Geschäft der Postagenturen Briefe und Pakete lohnen sich nicht
Eigene Filialen der Deutschen Post gibt es fast gar nicht mehr. Kunden sollen ihre Pakete und Briefe in Kiosken, Modeläden oder Cannabis-Shops aufgeben. Lukrativ ist das für Ladenbetreiber nicht.
Noch ganze drei Postämter gibt es in Deutschland offiziell: in Bonn, dem Konzernsitz der Deutschen Post AG, in Berlin im Bundestag und auf der Zugspitze. Sie sind ein Überbleibsel aus der Vergangenheit, denn alles andere wird seit 1995 im Shopsystem abgewickelt: in Klamottenläden, Schreibwarengeschäften oder gar Shops für legale Cannabisprodukte.
Doch lohnt sich für die Ladenbetreiber der Verkauf von Briefmarken oder die Annahme von Paketen überhaupt? "Es steht in den Postverträgen, dass man damit rechnen muss und sollte, dass man mit den Dienstleistungen der Post kein Geld verdienen kann. Darauf sollte man sich einstellen", sagt Udo Böer vom Postagenturverband Deutschland (PAGD). Er muss es wissen: Böer war selbst mal Postshop-Betreiber und vertritt inzwischen die selbstständigen Kaufleute.
Hoffnung auf Umsatz durch mehr Kunden im Laden
In Deutschland gibt es 25.500 Postagenturen. Eine davon ist in Kriftel im Vordertaunus. Vor zwölf Jahren eröffneten die Brüder Sudir und Sumik Anand ihren Outlet-Modeladen. Der lief spärlich, bis die Postfiliale einzog. Und das war nicht nur für die 11.000 Einwohner gut.
"Gut auch für uns", fasst es Sudir Anand zusammen. "Die Post war für uns ein absoluter Gamechanger. Im Geschäft haben wir praktisch viel, viel mehr Frequenz bekommen und dadurch konnten wir auch unsere Umsätze extrem steigern."
Was er damit meint, wird an diesem Montagmorgen deutlich. Es ist keine klassische Shoppingzeit. Aber wer zum Posteingang reingeht, muss wieder durch den Modeladen raus. Da bleiben schnell mal die Postkundinnen am Kleiderständer stehen und kaufen nebenbei schnell das neueste Sommerkleid. Die Idee, so ihr Kerngeschäft zu beleben, hat in ihrem Fall funktioniert.
Unternehmenspolitik der Deutschen Post
Dass das nicht selbstverständlich ist, wissen die Brüder Anand. "Mit der Post allein lässt sich kein Geld verdienen. Gar keins", sagt Sudir Anand.
Daraus macht auch die regionale Kommunikationsabteilung der Deutschen Post AG kein Geheimnis. Kein Geld verdienen, gehört zur Unternehmenspolitik: "Unseren Partnern aus dem Einzelhandel bringt die Zusammenarbeit eine Frequenz- und Umsatzsteigerung, da neben der Kundschaft für das Kerngeschäft zusätzliche Kundenpotenziale erschlossen werden können."
Was die Kaufleute bekommen
Pauschal je nach Dienstleistung rechnet die Post ab, was die Filialisten an Geld bekommen. Bei Briefmarken beispielsweise bekommt die Postagentur fünf Prozent des Wertes. Beim Einschreiben sind es 40 Cent. Die bezahlt die Post auch, wenn ein Paket über den Schalter geht, egal in welcher Größe. Und wer einen Postbankschalter hat, verdient pro Ein- oder Auszahlung 1,00 Euro. An den niedrigen Margen wird sich auch nicht viel ändern, wenn die Post ab nächsten Monat ihre Preise bei den Paketsendungen erhöht.
Verträge lassen wenig Spielraum
Kaufleute, die Briefmarken und Radiergummis, Päckchen und Einwegfeuerzeuge verkaufen, "leben dabei am Rande des Existenzminimums", sagt Udo Böer vom Postagenturverband. Jede dritte Agentur, so schätzt sein Verband, steht vor dem Aus.
Das Problem liegt in den vertraglichen Vorgaben der Post - und die lassen wenig Spielraum. Die Betreiber tragen das Risiko für Diebstahl, Kassenfehler und sogar für Überfälle.
Wie die Konditionen mit der Deutschen Post ("DP") gestaltet sind, zeigen diese drei Beispiele aus einem Vertrag, der dem Hessischen Rundfunk vorliegt. Beispiel Wettbewerb - dort heißt es in Paragraph 14:
Die DP darf im Einzelfall der Filiale eigene stationäre Vertriebseinrichtungen betreiben und stationäre Vertriebseinrichtungen durch Dritte betreiben lassen. Dem Partner ist kein bestimmter Vertriebsbezirk und Kundenkreis zugewiesen.
Das ist gut für die Postkundinnen und -kunden - rechnet sich aber für die selbstständigen Kaufleute gerade in kleineren Ortschaften nicht.
Beispiel Briefmarkenautomaten: Die Kaufleute der Postshops sind dafür verantwortlich, dass die Geräte funktionieren. In Paragraph 5 heißt es im Vertrag weiter:
Der Partner reinigt den Briefmarkenautomaten.
Und zu den Öffnungszeiten ist in Paragraph 5 zu lesen:
Der Partner wird die Filiale an jedem Werktag eines Kalenderjahres, der kein gesetzlicher Feiertag ist, betreiben. Die täglichen Öffnungszeiten der Filiale entsprechen denen seines Geschäftsbetriebes im Kerngeschäft.
Wie der einzelne Kaufmann es mit den Personalkosten regelt, bleibt jedem selbst überlassen. Auch ob er überhaupt Urlaub macht. Böer sieht das mehr als kritisch. Bei der Kommunikationsabteilung der Deutschen Post AG klingt das so:
Während die durchschnittliche Wochenöffnungszeit der Postfilialen im Jahr 1990 bei rund 18 Stunden lag, sind die Verkaufsstellen der Deutschen Post heute durchschnittlich 55 Stunden pro Woche für Postkunden geöffnet.
Zuschuss von der Stadt
Und gerade auf dem Land geht es oft tragisch für die kleinen Postshops aus. In Laubach in Mittelhessen etwa hieß es im vergangenen Jahr: Post adé. Dann wurde die Stadt zum Retter in der Not - und muss den Betrieb nun subventionieren. Über die Vergütung für die Postdienstleistungen könne man "keinen Gewinn erwirtschaften und weder die Personalkosten noch die Miete 'reinholen", sagt Bürgermeister Matthias Meyer.
Jährlich gut 18.000 Euro schießt die Stadt dazu. Immerhin stellt die Deutsche Post die Einrichtung des Shops. Etwas Geld holt Laubach noch herein, indem sie Regale für 50 Euro im Monat an Direktvermarkter vermietet.
Postbank schließt Standorte
Indes sucht die Post neue Kaufleute, die einen Postshop übernehmen: Für Filialen, die auch eine Niederlassung der Postbank mit drin haben. Denn längst gehört die Postbank zur Deutschen Bank. Und die will in den kommenden zwei Jahren bundesweit 200 Postbank-Filialen schließen. Sind die Türen dicht, fallen auch die Dienstleistungen der Deutschen Post weg.
Böer resümiert bitter: "Ein Dummer wird sich schon finden." Auch weil viele keine Ahnung von kaufmännischen Dingen hätten und bis zum Schluss glaubten, dass sich mit dem Zusatzgeschäft Post Geld verdienen lasse.