Verschärfter Stabilitätspakt tritt in Kraft Mit dem Sixpack gegen lasche Haushaltspolitik
Heute tritt das sogenannte Sixpack, der verschärfte Stabilitätspakt, in Kraft - ein Gesetzespaket zur Verschärfung der Haushaltsdisziplin. Lange stemmten sich die EU-Staaten dagegen. Doch die Zeiten haben sich geändert: Beim Gipfel in der vergangenen Woche wurde es sogar noch verschärft.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel, zzt. Straßburg
Ein Sixpack für den Euro - das ist kein Schluck aus der Pulle, sondern ein Workout-Programm für den Schuldenspeck der Euroländer. Schon bisher waren Schuldengrenzen im EU-Vertrag festgeschrieben. Aber jetzt würden die Länder auch wirklich dazu verpflichtet, die Regeln einzuhalten, sagt der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn. "Das Sixpack wird aufgelegt, um die finanzielle und wirtschaftliche Überwachung in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten radikal zu verändern."
Blick nicht nur auf die Schulden
Zwei starke Arme gegen zu viele Schulden und zu hohe Defizite soll die Kommission in Zukunft bekommen. Nicht erst wenn die Länder schon zu viel ausgegeben haben, darf die Behörde in Zukunft eingreifen. Sondern schon, wenn die Neuverschuldung in den nationalen Haushaltsplänen noch auf dem Papier steht. Das ist der sogenannte präventive Arm des Antischuldenpakets. Mitgliedsländer, die sich nicht daran halten, müssen immerhin 0,2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung als Pfand in Brüssel hinterlegen. Zunächst bekommen sie dafür noch Zinsen. Aber wenn sich nichts bessert, entfallen erst die Zinsen und irgendwann ist das Geld ganz weg.
Es geht nicht nur darum, in Zukunft die Schulden in den Griff zu bekommen. Teil des Sixpack ist der verschärfte Blick auf die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in der Eurozone. So haben vor allem südliche Länder in den vergangenen Jahren immer größere Defizite in der Leistungsbilanz angehäuft. Das heißt, sie importieren dauerhaft mehr Produkte als ihre Unternehmen ins Ausland verkaufen. Auch wie sich die Arbeitskosten im Vergleich zur Produktivität eines Landes entwickeln, will Brüssel in Zukunft strenger beobachten. Oder ob die Investitionen steigen oder eher sinken.
Ein ausgeglichener Haushalt sei schließlich nicht alles, sagt der finnische Währungskommissar. "Irland und Spanien zum Beispiel hatten ziemlich solide Finanzen, als sie sie Krise traf. Aber in diesen Ländern führten schwerwiegende wirtschaftliche Ungleichgewichte und Preisblasen ebenfalls zu einer Finanzkrise."
Schon vor dem Startschuss verschärft
Das Sixpack für den Euro war den EU-Staat- und Regierungschefs nicht genug. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wollten neue Verträge und damit die Antischulden-Regeln quasi in Stein meißeln. In einer langen Brüsseler Nacht setzten die Bundeskanzlerin und der französische Präsident die Schuldenbremse für die Euroländer durch. In einem Vertrag wird nun festgeschrieben, dass sie in allen nationalen Verfassungen oder vergleichbaren Gesetzen verankert werden muss.
Für Werner Langen, Chef der CDU im Europäischen Parlament, ist das ein deutlicher Fortschritt: "Es wird die Disziplin deutlich erhöhen." Auch Olli Rehn ist zufrieden. Das Sixpack sei die Basis für mehr Haushaltsdisziplin und engere wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Eurozone. Doch jetzt gebe es noch etwas oben drauf: "In einigen wichtigen Punkten wie der Einführung einer Schuldenbremse gehen die Beschlüsse vom Freitag über das Sixpack hinaus, was die Kommission natürlich begrüßt."
Wenn die neuen Regeln in Kraft treten, wird sich zeigen, ob die Eurozone die richtigen Lehren aus der Krise gezogen hat. Die EU-Kommission jedenfalls will mit dem Workout möglichst schnell beginnen.