Griechenland wieder auf dem Troika-Prüfstand Eher Rück- als Fortschritte
Anfang nächster Woche sollen die Experten von EU, IWF und EZB in Athen wieder mal nach dem Rechten sehen. Aber schon jetzt ist klar, dass es in Griechenland eher Rück- als Fortschritte gibt. Auch die Verhandlungen über einen Schuldenerlass der Banken stecken fest.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Für Griechenland läuft es gar nicht gut. Das haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am vergangenen Montag bei ihrem Treffen in Berlin auch feststellen müssen. Und deswegen schickte Merkel eine deutliche Warnung Richtung Athen: "Wir haben immer gesagt, die Umschuldung Griechenlands ist ein Angebot, die Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern. Allerdings muss Griechenland seine Verpflichtungen gegenüber der Troika auch wirklich umsetzen."
Steuern eintreiben scheitert an der Struktur
Doch schon jetzt ist klar, dass die Experten von EU, Internationalem Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank, wenn sie Anfang kommender Woche nach Griechenland fliegen, kaum Fortschritte, sondern eher Rückschritte feststellen werden. Die Wirtschaftsleistung Griechenlands schrumpft im fünften Jahr hintereinander. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordhoch.
Daniel Gros vom Brüsseler Centre for European Policy Studies befindet: "In Griechenland ist die Entwicklung eigentlich ziemlich kontinuierlich, nämlich kontinuierlich schlecht." Regelmäßig würden die Vorgaben der Troika nicht eingehalten - nicht so sehr, weil es am politischen Willen fehle, "sondern einfach, weil die Strukturen nicht da sind, um politischen Willen auch an der Front umzusetzen." Das heiße auch, die Steuern einzutreiben.
Finanzbehörden ohne messbare Fortschritte
Es gibt kaum messbare Fortschritte bei den griechischen Finanzbehörden. Die Privatisierung staatlichen Eigentums stockt. Und trotzdem soll die Delegation von EU, IWF und Europäischer Zentralbank nächste Woche wieder ernsthaft prüfen, ob Griechenland auf dem richtigen Weg ist. Nur dann dürfte die nächste Kreditzahlung von fünf Milliarden Euro nach Athen fließen. Ohne dieses Geld ist Griechenland im März pleite.
Das Urteil der Troika hat aber auch Auswirkungen auf die Verhandlungen über die mittelfristigen Kreditzahlungen an Griechenland, das zweite Griechenland-Hilfspaket, das nach einem EU-Marathon-Gipfel im vergangenen Oktober geschnürt wurde. Kernpunkt ist ein Schuldenerlass der Banken von 50 Prozent. Darüber wird in Athen gerade mit Hochdruck verhandelt. Griechische Regierungsvertreter und die EU betonen, dass man gut vorankomme. Aus Bankerkreisen ist das Gegenteil zu hören.
"Auf die Banken können die Regierungsvertreter erheblichen Einfluss und Druck ausüben, auf die Hedgefonds leider nicht", so Finanzexperte Gros. "Und die Hedgefonds kaufen gerne immer die Anleihen, die in ein paar Monaten fällig werden und verzögern dann eine Einigung, so nach dem Motto: Ihr werdet ja wohl nicht wegen der paar Milliarden eine formale Insolvenz erlauben. Darauf spekulieren sie und deswegen verlaufen diese Verhandlungen sehr schleppend."
Noch wollen wir Griechenland im Euro-Raum
100 Milliarden Euro Schuldenerlass durch die Griechenland-Gläubiger sollen am Ende der Verhandlungen stehen. Wenn zu viele Hedgefonds nicht mitziehen, geht der Plan der EU zur Rettung Griechenlands nicht mehr auf und es muss nachverhandelt werden. Das will Merkel vermeiden: "Die freiwillige Umschuldung Griechenlands muss vorangetrieben werden, denn ansonsten wird es nicht möglich sein, die nächste Tranche für Griechenland auszuzahlen. Wir wollen das aber. Wir wollen, dass Griechenland im Euro-Raum bleibt." "Noch wollen wir das", wäre wohl die ehrlichere Formulierung der Kanzlerin gewesen. Ein Austritt der Griechen aus der Eurozone ist bei ihren Gesprächen mit Sarkozy sicher kein Tabu-Thema mehr.