Paketzustellung Jede sechste Online-Bestellung geht zurück
Online bestellt, begutachtet und für schlecht befunden: Fast 300 Millionen Pakete haben die Deutschen 2018 wieder zurückgeschickt. In der Bundesregierung wird über Arbeitsbedingungen für Paketboten gestritten.
Die Deutschen bestellen gerne online - und schicken jedes sechste Paket wieder zurück. Das haben Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bamberg ermittelt.
Im vergangenen Jahr seien 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel zurückgesandt worden. Damit entstünden Gesamtkosten in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro, so Björn Asdecker von der Forschungsgruppe Retourenmanagement. Dieser gehören 438 Händler, Logistikdienstleister, Produzenten und Experten an.
Eine Retourensendung verursache im Durchschnitt Kosten von fast 20 Euro, die Hälfte davon für den Transport. Zwar landeten nur vier Prozent der zurückgeschickten Artikel im Müll. Aber alles muss zunächst einmal gesichtet und bewertet werden.
Retouren belasten vor allem das Klima
Immerhin 79 Prozent der Retouren werden direkt wieder als A-Ware verkauft, weitere 13 Prozent als B-Ware, so die Forscher. Und drei Prozent würden an industrielle Verwerter verkauft oder an gemeinnützige Organisationen gespendet. Die im Markt üblicherweise eingeräumte Widerrufsfrist von 28 Tagen liege weit über den gesetzlich vorgeschriebenen 14 Tagen, erklärte Asdecker.
Die Retouren belasten vor allem das Klima - so viel wie "täglich 2200 Autofahrten von Hamburg nach Moskau" oder 238.000 Tonnen CO2 im vergangenen Jahr.
Insgesamt hat der Online-Versandhandel im vergangenen Jahr Waren im Wert von 65,1 Milliarden Euro verkauft. 2019 rechnet er mit elf Prozent Zuwachs auf 72 Milliarden.
Heil will Lage der Paketboten verbessern
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil setzt sich unterdessen für die Paketboten ein. Angesichts der prekären Arbeitsbedingungen will Heil noch im April einen Gesetzentwurf vorlegen, der faire Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung sichern soll.
So sollen die großen Paketdienste verpflichtet werden, Sozialabgaben für ihre Subunternehmer nachzuzahlen, wenn diese beim Mindestlohn betrügen. Viele Paketdienste haben die Zustellung ausgelagert, nach Angaben von Gewerkschaften werden die oft ausländischen Paketboten dadurch schlecht bezahlt. Zukünftig soll der Auftraggeber für korrekte Arbeitsbedingungen bei seinen Boten verantwortlich sein. Solche Regelungen gibt es bereits in der Bau- und in der Fleischwirtschaft.
Mit seinem Vorstoß riskiert Heil allerdings Streit in der Großen Koalition: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lehnt die Pläne ab. Er habe "aus guten Gründen" ein Moratorium für neue belastende Maßnahmen vorgeschlagen, bis die Konjunktur wieder ein normales Wachstumstempo erreicht hat", sagte Altmaier. Deshalb komme die Debatte, die Heil ohne vorherige Absprache losgetreten habe, "zur Unzeit".
Rückendeckung bekommt Heil für seinen Vorschlag von den Gewerkschaften. Ver.di-Chef Frank Bsirske hatte vor kurzem von teils "mafiösen Strukturen" in der Paketbranche gesprochen.