgestimmt wird? Die Stimmen der Opposition hat Tsipras in großen Teilen sicher, so wie vergangene Woche auch.
Doch wie viele seiner eigenen Abgeordneten werden mit Nein votieren? Hinter den Kulissen laufen intensive Gespräche, um wenigstens jene sechs Abweichler, die sich vergangene Woche enthalten hatten, umzustimmen. Tsipras Argumente: Es gibt für Syriza keinen anderen Weg und Syriza ist die einzige Partei, die die Maßnahmen sozialverträglich umsetzen kann.
Der Appell des Syriza-Abgeordneten Sokratis Famellos im Athener Parlament richtet sich vor allem an die eigenen Reihen: "Wir werden nicht akzeptieren, dass diese Regierung fällt. Das Puzzle darf nicht von jenen zu Ende zusammengefügt werden, die das alte korrupte System repräsentieren. Wir werden nicht erlauben, dass Griechenland von jenen Kräften regiert wird, die es hierher gebracht haben."
Keine Alternative zu Tsipras
Tsipras gibt sich stark. Er hat sich auch klar gegen die linke Plattform innerhalb von Syriza positioniert und gegen den ehemaligen Finanzminister Yanis Varoufakis, der ebenfalls querschießt.
Niemand solle sich hinter der Sicherheit von Tsipras' Unterschrift verstecken, so der Regierungschef. Wer andere Lösungen habe, solle sie präsentieren. Der Riss in der eigenen Partei ist also groß.
Der Popularität von Tsipras schadet dies hingegen nicht. Nach wie vor ist er bei der Mehrheit der griechischen Bevölkerung beliebt. Der Schriftsteller Petros Markaris erklärt es so: "Tsipras ist stark im Inland, auch weil die Opposition keine Politiker hat, die Tsipras herausfordern könnten."
Höhere Besteuerung von Bauern verschoben
Bei der Abstimmung heute Nacht geht es nicht um Sparpläne, sondern um Reformen in Justiz- und Bankenwesen, unter anderem um die Beschleunigung von Gerichtsverfahren und um die Sicherheit von Sparguthaben bis zu 100.000 Euro.
Ein Gesetz, das zu einer höheren Besteuerung der Bauern führen sollte, ließ Tsipras aus der Tagesordnung nehmen. Die Widerstände waren zu heftig, es wird erneut beraten. Für den Terminplan in Richtung Hilfspaket ist dieser mögliche Punkt auch nicht entscheidend.
Bevölkerung wünscht sich Stabilität
Tsipras lässt die Möglichkeit von Neuwahlen offen, sollte ihm die Gefolgschaft im Parlament von einem Teil der eigenen Leuten nach wie vor verweigert werden. Doch die meisten Griechen wollen keine erneuten Wahlen. Sie wünschen sich eine Rückkehr zu Normalität und Stabilität.
Alle sollen an einem Strang ziehen, sagt der 35-jährige Jannis: "Ich wünsche mir als Regierung eine Art Nationalmannschaft von Griechenland. Sie sollen endlich gemeinsam handeln. Wir haben alle paar Monate, alle paar Jahre Wahlen. Ständig ändern sich die Strategien. Es fehlt eine nationale Strategie, ob im Tourismus, in der Gesundheit, in der Bildung. Die Politiker sollen nicht an ihre Posten denken, sondern sich zusammensetzen, um Lösungen zum Wohl des Landes zu finden.
Bei dem zweiten Reformpaket geht es einerseits um eine Überarbeitung der Zivilprozessordnung und andererseits um eine EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken. Das Gesetz zur Umsetzung dieser Vorgaben legt fest, dass künftig zuerst die Aktionäre und Gläubiger eines Geldhauses einspringen müssen, bevor Steuergelder zur Rettung eingesetzt werden. Gleichzeitig sind Sparguthaben bis 100.000 Euro sicher. Bei Geldanlagen über dieser Grenze sollen die Kontoinhaber aber wie Aktionäre die Sanierung maroder Banken mitfinanzieren. Die Justizreform soll Gerichtsverfahren beschleunigen. Das gilt insbesondere für Verfahren, bei denen Immobilienbesitzer ihre Kredite an Banken nicht mehr zurückzahlen können. In solchen Fällen sollen sie schneller ihre Häuser oder Wohnungen an die Banken verlieren.