Kanzlerin spricht mit Papoulias Merkel schlägt Referendum vor - oder nicht?
Bundeskanzlerin Merkel hat Griechenland nach Angaben der Regierung in Athen ein Referendum über den Verbleib des Landes in der Eurozone vorgeschlagen. Die Volksabstimmung solle parallel zur Neuwahl am 17. Juni abgehalten werden. Das Dementi der Bundesregierung kam rasch: Die Darstellung sei falsch.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenland nach Angaben der Regierung in Athen ein Referendum über den Verbleib des Landes in der Eurozone vorgeschlagen. Merkel habe dies im Telefongespräch mit dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias getan, teilte das Büro des Übergangs-Ministerpräsidenten Panagiotis Pikramenos mit.
ARD-Korrespondent Peter Dalheimer sagte in den Tagesthemen unter Berufung auf den Präsidentenpalast, Merkel habe das Thema Referendum bei dem Telefonat mit Papoulias "zur Diskussion gestellt". Und bereits ein solcher Vorschlag werde, wenn er denn so gemeint gewesen sei, in Griechenland derzeit eben nicht als Anregung, sondern als Vorschrift interpretiert.
Volksabstimmung parallel zur Wahl am 17. Juni
Die Volksabstimmung soll dem Vorschlag zufolge parallel zu den Neuwahlen des Parlaments in Athen abgehalten werden, die für den 17. Juni angesetzt sind, hieß es aus Athen. Mit der Volksabstimmung solle festgestellt werden, ob die griechischen Bürger den Verbleib ihres Landes in der Euro-Zone wünschen, schlug Merkel demnach vor. Es sei jedoch "klar", dass die Entscheidung über das Referendum die "Kompetenzen" des Übergangsregierungschefs Pikramenos übersteige, heißt es in der Erklärung weiter.
Dementi der Bundesregierung
Das Dementi aus Berlin kam kurz darauf - und es war knapp, aber deutlich. "Wir dementieren das scharf", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Nähere Angaben machte er nicht. Die Nachrichtenagentur AFP zitiert eine weitere Regierungssprecherin: "Die Berichte, die Bundeskanzlerin habe dem griechischen Präsidenten ein Referendum über den Verbleib in der Eurozone vorgeschlagen, treffen nicht zu."
"Es ist wahr", hatte die Nachrichtenagentur dpa zuvor dagegen den griechischen Regierungssprecher Dimitris Tsiodras zitiert. Alle griechischen Parteien seien informiert worden - und die reagierten empört.
"Fehlendes Fingerspitzengefühl", "Erpressung"
Die konservative Nea Dimokratia warf Merkel fehlendes Fingerspitzengefühl vor. "Das griechische Volk braucht kein Referendum, um zu beweisen, dass es im Euroland bleiben will. Das griechische Volk verdient aber den Respekt seiner Partner. Der heutige Vorschlag von Frau Merkel inmitten des Wahlkampfs kann nicht akzeptiert werden. Sie wendet sich an das griechische Volk in der falschen Stunde mit der falschen Nachricht."
Die sozialistische Pasok-Partei erklärte, Referenden lägen "ausschließlich in der Zuständigkeit der griechischen Regierung und des Parlaments und nicht in der Zuständigkeit der EU oder Regierungen einzelner Mitgliedstaaten". Die Kommunistische Partei nannte den angeblichen Vorschlag Merkels eine "Erpressung". Und Nikos Hountis, Abgeordneter der Linksradikalen, sagte im griechischen Fernsehen: "Frau Merkel interveniert grob in die Angelegenheiten des Landes."
Erinnerung an Papandreou und seinen Vorschlag
Die Organisation einer Volksabstimmung hatte der damalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou im November vergangenen Jahres vorgeschlagen. Er wollte ein Referendum über die Euro-Hilfe. Das war auf starken Widerspruch gestoßen - unter anderem von den Regierungen in Berlin und Paris. Papandreou verzichtete daraufhin auf die Volksabstimmung.