Hintergrund

Hintergrund Regelungen über den Atomausstieg

Stand: 03.01.2006 16:29 Uhr

Im Juni 2000 verständigten sich die rot-grüne Bundesregierung und die Energiewirtschaft auf den "Atomkonsens", ein Prozedere für den Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie. Gesetzeskraft erhielt die Übereinkunft 2002. Im Koalitionsvertrag vereinbarten Union und SPD, das Ausstiegsgesetz nicht zu ändern. Die Regelungen im Einzelnen.

Im Juni 2000 vereinbarten die rot-grüne Bundesregierung und die Energiewirtschaft nach langen Verhandlungen den so genannten "Atomkonsens", ein Prozedere, nach dem der Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie-Nutzung schrittweise vollzogen werden soll. Auf Grundlage dieser Vereinbarung wurde daraufhin das Atomgesetz novelliert und trat in seiner neuen Form am 26. April 2002, 16 Jahre nach der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl in Kraft.

Statt der Förderung ist der Ausstieg Gesetz

Der ursprüngliche Zweck des Atomgesetzes, die friedliche

Nutzung der Kernenergie zu fördern, ist seither gestrichen. Stattdessen lautet das Ziel nun, "die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität geordnet zu beenden und bis zum Zeitpunkt der Beendigung den geordneten Betrieb sicherzustellen". Für neue Atomkraftwerke und Wiederaufarbeitungsanlagen werden keine Genehmigungen erteilt.

Das Ende regeln die Reststrommengen

Für jedes der 19 zum Zeitpunkt der Ausstiegsvereinbarung laufenden Atomkraftwerke legt das Gesetz auf Basis einer Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren von Beginn des kommerziellen Betriebes an fest, wieviel Strom es noch produzieren darf. Man spricht von Reststrommengen. Hat ein AKW seine Reststrommenge verbraucht, endet die Betriebsgenehmigung. Wird ein Kraftwerk abgeschaltet, bevor es seine Reststrommengen produziert hat, können diese auch auf eine andere Anlage übertragen werden. Damit können jüngere Anlagen länger laufen, ältere dafür kürzer. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. So sorgte das Energieunternehmen EnBW im Oktober 2002 für Aufsehen und Ärger, weil es die Übertragung von Strommengen des relativ jungen Meilers Neckarwestheim II auf das älteste kommerziell genutzte Akw Obrigheim verlangte und auch durchsetzen konnte.

Ein fixes Schlussdatum, an dem der letzte Meiler vom Netz geht, ist nicht festgelegt. Insgesamt dürfen die Kraftwerke noch 2623,31 Terawattstunden (1 TWh = 1 Milliarde Kilowattstunden) produzieren, gerechnet vom 1. Januar 2000 an. Die Menge ergibt sich aus 2516,06 TWh für die 19 zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch laufenden Anlagen plus 107,25 TWh für das RWE-Kraftwerk Mülheim-Kärlich, das nicht wieder in Betrieb genommen wurde. Unter Berücksichtigung der Gesamtlaufzeiten und Verteilung der restlichen Strommengen könnte rein rechnerisch der letzte Meiler in Deutschland in etwa 20 Jahren vom Netz gehen.

Seit Juli 2005 keine Wiederaufarbeitung mehr

Das novellierte Atomgesetz regelt auch das Ende der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente. Sie war nur bis 30. Juni 2005 erlaubt. Entsprechend sind Transporte von radioaktiven Abfällen zur Wiederaufarbeitung, etwa in die Anlagen im britischen Sellafield oder im französischen La Hague seit 1. Juli 2005 verboten. Lediglich die Rücktransporte aus der Wiederaufarbeitung, etwa ins Zwischenlager Gorleben, gibt es noch. Betreiber eines Atomkraftwerkes müssen ein standortnahes Zwischenlager errichten. Dort sollen die Brennstäbe aufbewahrt werden, bis sie nach einer längeren Abkühlphase in ein Endlager gebracht werden. Die Erkundung des Salzstocks in Gorleben als mögliches Endlager für hochradioaktiven Atommüll wurde gemäß Atomkonsens unterbrochen, um alternative Standorte zu prüfen.

Schließlich sieht das Gesetz vor, dass sich die Betreiber von Atomkraftwerken mit 2,5 Milliarden Euro gegen mögliche Unfälle versichern. Damit wurde die Deckungsvorsorge verzehnfacht. Statt durch eine Haftpflichtversicherung können die Betreiber die Vorsorge auch durch eine "sonstige finanzielle Sicherheit" gewährleisten, zum Beispiel durch gegenseitige Garantieerklärungen der Energieversorger.