Interview

Microsoft will Yahoo kaufen "Es geht um Marken und soziale Netzwerke"

Stand: 09.02.2008 21:55 Uhr

Wie ist das Microsoft-Angebot an die Yahoo-Aktionäre zu bewerten? Angesichts der drohenden US-Rezession komme es zu einem günstigen Zeitpunkt, meint Informatik-Professor Speck im tagesschau.de-Interview. Eine ernsthafte Konkurrenz für Google sieht er aber nicht entstehen.

tagesschau.de: Herr Speck, Microsoft hat den Aktionären von Yahoo 31 Dollar pro Aktie geboten, mehr als 60 Prozent über dem Kursstand bei Börsenschluss. Warum ist Microsoft bereit, so viel für Yahoo zu bezahlen?

Hendrik Speck: Die Strategie, die Microsoft verfolgt, ist, zielgerichtet Firmen aufzukaufen. Es geht darum, Marken, angeschlossene soziale Netzwerke, Technologien bei sich zu versammeln. Yahoo war vor acht, neun Jahren mit rund 50 Prozent des Suchmaschinenmarktes etwa das, was Google heute ist. Danach hat Yahoo dramatisch an Wert verloren, die Geschäfte laufen schlecht. Durch die drohende Rezession könnte nun auch noch ein wichtiger Anteil des werbebasierten Marktes zusammenbrechen. Wenn mehr Firmen in Zahlungsschwierigkeiten kommen, dann werden auch weniger Werbegelder ausgegeben. Online-Marketing ist aber das Hauptstandbein von Yahoo. Mit anderen Worten: Die Situation von Yahoo wird sich voraussichtlich noch verschlimmern. Es ist also ein relativ günstiger Zeitpunkt, jetzt dort einzusteigen. Vielleicht wäre es aber lukrativer gewesen zu warten, bis die Rezession wirklich eingetreten ist.

tagesschau.de: Inwieweit profitieren denn die beiden Unternehmen durch die Übernahme?

Speck: Microsoft vergrößert damit natürlich seinen Marktanteil und kann dadurch entsprechend mehr Nutzer erreichen und auch Kosten reduzieren. Gleichzeitig bieten sich dem Konzern mehr verfügbare Ressourcen. Das gibt ihnen mehr Spielraum, ist also im Grunde keine dumme Strategie. Für Yahoo ist es eine Möglichkeit, andere Bereiche als das Online-Marketing zu erschließen. Microsoft ist führend auf dem westlichen Betriebssystemmarkt und auch bei den Desktop-Publishing-Tools (Microsoft Word, Excel usw.). Ganz wichtig aber: Sie haben mit Windows Mobile im Gegensatz zum Konkurrenten Google bereits einen Fuß im Bereich der mobilen Kommunikation und damit auch der mobilen Werbung.

tagesschau.de: Warum ist dieser Bereich so wichtig?

Speck: Wir sehen dramatische Einbrüche beim Absatz von Computern, während sich auf der anderen Seite mobile Software wie Handys, Notebooks und PDAs immer besser verkaufen. Dieser Bereich, mit regional zugeschnittenen Werbeangeboten, ist sicherlich einer der Zukunftsmärkte.

tagesschau.de: Kann Microsoft durch die Übernahme ein ernsthafter Rivale für Google werden?

Speck: Microsoft und Yahoo sind immer noch zwei starke Marken, auch wenn die Geschäfte im Augenblick nicht so gut laufen. Google hat das Problem, dass im Grunde genommen eine Sättigung der westlichen Märkte erreicht ist. Die Wachstumszahlen stoßen an ihre Grenzen, noch nicht im Profit, aber bei der Anzahl der Nutzer, oder der Suchen pro Tag. Dazu kommen für Google erheblich steigende Kosten, wenn sie versuchen, in andere Medienbereiche zu expandieren. Bislang hat Google seine Produktpalette einfach noch nicht weit genug diversifiziert. Hier liegt eine Chance für Microsoft. Trotzdem: Im Suchmaschinenbereich hat Google derzeit einen Marktanteil von 93 Prozent, also praktisch eine Monopolstellung. Dass ein Zusammenschluss von Microsoft und Yahoo daran etwas ändern wird, dafür sehe ich persönlich schwarz.

Das Interview führte Jan Ehlert für tagesschau.de

Yahoo
Das Internetportal gehört zu den Pionieren im World Wide Web. Schlechte Quartalszahlen haben zuletzt Zweifel geweckt, ob Yahoo mit seinem Hauptkonkurrenten, Google, im lukrativen Werbemarkt im Internet Schritt halten kann. Seit Ende 2005 hat die Yahoo-Aktie mehr als 50 Prozent verloren. Im vergangenen Sommer übernahm Yahoo-Mitbegründer Jerry Yang den Vorstandsvorsitz und ordnete eine schmerzhafte Umorganisation des Unternehmens an.
Microsoft
Der weltweit größte Hersteller von Computerprogrammen liegt laut Studie der US-Beratungsgesellschaft Interbrand beim Image auf dem zweiten Platz weltweit nach Coca-Cola. Microsoft besitzt bei Betriebssystemen eine fast monopolartige Stellung, tut sich aber schwer, in dem immer wichtiger werdenden Geschäft mit Internetdiensten gegen Konkurrenten wie Google entscheidend Fuß zu fassen.