Griechenland-Taskforce stellt ersten Bericht vor Beraterteam mit Herkulesaufgabe
Derzeit wartet der griechische Staat auf 60 Milliarden Euro nicht gezahlter Abgaben - diese Zahl geht aus dem ersten Bericht der EU-Taskforce hervor, den deren Leiter Horst Reichenbach vorstellte. Nicht nur deswegen gleicht die Aufgabe des Beraterteams den zwölf Prüfungen des Herkules.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Aufgabe von Horst Reichenbach hat etwas von den zwölf Prüfungen, die der griechische Sagenheld Herkules erfüllen musste. In fast allen Bereichen unterstützt seine Taskforce Griechenland dabei, die tiefe Krise zu überwinden.
An zwei Zielen richtet der deutsche Chef des Teams seine Arbeit aus: "Erstens, Griechenland zurückzubringen zu wirtschaftlichem Wachstum und mehr Beschäftigung. Und zweitens, die Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern."
Hilfe in allen Bereichen nötig
Die Experten aus Reichenbachs Team sollen den Griechen helfen, ihre Finanzen in den Griff zu bekommen. Ganz oben auf der Liste steht das Steuersystem. Die Behörden sollen effektiver werden beim Eintreiben von Steuern - derzeit wartet der griechische Staat auf 60 Milliarden Euro an nicht gezahlten Abgaben, heißt es im ersten Bericht der EU-Beratergruppe. Auch die Kontrolle der Ausgaben will die Taskforce verbessern. Und die Zusammenarbeit von Ministerien und Verwaltung insgesamt soll in Zukunft besser funktionieren - damit politische Entscheidungen wirklich umgesetzt werden.
Um Hilfe haben die Griechen auch bei der Reform ihres Rechtssystems gebeten. Und Reichenbach und seine Leute sind eingebunden in das griechische Privatisierungsprogramm. Im Sommer hat eine griechische Expertengruppe ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll staatliche Beteiligungen zum Verkauf vorbereiten. Bei der aktuellen Rezession in Griechenland ist das aber sehr kompliziert, wie Reichenbach schildert: "In der derzeit schwierigen Marktsituation haben sie um Know-how gebeten, um ihre Fachkompetenz weiter zu verstärken, damit dieser Privatisierungsprozess voran kommt."
Ein schnelles Ende der Mission ist nicht in Sicht
Die Taskforce soll auch dazu beitragen, dass mehr Mittel aus den EU-Strukturfonds nach Griechenland fließen. Ein Großteil der für das Land reservierten Mittel wurde bisher nicht abgerufen. Doch inzwischen fließt mehr Geld in Strukturprojekte. Auch weil die EU-Kommission den erforderlichen griechischen Eigenanteil auf 15 Prozent gesenkt hat, und künftig müssen die Griechen wohl nur noch fünf Prozent der Projektkosten aus eigener Kasse zahlen. "Ich bin froh, dass Griechenland jetzt mehr Mittel absorbiert als der europäische Durchschnitt", sagt Reichenbach. "Aber Griechenland hat ja auch einen besonderen Bedarf an den Strukturfonds."
Auch die Kreditversorgung der mittelständischen Unternehmen will die Taskforce verbessern. Weil sich die griechischen Banken in der Krise nicht mehr refinanzieren können, ist das Kreditgeschäft in Griechenland quasi zum Erliegen gekommen. Ein neues Instrument soll Investitionen möglich machen: Die Europäische Investitionsbank und griechische Geschäftsbanken sollen sich das Risiko teilen. Eineinhalb Milliarden Euro könnten so für die griechische Wirtschaft flüssig gemacht werden, hofft Reichenbach.
Insgesamt also eine große Herausforderung: "Griechenland muss Erfolge erzielen in sehr schwierigen Zeiten. Die EU-Kommission bietet auf technischer und politischer Ebene bedeutende Unterstützung, um diese Herausforderung zu bestehen." Auf ein schnelles Ende seiner Mission scheint sich der Taskforce-Chef jedenfalls nicht einzustellen.