Top und Flop im Versandhandel Otto glänzt - Quelle kämpft
Wie unterschiedlich Unternehmen einer Branche in der Wirtschaftskrise dastehen, zeigt ein Blick in den Versandhandel. Während der Otto-Konzern seinen Gewinn steigerte, muss Arcandor-Tochter Quelle um Staatshilfe bitten, damit der neue Katalog gedruckt werden kann.
"Uns geht es gut." So lautete das Fazit des Chefs des Otto-Versands, Hans-Otto Schrader, als er in Hamburg die Geschäftszahlen seines Unternehmens präsentierte. Der Versandhausriese wuchs trotz Wirtschaftskrise und steigerte im Geschäftsjahr 2008/2009 seinen Gewinn kräftig – nämlich von 277 Millionen Euro um 16 Prozent auf 321 Millionen Euro. Auch der Umsatz des internationalen Konzerns nahm im Ende Februar abgelaufenen Geschäftjahr um 0,5 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro zu. Währungsbereinigt erzielte Otto, nach Amazon der zweitgrößte Online-Händler der Welt, ein Umsatzplus von 1,9 Prozent. Im Inland wuchs – vor allem dank des E-Commerce – der Umsatz um 2,3 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro.
Und auch im laufenden Geschäftsjahr sieht es für Otto bislang rosig aus: Von März bis Mai verzeichnete die Otto Group mit weltweit 49.500 Mitarbeitern eine leichte Umsatzsteigerung. Schrader kündigte Investitionen in den elektronischen Handel übers Internet, das Stationärgeschäft und die Dienstleistungssparte an.
Quelle braucht Geld für Katalogdruck
Von Investitionen kann ein anderer großer deutscher Versandhändler derzeit nur träumen: Quelle steckt im Insolvenzstrudel des Mutterkonzerns Arcandor und kämpft ums Überleben. Um die Finanzen des Unternehmens mit Sitz in Fürth steht es so schlecht, dass das Unternehmen das Land Bayern um Hilfe bat. Ministerpräsident Horst Seehofer berief für heute eine Sondersitzung des Kabinetts ein, um Quelle Geld zum Druck des Winterkatalogs zu beschaffen. "Wir wollen alle Möglichkeiten ausloten, um die Arbeitsplätze zu erhalten", sagte Seehofer der Deutschen Presse-Agentur. Er bezeihnete die Rettung des Unternehmens als "sehr schwierigen Vorgang".
Quelle zählt weltweit rund 8000 Mitarbeiter und braucht nach Angaben eines Unternehmenssprechers allein für den Druck des Winterkatalogs rund 20 bis 25 Millionen Euro und einen weiteren dreistelligen Millionenbetrag für die Bestellung neuer Waren. Angesichts des Finanzbedarfs wird sich laut der Agentur Reuters auch der Bürgschaftsausschuss von Bund und Ländern mit eventuellen Staatshilfen für Quelle befassen. Noch vor dem Wochenende werde das Gremium über einen Kredit von 50 Millionen Euro beraten.
Arcandor-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg unterstrich in Essen, wie bedrohlich die Lage mittlerweile ist: Die Bank, die die Zahlungseingänge der Quelle-Kunden abwickle, habe vor einer Woche ihre Arbeit für das Unternehmen eingestellt. Von den dringend benötigten Geldzuflüssen sei Quelle damit abgeschnitten, sagte Görg. Er bemühe sich deshalb um eine Finanzierung für das Unternehmen. "Dazu habe ich in den vergangenen 48 Stunden Gespräche in Berlin und München geführt." Der gute Wille sei bei allen Beteiligten da, nun müssten zügig Entscheidungen her. Görg sagte, vorrangig gehe es darum, die Geschäftsabläufe bei Quelle wieder anzuschieben und ein Sanierungskonzept zu erarbeiten.
"Sanierung von Quelle nicht möglich"
Doch nach Auffassung von Otto-Chef Schrader laufen die Rettungsbemühungen für Quelle ins Leere: "Wir glauben nicht, dass die Sanierung von Quelle erfolgreich möglich ist." Schrader sagte, man wisse aus eigener Erfahrung, dass es bis zu fünf Jahre dauere, um ein Versandhandelshaus umzubauen und neu auszurichten. Diese Zeit habe Quelle nicht. Vier oder fünf Jahre haben wir nicht mehr", sagte er. Daher sei die Otto-Gruppe auch nicht an Quelle interessiert.
Otto hat Interesse an anderen Arcandor-Töchtern
Schrader bekräftigte, Otto sei an Teilen des Arcandor-Konzerns interessiert, etwa an den Karstadt Sport-Häusern oder einigen Spezialversendern. Es habe aber noch keine Angebote oder Gespräche gegeben, sagte er.