Börsen mit neuen Verlusten Beruhigungspille für die Märkte von der EZB
Politik und Zentralbanken bemühen sich weiter, die Finanzmärkte zu beruhigen. Dennoch starteten die Märkte mit Verlusten in die neue Handelswoche. Die EZB kauft italienische und spanische Staatsanleihen, um der Schuldenkrise Einhalt zu gebieten. Die G7-Staaten sicherten zu, im Notfall stabilisierend einzugreifen.
Die Börsen kommen nicht zur Ruhe - trotz der internationalen Bemühungen um eine Beruhigung der Märkte. Nach dem Kursrutsch der vergangenen Woche und der Abwertung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's starteten die Märkte mit Verlusten in die neue Woche. Befürchtete Panikverkäufe blieben aber aus.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist entschlossen, spanische und italienische Staatsanleihen zu kaufen. Das teilte der französische Finanzminister François Baroin mit. An den Börsen wurde dies als positives Signal gewertet, das größere Verluste zunächst verhinderte.
Durchschlagende Wirkung erzielt die Ankündigung für die Zinsen auf Schuldverschreibungen: Die Zinssätze italienischer und spanischer Anleihen fielen spürbar. In der vorangegangenen Woche war die Rendite noch über die von Volkswirten als kritisch angesehene Marke von sechs Prozent gestiegen.
Die EZB hatte gestern angekündigt, Staatsanleihen von Regierungen der Euro-Zone zu kaufen, ohne die Länder zu nennen. Die EZB wolle ihr Anleihenkaufprogramm "aktiv umsetzen", hatte Notenbankchef Jean-Claude Trichet gesagt. Zuletzt hatte die EZB Anleihen angeschlagener Euro-Staaten - wie Griechenland - aufgekauft.
Schon am Samstag war durchgesickert, dass die EZB offenbar gewillt ist, italienische Bonds zu kaufen, wenn das Land im Gegenzug seine Sparmaßnahmen beschleunigt. Das kündigte Ministerpräsident Silvio Berlusconi am Freitag an und erfüllte damit die EZB-Forderung.
G7 wollen bei Bedarf "koordiniert eingreifen"
Die Finanzminister der sieben stärksten Industrieländer (G7) versuchen, einer Fortsetzung der Talfahrt an den Märkten entgegenzuwirken: Sie einigten sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen extreme Kursschwankugen. Die G7 würden bei Bedarf "koordiniert eingreifen", um Liquidität zu sichern und um das Funktionieren der Finanzmärkte zu unterstützen, heißt es unter anderem in einer in Tokio verbreiteten gemeinsamen Erklärung. Wie Japans Finanzminister Yoshihiko Noda erklärte, hatte er kurz vor Handelsbeginn an der Tokioter Börse mit seinen Kollegen telefoniert. Die Minister vereinbarten zudem, dass sie in den kommenden Wochen bei Bedarf weitere Stabilisierungsmaßnahmen erörtern wollten.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, begrüßte die angekündigten Bemühungen der G7 und der EZB. Diese würden dazu beitragen, das Vertrauen an den Finanzmärkten zu erhalten und das globale Wirtschaftswachstum anzukurbeln, erklärte Lagarde. Zugleich lobte sie das Engagement von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy.
Merkel und Sarkozy bekennen sich zu Gipfelbeschlüssen
Bereits vor der EZB-Krisenkonferenz hatten Merkel und Sarkozy ein deutsch-französisches Kommuniqué zur aktuellen Lage in der Euro-Zone vorgelegt. Darin bekräftigen beide ihr Engagement, die von den Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets und den EU-Institutionen am 21. Juli 2011 gefassten Beschlüsse vollständig umzusetzen. Bis Ende September sollen auch die Parlamente den Maßnahmen zugestimmt haben.
Die Euro-Zone will Anleihehaltern mit der Bereitschaft zu Bond-Käufen signalisieren, dass ihre Investitionen von der Währungsgemeinschaft abgesichert werden.
Die Bundesregierung hatte bereits klargemacht, dass Italien sich selbst aus dem Schuldensumpf befreien muss. Der europäische Rettungsschirm EFSF sei dazu nicht in der Lage - auch dann nicht, wenn der Fonds verdreifacht werden würde. Eine Volkswirtschaft wie Italien sei nicht zu stützen, dazu sei sie zu groß, berichtete der "Spiegel" unter Berufung auf Regierungsexperten. Der Finanzbedarf des Landes sei zu riesig.
Geithner wirft Ratingagentur Fehleinschätzung vor
Nach der Herabstufung der USA durch Standard & Poor's reagierte US-Finanzminister Timothy Geithner mit harscher Kritik. Der Ratingagentur warf er eine "schreckliche Fehleinschätzung" vor. S&P habe einen "verblüffenden Mangel an Kenntnissen in grundlegender US-Haushaltsmathematik" an den Tag gelegt und sei zu "genau dem falschen Schluss gekommen", sagte Geithner dem Fernsehsender NBC.
Geithner gab zudem bekannt, weiter im Amt bleiben zu wollen. Der 49-Jährige hatte zuletzt angedeutet, nach einer Einigung im Schuldenstreit seinen Posten aus familiären Gründen aufzugeben. Der republikanische Senator Rand Paul hatte am Samstag den Rücktritt Geithners verlangt. Dem Finanzminister warf er "grobes Missmanagement" vor.
Standard & Poor's droht mit weiterer Abstufung
John Chambers, Experte bei Standard & Poor's, erklärte indes im Fernsehsender ABC, die neue Note AA+ sei zugleich mit einem negativen Ausblick versehen. Dies signalisiere eine Tendenz zu einer weiteren Rating-Senkung - und zwar in den nächsten sechs bis 24 Monaten. Die Wahrscheinlichkeit dafür bezifferte Chambers auf eins zu drei.
Eine rasche Rückkehr der USA zur Spitzen-Bonitätsnote der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) ist laut Chambers nicht in Sicht. Es dürfte einige Zeit dauern, bis das Land die Bewertung AAA wiederbekommt. Nötig seien eine Stabilisierung der Staatschulden sowie eine größere politische Einigkeit in Washington über die Haushaltskonsolidierung.
Am Freitag nach Börsenschluss hatte die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit der USA von der Bestnote "AAA" auf "AA+" herabgesetzt. Grund sind Zweifel an der Fähigkeit Washingtons, die massive Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen.