Strategien gegen die Wirtschaftskrise US-Senat mildert "Buy American" ab
Der US-Senat hat eine Klausel zur Bevorzugung amerikanischer Produkte im geplanten Konjunkturprogramm abgemildert. Zunächst war vorgesehen, dass mit den Staatsgeldern in erster Linie amerikanische Produkte gekauft werden. Nun heißt es, diese sollten bevorzugt werden.
Von Danyal Bayaz für tagesschau.de
Barack Obama sorgt sich um den Welthandel. Der US-Präsident warnte in einem Fernsehinterview davor, protektionistische Vorschriften im Konjunkturpaket unterzubringen. Abgeordnete des Repräsentantenhauses hatten zuvor in ihrem ersten Beschluss festgeschrieben, für Infrastrukturprojekte Stahl und Eisen ausschließlich aus amerikanischer Produktion zu nutzen. Nun debattierte der Senat über das Paket und die darin enthaltene "Buy American"-Klausel. Dort wurde der Entwurf abgemildert: In einer Abstimmung per Akklamation stimmten die Senatoren laut dem Nachrichtensender MSNBC mit großer Mehrheit einer Änderung der Vorgabe "Buy American" zu. Nun lautet die Formulierung, dass amerikanische Waren bevorzugt werden sollten, sofern dies nicht "amerikanische Verpflichtungen in internationalen Abkommen" verletze.
"In Krisenzeiten neigen Staaten dazu, protektionistische Instinkte zu wecken, um kurzfristig davon zu profitieren", erklärte Tilman Brück im Gespräch mit tagesschau.de. Der Ökonom vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sah in der zunächst vorgelegten Form des Pakets eine Verletzung der Standards der Welthandelsorganisation WTO. Deswegen kritisierten internationale Verbände und Unternehmen das Vorhaben des US-Kongresses und verwiesen auf die Weltwirtschaftskrise 1929. Damals hatte die Erhöhung von Zöllen auf Importe in die USA zu einem Handelskrieg geführt, da andere Handelspartner ebenfalls Beschränkungen einführten und es so zu einer Protektionismus-Spirale kam. Bis Anfang 1933 brach der Welthandel um fast zwei Drittel ein.
Damit die USA diesen Fehler nun nicht wiederholten, appellierte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel an Präsident Obama. In einem Telefonat habe sich dieser ihr gegenüber entschlossen gezeigt, dass Protektionismus vermieden werden müsse. "Ich gehe davon aus, dass dies auch in der konkreten Regierungspolitik so beachtet wird", sagte Merkel nach dem Gespräch.
Nicht nur die USA liebäugeln mit Handelsbarrieren
Ähnlich äußerten sich Regierungschefs führender Industrienationen. Vor wenige Tagen bekannte sich Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao in Berlin zum globalen Freihandel. Der russische Regierungschef Wladimir Putin warnte gar in seiner Eröffnungsrede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos vor protektionistischen Staatseingriffen in die Wirtschaft. Aber nur weil die Premiers offene Märkte preisen, heißt das nicht, dass sie sich selbst daran halten. So hat Russland die Einfuhrzölle auf ausländische Neuwagen seit Jahresbeginn auf 25 Prozent erhöht. Auch China steht bei der WTO auf der schwarzen Liste, weil die Exportmacht protektionistische Maßnahmen unter dem Schleier eines Konjunkturprogramms getroffen hat. Selbst die Europäische Union plant, Exportsubventionen für Milchprodukte wieder einzuführen.
Kurfristig treffen solche Handelsbarrieren einzelne Unternehmen oder Branchen. So ist die Firma Caterpillar strikt gegen das Vorhaben des US-Kongresses, da das Unternehmen in Projekte in China involviert ist und mit diskriminierenden Vergeltungsschlägen rechnet. Deutschland exportiert ca. neun Prozent seiner Waren in die USA und wäre kaum direkt vom derzeitigen Entwurf des US-Konjunkturpaketes betroffen, das rund 90 Milliarden Dollar für Infrastrukturprojekte vorsieht, erklärt Brück. Der Welthandelsexperte warnt allerdings vor einem Dominoeffekt: "Gefährlicher ist der symbolische Tabubruch. So entsteht ein protektionistischer Impuls, der das Freihandelssystem zusammenbrechen lassen könnte. Das wäre katastrophal für nachhaltiges Wachstum."
Gerade für Deutschland als Exportweltmeister spielt der Weltmarkt bei der Nachfrage deutscher Produkte eine entscheidende Rolle. Bisher zählte die Bundesrepublik stets zu den Globalisierungsgewinnern. Wenn jede Volkswirtschaft aber nur noch ihre eigenen Produkte konsumiert, dann würde sich die deutsche Wirtschaft schnell auf der Schattenseite der Globalisierung sehen. Kurt Tucholsky wusste es bereits 1931: "Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten", schrieb er in der "Weltbühne".