Kampagnen in der Filmbranche Der lange Weg zum Oscar
Am 12. März werden die Oscars vergeben - mit "Im Westen nichts Neues" darf auch ein deutscher Film auf eine Auszeichnung hoffen. Wie die Filmindustrie einzelnen Werken zum Erfolg verhelfen will.
Es klingt ein bisschen wie ein Kuchenrezept: Kyle Buchanan von der Zeitung "New York Times" erklärt die drei Grundzutaten für eine erfolgreiche Oscar-Kampagne: "Schritt eins: den Film bei einem Festival rausbringen, dass möglichst viele darüber schreiben. Schritt zwei: Das Veröffentlichungsdatum sollte nicht zu früh liegen, aber auch nicht zu spät. Schritt drei: die Orgie der Promotion mitmachen."
Die Oscar-Academy hat mehr als 10.000 Mitglieder aus aller Welt. Sie stimmen darüber ab, wer die Preise am Ende gewinnt. Auch Deutsche sind mit dabei, die Schauspielerin Nina Hoss zum Beispiel, oder der Regisseur Fatih Akin.
Die Hollywood-Studios und Streaming-Anbieter wollen erst die Aufmerksamkeit und dann vor allem die Stimmen der Mitglieder. Bei Zutat Nummer drei, der "Orgie der Promotion", setzen die die Kampagnen-Strippenzieher voll auf die Stars ihrer Filme, sagt Buchanan in einem Interview mit NPR. "Man stellt sicher, dass die zu so vielen Partys und Events wie möglich gehen. Sie sollen Hände schütteln, Babys küssen und vor allem sollen sie die treffen, die über Filme abstimmen."
"Es muss eine Geschichte zum Film geben"
Es geht aber noch weiter. Es müsse eine Geschichte zum Film geben, so Buchanan. Eine Geschichte oder das Narrativ, das die Abstimmenden überzeugen soll, für einen Film zu stimmen.
Früher habe man einfach Plakate aufgehängt, sagt der Filmexperte Matthew Belloni in seinem Podcast. In den 1990er-Jahren haben Studios dann aber angefangen, Geschichten zu kreieren, um auf ihre Filme aufmerksam zu machen. "Ich erinnere mich an den Film 'Philomena'. Der Frau, die Judi Dench im Film verkörpert, wurde ein Treffen mit dem Papst vermittelt. Zum Film 'Silver Linings' wurde ein Event zu mentaler Gesundheit im Weißen Haus organisiert", so Belloni.
Was bei der Promotion-Orgie erlaubt ist, bestimmt die Oscar-Academy. Neun Seiten umfassen die Regeln. Da steht zum Beispiel: "Academy-Mitglieder dürfen nur ein Exemplar des Films erhalten". Oder: "Unter keinen Umständen darf man sie telefonisch kontaktieren".
Die Social-Media-Regeln sind schwammig und haben direkt für Diskussionen gesorgt. Grund ist die Nominierung der Schauspielerin Andrea Riseborough als beste Schauspielerin in dem Film "To Leslie". Sie ist aufgefallen, weil Hollywood-Stars wie Gwyneth Paltrow oder Edward Norton sie über ihre persönlichen Social-Kanäle gepusht haben. Das hat viele irritiert, weil der Film kaum Zuschauer hatte. Laut der Academy ist aber gegen keine Regel verstoßen worden.
Wesentlich mehr Aufwand und Geld investieren seit einigen Jahren auch Streaminganbieter wie Netflix, sagt Buchanan. Diese würden "unglaubliche Summen Geld" ausgeben. Genaue Zahlen gebe es nicht, es gehe aber um Millionenbeträge. Geld, Aufmerksamkeit, Ruhm, das sind die naheliegenden Gründe, warum so viel investiert wird, sagen Experten.
Netflix will sich weiter beweisen
Gerade bei Netflix gehe es aber noch um etwas anderes, vor allem in diesem Jahr: Der deutsche Netflix-Film "Im Westen nichts Neues" ist neun Mal nominiert. Unter anderem für die Top-Kategorie "Bester Film" - die hat Netflix noch nie gewonnen. Das wäre laut Belloni eine Nachricht, vor allem an Filmschaffende: "Sie wollen sich im Filmgeschäft etablieren. Sie wissen, dass sie nicht die lange Historie von anderen Studios haben. Die wollen klarmachen: 'Wenn ihr mit uns, Netflix, zusammenarbeitet, holen wir Euch einen Oscar'".
Verantwortlich für die Oscar-Kampagne bei Netflix ist übrigens Lisa Taback. Sie hat rund 20 Jahre lang für die Oscar-Kampagnen des Filmproduzenten Harvey Weinsteins gearbeitet.