Hohe Spritsteuern und Anreize Neun von zehn Neuwagen in Norwegen sind E-Autos
In Norwegen sind mittlerweile mehr Elektroautos auf den Straßen unterwegs als Benziner. Neun von zehn Neuwagen waren 2024 elektrisch. In der EU läuft es dagegen weiter schlecht. Was machen die Skandinavier besser?
In Norwegen werden Diesel- und Benzinautos zum Auslaufmodell. Inzwischen sind fast neun von zehn verkauften Neuwagen Elektroautos, wie aus Daten der Straßenverkehrsbehörde hervorgeht. 2024 wurden fast 90 Prozent der verkauften Neuwagen ausschließlich von einem Elektromotor angetrieben. Ihr Anteil lag mit 88,9 Prozent um 6,5 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Damit ist das skandinavische Land fast an seinem Ziel, ab diesem Jahr nur noch Elektroautos neu zu verkaufen.
Großes Paket aus Anreizen
"Norwegen wird das erste Land der Welt sein, das Diesel- und Benzinfahrzeuge so ziemlich vom Neuwagenmarkt nimmt", sagte Christina Bu, Chefin des norwegischen Elektroauto-Verbandes. Das ölreiche Land im Norden Europas ist damit neben China Vorreiter bei der Elektromobilität. Es hat es sich zum Ziel gesetzt, von 2025 an nur noch Elektroautos neu auf den Markt zu bringen. Die meistverkaufte Marke war Tesla, gefolgt von Volkswagen und Toyota.
In Norwegen werden hohe Zulassungssteuern auf Verbrennerfahrzeuge erhoben, während Elektroautos von derartigen Abgaben ausgenommen sind und weitere Steuererleichterungen gelten. Nach Einschätzung von Experten funktioniert diese Strategie auch deswegen, weil sie über lange Zeit beibehalten wurde.
"In anderen Ländern sehen wir es häufig, dass Steuervergünstigungen zuerst beschlossen und dann wieder zurückgenommen werden", so Bu. Das sieht auch die Regierung so: "Das ist die wichtige Lektion: Stelle ein großes Paket an Anreizen zusammen und mache es langfristig vorhersehbar", erklärte Vize-Verkehrsministerin Cecilie Knibe Kroglund.
Keine mächtige Autolobby in Norwegen
Zugute kommt Norwegen auch, dass in dem Land selbst keine Autos gebaut werden - und es daher keine mächtige Autolobby gibt. "Deswegen war es in der Vergangenheit leicht, sehr hohe Steuern auf Autos zu verhängen", sagte Ulf Tore Hekneby, Chef des größten norwegischen Fahrzeugimporteurs Harald A. Moeller. Bu sieht es als weiteren Erfolgsfaktor an, dass die norwegische Regierung auf Anreize und nicht auf Verbote setzt. "Das hätte die Leute nur verärgert, niemand lässt sich gerne sagen, was er machen muss."
In der Europäischen Union (EU) läuft die Autolobby Sturm gegen das Verbrenner-Aus ab 2035. Vor allem BMW-Chef Oliver Zipse kritisiert die Entscheidung immer wieder und verweist unter anderem auf die Gefahr, dass Europa dann abhängig von chinesischen Zulieferern werden könnte. Dazu kommt das Risiko, dass der Automarkt einbricht, weil sich kurz vor Ablauf dieser Frist Käufer mit Verbrennern eindecken und danach vor dem Kauf von Neuwagen zurückscheuen.
In der EU schwächelt der Elektroautomarkt derzeit, der Absatz der Fahrzeuge geht zurück. Vor allem das abrupte Aus der Umweltprämie in Deutschland ließ die Nachfrage nach derartigen Fahrzeugen einbrechen. Zugleich gelten seit diesem Jahr strengere CO2-Flottengrenzwerte. Fachleute gehen davon aus, dass diese Grenzwerte ohne einen höheren Anteil von Elektroautos nicht eingehalten werden können und vielen Herstellern damit Strafzahlungen drohen.
Immer mehr Elektro-Ladepunkte
Auch wenn die Umstellung auf dem Gebrauchtwagenmarkt länger dauert, sind die Ergebnisse auf den Straßen in Norwegen sichtbar. Schon jetzt ist der Anteil von Elektroautos größer als der von Benzinfahrzeugen, lediglich Dieselautos sind in dem weiten Land noch stärker vertreten.
Das zeigt sich an Tankstellen, an denen immer mehr Elektro-Ladepunkte installiert werden. "Innerhalb der nächsten drei Jahre werden wir mindestens so viele Ladesäulen wie Pumpstellen haben", sagte Anders Kleve Svela, Manager beim größten Tankstellenbetreiber Circle K. "In wenigen Jahren werden mehr als die Hälfte der Autos in Norwegen elektrisch angetrieben werden. Wir müssen unsere Aktivitäten darauf ausrichten."
Und dennoch bleiben einige Kundengruppen auch bei Neuwagen den Verbrennern treu. "Die wichtigsten Käufer von Verbrennern sind Mietwagenfirmen, weil viele Touristen nicht mit Elektroautos vertraut sind", sagt Hekneby.