Konkurrenzprojekt gewinnt Gas-Poker Aus für EU-Prestigeprojekt Nabucco
Das Gaspipeline-Projekt Nabucco ist gescheitert. Überraschungssieger im Gas-Poker ist die Trans-Adria-Pipeline. Nabucco galt als Prestigeprojekt der EU, das über Aserbaidschan Gas nach Europa pumpen und so die Abhängigkeit von russischem Gas verringern sollte.
Rückschläge sind für das von der Europäischen Union unterstützte Pipeline-Projekt Nabucco keine neue Erfahrung. Nun aber steht das Projekt endgültig vor dem Aus. Das Konsortium rund um den österreichische Energiekonzern OMV nahm seine Niederlage im Gas-Poker mit Bedauern auf. "Hinter diesem Beschluss steht der Wettbewerb zwischen zwei Märkten und die Wahl der Produzenten orientiert sich an Markterwägungen", hieß es in einer Mitteilung von Nabucco. "Das Projekt Nabucco ist damit für uns beendet", sagte OMV-Chef Gerhard Roiss.
Riesige Gas-Vorkommen in Aserbaidschan
Das Scheitern war bereits Mitte der Woche durchgesickert, aber erst heute wurde es offiziell bestätigt. Das aserbaidschanische Gaskonsortium Shah Deniz II will das Gas aus dem riesigen Vorkommen in Aserbaidschan nicht über die geplante Röhre Nabucco-West, sondern über das Konkurrenzprojekt Trans-Adria-Pipeline (TAP) über nach Europa pumpen. Ab 2019 sollen zehn Milliarden Kubikmeter Gas durch die Röhre nach Europa fließen - das ist etwa so viel wie der jährliche Gasbedarf Polens.
Die 800 Kilometer lange TAP-Leitung verläuft vom Kaspischen Meer über Griechenland, Albanien durch die Adria bis zum Süden Italiens und dann von dort weiter nach Westeuropa. An TAP sind die Energiekonzerne Axpo (Schweiz) und Statoil (Norwegen) mit je 42,5 Prozent sowie mit 15 Prozent der deutsche Konzern E.ON Ruhrgas beteiligt.
Nabucco war schon abgespeckt
Nabucco wäre die von der Europäischen Union unterstützte Alternative gewesen. Das Projekt hatte zum Ziel, Gas aus Zentralasien, dem Kaukasus und dem Nahen Osten der EU über den Landweg zugänglich zu machen. In ihrer verkürzten Form sollte die Pipeline von der türkisch-bulgarischen Grenze über den Balkan nach Österreich reichen.
Ursprünglich sollte Nabucco durch die Türkei bis nach Aserbaidschan reichen. Das Vorhaben verschwand jedoch in der Schublade, nachdem die Gasförderfirmen angekündigt hatten, einen großen Teil der Reserven in die Türkei zu verkaufen, wo nun eine eigene Pipeline gebaut wird. Die an Nabucco beteiligten Firmen hatten ihren Pläne daraufhin auf "Nabucco West" eingedampft.
Überraschende Niederlage
Neben den Österreichern waren die bulgarische BEH, die türkische Botas, die rumänische Transgaz sowie die ungarische MOL an dem milliardenschweren Projekt beteiligt. Auch die französische GDF Suez hatte Interesse angemeldet, während der Essener RWE-Konzern bereits ausgestiegen war.
Die Niederlage für Nabucco kam für viele überraschend. Lange Zeit wurde das anfangs von der EU unterstützte Prestige-Projekt als Gewinner gehandelt. In den vergangenen Monaten hatte die EU jedoch erklärt, keine besondere Präferenz für eine der beiden Röhren zu haben.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zeigte sich für die Gasversorgung Europas zuversichtlich - trotz des Scheiterns von Nabucco: "Dies ist ein gemeinsamer Erfolg für Europa und ein Meilenstein auf dem Weg, die sichere Energieversorgung der Union zu stärken." Die Entscheidung sei ein "Türöffner" für Gaslieferungen vom Kaspischen Meer in die EU. Optimistisch äußerte sich auch der für Energie zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger: "Wir haben nun einen neuen Partner für Gas, und ich bin zuversichtlich, dass wir mehr Gas in Zukunft erhalten werden."
Für einen ist das Aus für Nabucco eine ganz besonders herbe Schlappe: Joschka Fischer. Der ehemalige Außenminister war seit 2009 der wichtigste Lobbyist für das Nabucco.