Streit über Finanztransaktionssteuer Alle wollen schnelle Lösungen - aber wie schnell?
Wann soll eine Finanztransaktionssteuer kommen? Nicht mehr in dieser Legislaturperiode, meinte Finanzminister Schäuble gestern. Nicht nur die Opposition sieht das anders - auch die CSU macht nun Druck. Die Steuer solle "so schnell wie möglich" kommen, fordert Parteichef Seehofer. Nun rudert Schäuble zurück.
Die CSU macht sich für die rasche Einführung einer Börsensteuer stark. "Wir unterstützen diesen Weg: so schnell wie möglich mit so vielen wie möglich in Europa eine Finanztransaktionssteuer zu realisieren", sagte Parteichef Horst Seehofer vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Er habe darüber auch mit einem führenden SPD-Politiker gesprochen, berichtete der bayerische Ministerpräsident. Er sprach sich für einen raschen Beschluss des Bundeskabinetts dazu aus. "Ich bin immer für die Tat - und zwar möglichst schnell", sagte Seehofer. Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) verlangte, Deutschland müsse hier eine Führungsrolle in Europa übernehmen. Wenn Deutschland vorangehe, würden andere Länder auch schnell folgen.
Die Diskussion um die Steuer und den Zeitplan hatte wieder an Schärfe zugelegt, nach dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble im Bericht aus Berlin erklärt hatte, er rechne nicht damit, dass eine europaweite Steuer noch vor der kommenden Bundestagswahl 2013 eingeführt werde. "Eine europäische Steuer wird nicht so schnell zustande kommen", sagte er. Zwar wolle die Bundesregierung grundsätzlich, dass alle Finanztransaktionen besteuert werden. Dies brauche allerdings seine Zeit. Das sei auch Sozialdemokraten und Grünen klar, ergänzte der CDU-Politiker.
Merkel und Schäuble: "Opposition kann sich auf uns verlassen"
Am Morgen wehrte er sich gegen die Kritik der Opposition, er wolle die Steuer verzögern. Die Koalition stehe zu ihren Zusagen, sagte er im Deutschlandfunk. Das Kabinett habe die Einführung der Abgabe bereits im Juni 2010 beschlossen. Es liege aber nicht alleine an Deutschland. Einige europäische Länder seien entschieden gegen eine solche Steuer. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ ihren Regierungssprecher klarstellen, dass die schwarz-gelbe Koalition sich mit aller Kraft für eine Finanztransaktionssteuer einsetze. "Die Opposition kann sich auf die Zusagen der Bundesregierung und der Koalition verlassen."
Eine Arbeitsgruppe von Opposition und Koalition hatte sich grundsätzlich auf eine solche Steuer geeinigt. Diese ist eine der Voraussetzungen dafür, dass die Opposition im Bundestag dem europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin zustimmt.
Wegen der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat ist die Koalition bei der Verabschiedung des Vertragswerks auf die Stimmen der Opposition angewiesen.
Gabriel: "Wir brauchen klare Ideen"
SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte im Bericht aus Berlin seine Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer. Was die Union am Wochenende getan habe, sei das Gegenteil von vertrauenswürdigem Verhandeln. "Sie hat all das, was sie am Freitag unterzeichnet hat, am Wochenende wieder in Frage gestellt", kritisierte er. Er bestehe auf einem entsprechenden Kabinettsbeschluss für eine Finanztransaktionssteuer: "Wir brauchen klare Ideen und umsetzbare Konzepte, wie wir vorankommen bei der Regulierung der Finanzmärkte."
Zugleich erneuerte der SPD-Chef seine Forderung nach Wachstumsimpulsen für die Wirtschaft in Europa - "aber nicht auf Pump".
Trittin: Zeitplan droht sich zu verschieben
Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, drohte damit, dem Fiskalpakt nicht zuzustimmen, wenn die Regierung sich nicht an die Absprache zur Finanztransaktionssteuer halte. "Anscheinend rückt die Koalition wieder von der einzigen Einigung ab, die es bisher gab", sagte er dem "Handelsblatt". "Wenn Union und FDP die Einigung vom Donnerstag wieder in Frage stellen, verschiebt sich eben der Zeitplan für die Zustimmung zum Fiskalpakt", sagte Trittin weiter. Offenbar stehe man bei den Verhandlungen doch noch ganz am Anfang.
Die Debatte sei eine "affige Diskussion", ergänzte er im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die Koalition habe sich in drei von vier Verhandlungspunkten nicht bewegt und der einzige Punkt, in dem Schwarz-Gelb den Grünen und der SPD entgegengekommen sei, werde nun zurückgenommen.